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Pilz: FPÖ ist derzeit "Identitären-verseucht"

Peter Pilz bezichtigt die Regierung, identitäre Politik zu machen.
Peter Pilz bezichtigt die Regierung, identitäre Politik zu machen. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Peter Pilz wirft der ganzen ÖVP-FPÖ-Regierung vor, identitäre Politik zu machen. Vielfach übernehme man identitäre Ideen und ändere nur ein wenig das Wording.

Das zeige sich etwa in der Ablehnung des UN-Migrationspaktes, was klar der Linie der Identitären entspreche, sagte Listengründe Peter Pilz am Dienstag. Von der FPÖ verlangte er “bis morgen” er einen “klaren Trennungsstrich” zu den Identitären. ÖVP-Chef Sebastian Kurz warf er vor, ihm sei in dieser Frage “alles wurscht”.

Kurz “war es vollkommen wurscht”

“Die Identitären haben es geschafft, dass die gesamte Bundesregierung – etwa in der Frage des UN-Migrationspaktes – identitäre Politik macht”, sagte Pilz bei einem gemeinsamen Rückblick mit seiner Klub-Kollegin Alma Zadic auf den am Montagabend abgehaltenen geheimen Nationalen Sicherheitsrat zum Thema Rechtsextremismus. Dieser war von der SPÖ und Liste JETZT nach Bekanntwerden der Spende des Attentäters von Christchurch/Neuseeland an Identitären-Chef Martin Sellner einberufen worden.

Kurz interessiere das Thema überhaupt nicht, meinte Pilz mit Verweis auf die Sitzung: “Der Bundeskanzler hat sich kein einziges Mal zu Wort gemeldet, dem war es vollkommen wurscht und er hat während der gesamten Sitz des Sicherheitsrates mit dem Handy gespielt.” Diese Information sei übrigens kein Verstoß gegen die Geheimhaltungsbestimmungen: “Dass dem Bundeskanzler alles wurscht ist, ist mit Sicherheit kein Staatsgeheimnis.”

Beispiele für identitäre Politik

Den Vorwurf, dass die Regierung die Agenda der Identitären umsetzt, versuchte Pilz mit mehreren Beispielen zu untermauern. So sei im Ministerratvortrag für die Ablehnung des UN-Migrationspaktes eine Übersetzung des Paktes von Identitären-Chef Sellner verwendet worden. Dieser habe die englische Formulierung “regular migration” nicht mit “regulärer”, sondern mit “planmäßiger Migration” übersetzt. Und das habe sich dann im Ministerratvortrag wiedergefunden. Darüber hinaus warf er etwa Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vor, dass dieser für die Grenzschutzübung vom Juni 2018 in Spielfeld den Begriff “ProBorder” verwendet hatte. Dies sei ein “Kampfbegriff” der Identitären, so Pilz. Und auch den Begriff “Invasoren” für Flüchtlinge habe die FPÖ von den Identitären übernommen.

“Die FPÖ sollte bis morgen die wichtigsten Marschierer für die Identitären ausschließen”, forderte Pilz einen “klaren Trennungsstrich”. Sollte sie nicht dazu bereit sein, dann gelte nach wie vor der Satz: “Wo FPÖ draufsteht, sind Identitäre drinnen”. Außerdem forderte Pilz ein Verbot der Symbole der Identitären. Sollte dies nicht geschehen, dann will sich der JETZT-Abgeordnete mit den anderen Oppositionsparteien zusammentun und eine Nationalrats-Sondersitzung beantragen, um das Thema parlamentarisch zu behandeln.

FPÖ ist “Identitären-verseucht”

“Derzeit ist die FPÖ Identitären-verseucht. Und wenn diese Verseuchung nicht gestoppt wird, dann wird sich die ÖVP ernsthaft überlegen müssen, ob sie mit einer freiheitliche Identitären-Partei weiter regieren will”, sah Pilz auf den ÖVP-Chef gefordert. Doch Kurz befinde sich in “Geiselhaft” der FPÖ, meinte er. “Mein Eindruck nach dem Nationalen Sicherheitsrat ist: Die ÖVP steht hinter Innenminister Kickl. Der ÖVP ist es vollkommen egal, ob es der Innenminister der FPÖ, der Identitären oder der Rechtsextremen ist.” Das Problem sei, dass Kurz zwar die “verbale Identitären-Weglegung durch die FPÖ” verlange, “dem kommt die FPÖ natürlich gerne nach”, aber in Wahrheit passiere überhaupt nichts.

Denn es gebe – entgegen der Beteuerungen der FPÖ-Spitze – sehr wohl enge Bande zwischen den Freiheitlichen und den Identitären. Das versuchte auch Zadic mit Hinweis auf personelle Überschneidungen zu untermauern. Sie nannte etwa den Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio, der 2016 bei einer identitären Demonstration in Knittelfeld teilgenommen habe, darüber hinaus sei er 2018 beim rechten Kongress “Verteidiger Europas” aufgetreten. Auch Gerhard Kurzmann, blauer Dritter Landtagspräsident in der Steiermark , habe 2017 bei einer Identitären-Demonstration teilgenommen. Und der Grazer Gemeinderat Heinrich Sickl, der auch Geschäftsführer des neuen “Freilich”-Magazins ist (dem Nachfolger-Magazin der rechtsextremen AULA), habe Räumlichkeiten an die Grazer IBÖ vermietet. Außerdem habe er u.a. gemeinsam mit Sellner und dem rechten Verleger Götz Kubitschek die sogenannte “Herbstakademie” des Freiheitlichen Akademikerverbandes Steiermark organisiert.

Seinen am Vortag getätigten Vorwurf in Richtung Kickl, dieser sei der Innenminister der Identitären und Rechtsextremisten, bekräftigte Pilz. Quasi als Nachweis ließ er ein Video der Rede Kickls beim rechten Kongress “Verteidiger Europas” von 2016 abspielen, bei dem Kickl wörtlich erklärt hatte, er sei hier “unter Gleichgesinnten” und das Publikum sei eines “wie ich es mir wünsche und wie ich es mir vorstelle”.

 SPÖ verlangt Entlassung Kickls

Die SPÖ sieht enge Verflechtungen zwischen der FPÖ und den Identitären, und zwar auf ideologischer, organisatorischer und personeller Ebene. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda forderte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) daher am Dienstag in einer Aussendung auf, klare Konsequenzen zu ziehen und sich von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) zu trennen.

“Ein Innenminister, der so enge Kontakte zu Rechtsextremen und zu den Identitären hat, ist ein Sicherheitsrisiko für Österreich und daher nicht länger tragbar. Statt wieder nur leere Ankündigungen zu machen, gibt es jetzt für Kurz nur eine Option: Der ÖVP-Kanzler muss dem Bundespräsidenten die Entlassung von FPÖ-Innenminister Kickl vorschlagen”, verlangte Drozda.

Strache: Haben “klare Distanz zu jedwedem Extremismus”

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) war am Dienstag erneut um Abgrenzung gegenüber den Identitären bemüht. Die FPÖ habe klare Beschlüsse: Jene, die Identitären-Mitglieder sind, können nicht bei der FPÖ sein, so Strache. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) könne er “nur beruhigen: Wir haben eine klare Distanz zu jedwedem Extremismus, da kann er sich auf die FPÖ verlassen.”

Er gebe Kurz recht, wenn dieser meint, dass “schwammige Begrifflichkeiten nicht zu akzeptieren sind”, sagte Strache am Rande einer Pressekonferenz. Kurz hatte ja am Vortag erklärt, er dulde “keinen schwammigen Umgang mit dieser rechtsextremen Bewegung” und erwarte, dass die FPÖ “klar Position bezieht” und allfällige Verbindungen trennt. Strache betonte nun, er wisse nicht, wo Kurz solch einen “schwammigen Umgang” der FPÖ mit den Identitären erkennen könne.

“Kampagne der vereinten Linken”

FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz ortete unterdessen eine “Kampagne der vereinten Linken” gegen die Bundesregierung, die “an Widerlichkeit kaum zu überbieten” sei. “Die Kampagne, die SPÖ und andere linke Zwerge mit ihren Verschwörungstheorien und Alternativszenarien aufgrund von bewussten Verdrehungen gegen Regierung und vor allem gegen Innenminister Herbert Kickl reiten, ist an Widerlichkeit kaum zu überbieten”, meinte er in einer Aussendung.

Die “abscheuliche Wahnsinnstat eines Massenmörders in Neuseeland” werde “über einen intellektuellen Hindernisparcours zu einem Skandal der Republik Österreich hochstilisiert”, so Rosenkranz. “Natürlich” gebe es einen Berührungspunkt zu den Identitären in Österreich, nämlich die Spende des Attentäters an Identitären-Chef Martin Sellner, erklärte der FP-Klubchef. “So weit so schlecht”, sagte er, aber alleine deswegen könne “kein Verein von heute auf morgen aufgelöst oder verboten werden, so wie es die Linke verlangt”.

Pilz als “Dreckschleuder der Nation”

Scharfe Worte fand er für JETZT-Mandatar Peter Pilz, den als eine “von der parlamentarischen Immunität geschützten Dreckschleuder der Nation” bezeichnete. So sei etwa dessen Vorwurf, ein Verein der Identitären sei Mieter in einem Haus in Linz, “wo es auf Vermieterseite einen Bezug zur FPÖ gebe”, falsch: Das Kellerlokal sei, “wie Rosenkranz versichert wurde, immer an eine Einzelperson vermietet worden”, heißt es in der Aussendung der FPÖ.

(APA/red)

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