Pionier der Selbstmorforschung Erwin Ringel: Vor 90 Jahren geboren

1921 in Rumänien geboren, kam Ringel für den Abschluss der Mittelschule und Matura nach Wien. Hier engagierte er sich zusätzlich in der katholischen Jugendbewegung. Dem NS-Regime stand er sehr kritisch gegenüber, woraufhin er 1939 vorübergehend von der Gestapo festgenommen wurde. Er wurde zum Heer eingezogen und zunächst zur Sanitätsgruppe hinzugefügt. Mit Hilfe zweier, im Widerstand tätigen Ärzte bewirkte Erwin Ringel 1943 seine Entlassung aufgrund einer Schilddrüsenüberfunktion.
Seine Arbeit für die Suizidgefährdung
Drei Jahre danach promovierte er in Medizin und startete seine Tätigkeit an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Wien. Während dieser Zeit absolvierte Erwin Ringel seine Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Neurologie. Die von Chef Hans Hoff aus den USA nach Österreich mitgebrachte neue Form der Psychiatrie, trat für einen menschlicheren Umgang mit den Patienten ein und war gegen Zwangsjacken und Gitter.
Erwin Ringel beschäftigte sich intensiv mit dem Thema Suizid und Suizidgefährdung. Er formulierte das präsuizidale Syndrom, indem er nach Gemeinsamkeiten unter Selbstmordkandidaten forschte. Die gefühlsmäßige Einengung, das stark reduzierte Selbstwertgefühl oder das Gefühl des Getrieben-Werdens gelten seither als typisch für potentielle Selbstmörder.
Daraufhin begann Erwin Ringel 1948 mit dem Aufbau des Wiener Kriseninterventionszentrum, die sich Tag und Nacht um gefährdete Personen kümmerte. Diese feierte vor zwei Jahren 2008 ihr mittlerweile 30-jähriges Bestehen. Jährlich werden dort rund 1.500 persönliche Kontakte und 2.600 Telefonanrufe registriert.
Ringels Erkenntnisse
Die Psychiatrie darf nicht einseitig sein” lautete das Credo des Individualpsychologen Erwin Ringel. Körperliche Erkrankungen, krankmachende Abläufe im Gehirn und die Psychotherapie müssen seiner Meinung nach gleichermaßen in der Psychiatrie berücksichtigt werden.
Der Wiener hatte sich gleichermaßen der Selbstmordverhütung als auch der Psychosomatik verschrieben. Dafür schuf er in der Klinik eigens eine eigene Abteilung. Mit der Studie Der fehlgeleitete Patient rief er heftige Diskussionen hervor. In dieser behauptete er, dass Patienten mit psychosomatischen Störungen – gut 50 Prozent aller Kranken – in Österreich oft jahrelang von einem Facharzt zum nächsten laufen, bis sie an einen entsprechend ausgebildeten Psychosomatiker kommen.
Erwin Ringel, trat für die Einzeltherapie ein und verwirklichte seine Ideen in dem Buch Österreichische Seele, welches ihn auch in einer breiten Öffentlichkeit bekannt machte.
(apa)