Plakolm für Erziehungsanstalten für straffällige Jugendliche

Vor dem Ministerrat äußerte sich Familienministerin Claudia Plakolm (ÖVP) zugunsten von "Erziehungsanstalten" für straffällige Jugendliche. "Ob 'Ja ist Ja' die Lösung ist, wage ich zu bezweifeln", meinte sie dagegen. "Denn eine Zwölfjährige kann in diesem Kontext nicht Ja sagen".
Plakolm nach Freisprüchen: Können nicht hilflos zuschauen
Dem entgegnete SPÖ-Staatssekretärin Michaela Schmidt prompt. "Gerade ein zwölfjähriges Mädchen kann aber noch viel weniger Nein sagen", meinte sie danach gefragt nach dem Ministerrat. Ein solches Zustimmungsprinzip - wie es etwa in Spanien gilt - hatte SPÖ-Justizministerin Anna Sporrer am Montag erneut aufs Tapet gebracht. "Wir können nicht hilflos zusehen, während sich Zwölfjährige vor der Freiheit des Gesetzes sozusagen auf unseren Straßen herumtreiben und Mädchen vergewaltigen", so das drastische Bild, das die ÖVP-Ministerin zeichnete. Deshalb brauche es Erziehungsanstalten für schwererziehbare, straffällige Jugendliche.
Koalition sieht nach Freisprüchen Handlungsbedarf
Das Urteil habe Rechtslücken aufgezeigt, und die gelte es nun zu schließen, betonten auch der pinke Bildungsminister Christoph Wiederkehr sowie SPÖ-Staatssekretär für Staatsschutz Jörg Leichtfried. Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) meinte, das Ergebnis sei "juristisch zwar nachvollziehbar, aber für uns alle unbefriedigend". Derzeit werde geprüft, wie das geltende Sexualstrafrecht weiterentwickelt werden kann, hieß es am Montag von der Justizministerin.
Die Grüne Klubobfrau und Justizsprecherin Alma Zadić bezeichnete es unterdessen als "bedauerlich, dass die Familienministerin (Claudia Plakolm, ÖVP, Anm.) dem Prinzip 'Ja heißt Ja' vorschnell eine Absage erteilt. Es wäre dringend notwendig, um Frauen zu schützen. Das Thema ist zu wichtig für parteipolitisches Hickhack".
Eine Reaktion auf die jüngsten Entwicklungen gab es Mittwochmittag seitens des Wiener Landesgerichts für Strafsachen, wo es nach zweitägiger Verhandlung und einem ausführlichen, aus Opferschutzgründen über weite Teile nicht öffentlichen Beweisverfahren zu den Freisprüchen für die zehn Angeklagten von den Vorwürfen der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und geschlechtlichen Nötigung gekommen war. "Urteile der Justiz sind grundsätzlich Einzelfallentscheidungen. Sie beurteilen weder gesellschaftliche Entwicklungen noch werden sie auf Zurufe gefällt", bemerkte Christina Salzborn, Vizepräsidentin und Mediensprecherin des Landesgerichts.
Wiener Landesgericht für Strafsachen verweist auf Rechtsstaat
Im konkreten Fall sei ein Schöffensenat "nach Durchführung des Beweisverfahrens zu dem Schluss gekommen, dass die Beweislage nicht für eine Verurteilung ausreicht". In einem Rechtsstaat sei "im Zweifel selbstverständlich ein Freispruch zu fällen", betonte Salzborn gegenüber der APA.
In Bezug auf die anhaltende Kritik an der Entscheidung, die sich bis zu gegen den vorsitzenden Richter gerichteten Attacken im Internet ausgewachsen hat, bemerkte Salzborn: "Urteile können angefochten werden und sind natürlich auch Gegenstand von öffentlicher Kritik und Diskussion. Unsachliche und beleidigende Äußerungen und vor allem Bedrohungen der handelnden Personen sind aber keinesfalls zu akzeptieren. Werden hier rote Linien überschritten, sind medienrechtliche und strafrechtliche Schritte in Betracht zu ziehen."
(APA/Red)