„Pink Cocaine“, Explosionen und Giftmüll: Wie Europa zur Ecstasy-Fabrik der Welt wurde

Europa entwickelt sich zum globalen Zentrum für MDMA-Produktion. Ein neuer Bericht von Europol und der Europäischen Drogenagentur zeigt gefährliche Trends – darunter neue Produktionsmethoden, Chemieimporte aus China und der Export in Drogenhochburgen.
Produktion mit Risiken: Explosionen, Chemieabfälle, Umweltschäden
MDMA wird in Europa vor allem mit industriellen Hochdruckreaktoren hergestellt. Doch Engpässe bei Geräten und Chemikalien führen zur Verlagerung auf alternative Methoden – allen voran das riskante „Kaltverfahren“. Laut einem Bericht von Europol und der EU-Drogenagentur EUDA steigt dadurch das Risiko von Bränden und Explosionen.
Neben der akuten Gefahr für Produzenten und Anwohner fällt bei der Herstellung auch erheblicher Chemieabfall an: 2021 waren es bis zu 3.191 Tonnen – die meisten davon illegal entsorgt.
MDMA statt Kokain: Drogenroute verläuft plötzlich in Gegenrichtung
Während Europa als Absatzmarkt nach wie vor bedeutend ist, wird MDMA zunehmend exportiert – nicht nur nach Asien und Ozeanien, sondern neu auch nach Lateinamerika. Europol erkennt darin einen Trend zur „umgekehrten Kokainroute“: MDMA wird teils gegen Kokain getauscht – ohne Geldfluss, direkt zwischen Kartellen.
Chemikalien aus China umgehen EU-Kontrollen
Der Ausgangsstoff PMK unterliegt in der EU strengen Kontrollen. Kriminelle Netzwerke nutzen daher alternative Chemikalien – meist aus China importiert und in Europa weiterverarbeitet. Bereits seit 2013 übersteigen die sichergestellten Mengen dieser Ersatzstoffe jene von PMK.
Online-Vertrieb und neue Designerdrogen wie „Pink Cocaine“
Auch der Vertrieb verändert sich: Immer häufiger laufen Bestellungen über Social Media und Messenger-Apps. Im Umlauf sind weiterhin hochdosierte Ecstasy-Tabletten, obwohl der Durchschnittsgehalt von 170 mg (2019) auf 144 mg (2022) gesunken ist. Neu hinzu kommen Mischdrogen wie „Tucibi“ oder „Pink Cocaine“ – mit teils völlig unklarer chemischer Zusammensetzung.
Europol warnt: „Europa ist globaler Lieferant“
Europol-Direktorin Catherine De Bolle spricht von einem „wachsenden Risiko durch neue Produktionsstandorte“. Auch EUDA-Chef Alexis Goosdeel warnt vor hochdosierten Tabletten und fordert Maßnahmen wie Drug-Checking und gezielte Aufklärung.
Was kann man zu den Konsumenten sagen?
Rund 12,3 Millionen Menschen in der EU im Alter zwischen 15 und 64 Jahren haben laut EUDA mindestens einmal in ihrem Leben MDMA konsumiert. Besonders verbreitet ist der Konsum in der Club- und Festivalkultur, wo MDMA als Partydroge gilt. Auch wenn der durchschnittliche Wirkstoffgehalt in Tabletten zuletzt leicht gesunken ist, sind weiterhin hochdosierte oder verunreinigte Produkte im Umlauf. Der Konsum erfolgt zunehmend über Online-Kanäle – etwa durch Bestellungen via soziale Netzwerke oder Messenger-Dienste.
Zudem steigt die Verfügbarkeit sogenannter Mischdrogen wie „Pink Cocaine“ oder „Tucibi“, bei denen Inhaltsstoffe oft nicht bekannt oder extrem gefährlich sind. Experten warnen vor unvorhersehbaren Wirkungen und betonen die Bedeutung von Aufklärung, Drug-Checking und gezielter Prävention.
FAQ – MDMA-Produktion und Konsum in Europa
Was ist MDMA?
MDMA (3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin) ist ein synthetisches Stimulans, das häufig in Form von Ecstasy-Tabletten konsumiert wird. Es wirkt bewusstseinsverändernd, euphorisierend und stimulierend.
Wie viele Menschen konsumieren MDMA in Europa?
Schätzungen zufolge haben etwa 12,3 Millionen Europäerinnen und Europäer im Alter von 15 bis 64 Jahren mindestens einmal MDMA konsumiert.
Wo und wie wird MDMA produziert?
MDMA wird hauptsächlich in Europa produziert – oft in illegalen Laboren mit industriellen Hochdruckreaktoren. Wegen Engpässen kommen zunehmend riskante Alternativverfahren wie das „Kaltverfahren“ zum Einsatz.
Wie gefährlich ist die Produktion?
Die Herstellung erzeugt große Mengen giftiger Abfälle und birgt durch Explosionen oder Brände erhebliche Risiken für Menschen und Umwelt.
Was ist „Pink Cocaine“?
„Pink Cocaine“ (auch „Tucibi“ oder „2C-B“) ist eine Designerdroge, die oft als glamouröses Partyprodukt vermarktet wird, aber unvorhersehbare und teils hochgefährliche Inhaltsstoffe enthalten kann.
Wie verändert sich der Handel?
Klassische Schmuggelrouten werden neu genutzt – MDMA wird zunehmend in Länder wie Lateinamerika exportiert. Der Handel erfolgt auch über soziale Medien und verschlüsselte Messaging-Apps.
Was raten Expertinnen und Experten?
Die EU-Behörden empfehlen verstärkte internationale Kooperation, Investitionen in Prävention und Aufklärung, Drug-Checking-Angebote sowie eine bessere Kontrolle von Ausgangsstoffen und chemischen Vorprodukten.
(VOL.AT mit Material von Europol, EUDA, Bericht EU Drug Market: MDMA)