Pilnaceks damalige Freundin bei Prozess in Wien befragt

Der von Bundespolizeidirektor Michael Takacs und weiteren Spitzenpolizisten angestrengte Prozess gegen die Zack Media GmbH mit Herausgeber Peter Pilz ist am Dienstag am Wiener Landesgericht fortgesetzt worden. Die Beamten werfen Pilz üble Nachrede vor - wegen der Kritik an der Polizei in Pilz' Buch rund um das Ableben von Ex-Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek ("Der Tod des Sektionschefs"). Am Dienstag schilderte Pilnaceks damalige Freundin ihre Sicht der Dinge.
"Er hat mich keines Blickes gewürdigt"
Für sie ist nämlich klar: Der Tod ihres ehemaligen Freundes sei kein Selbstmord oder Unfall gewesen. "Wer in diesem Land nicht kooperiert, wird weggeräumt!", so der scharfe Vorwurf der Zeugin. Zu Beginn ihrer dreistündigen Befragung schilderte sie die Stunden vor Pilnaceks Tod. Pilnacek habe damals jeden zweiten Tag bei ihr in Rossatz verbracht. Am Abend des 19. Oktober sei er nicht angekündigt gewesen. Da sie bereits früh zu Bett gehen wollte, habe sie eine halbe Schlaftablette genommen. Deshalb habe ihre Mitbewohnerin - damalige Mitarbeiterin von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) - Pilnacek abgeholt, nachdem ihm der Führerschein entzogen worden war. "Geistesabwesend" sei er gewesen. "Er hat mich keines Blickes gewürdigt", und sich so verhalten "als ob er unter Drogen war". Auf der Terrasse habe er eine halbe Flasche Prosecco geleert, ehe er mit den Worten "Ich gehe fort!" das Haus verlassen habe.
Thema war dann, wie sie zur Unfallstelle kam. Sie habe Pilnacek sofort erkannt. "Mit blauem Kopf" sei er am Rücken im Wasser gelegen, "als hätte ihn jemand hineingelegt".
"Das klang wie eine Drohung"
Über ihre Mitbewohnerin habe Sobotka ihr ausrichten lassen, dass sie "mit keinem Journalisten, mit niemandem" darüber sprechen solle. "Das war Selbstmord und dabei bleibts", habe er gesagt. "Das klang wie eine Drohung." Nach dem Tod Pilnaceks sei ihre Mitbewohnerin schnell ausgezogen. "Ich denke, dass sie damals unter Druck gestanden ist", meinte die Zeugin, und präzisierte auf Nachfrage, dass dieser vom damaligen Nationalratspräsidenten ausgegangen sei.
Sie geht davon aus, dass Pilnacek "aus dem Weg geräumt" worden sei. "Wenn ich auspacke, dann gehen viele in den Häf'n", habe dieser zu ihr gesagt. Auch der ehemalige Kabinettschef im Innenministerium, Michael Kloibmüller, habe bei einem Treffen eine ähnliche Aussage getätigt. Auch Takacs belastete sie indirekt: Ihre Mitbewohnerin habe bei mehreren Treffen gesagt, dass dieser ihr geraten habe, Pilnaceks Laptop verschwinden zu lassen.
Nach dem Tod ihres Partners hätten viele Menschen kondoliert, auch aus der ÖVP. Katharina Nehammer, damalige Kanzlergattin etwa habe ihr gesagt, sie sei jederzeit für sie da, wenn sie mit jemandem sprechen wolle. "Aber mit Verlaub, ich kenne die nicht persönlich", so die Zeugin. Angenommen habe sie hingegen das Angebot einer Gesprächstherapie bei Sobotkas Frau in deren privatem Zuhause. Ihre Mitbewohnerin sei in der Zwischenzeit bei Sobotka im Büro gewesen, sie selbst habe kein Gespräch mit ihm geführt.
Durchaus emotional wurde sie während der Befragung durch die Gegenseite. "Bitte suchen Sie nach den wahren Tätern, aber lassen Sie mich in Ruhe", meinte Pilnaceks ehemalige Freundin, und wollte später auch keine Fragen von Rechtsanwältin Linda Poppenwimmer mehr beantworten, sah sie sich "befragt wie eine Mörderin." "Sie wollen mich mundtot machen, mundtot!", meinte sie, auf die Frage, ob gegen sie Strafverfahren laufen würden, bevor sie diese mit "Ja" beantwortete. Krankheitsbedingt verhindert war ihre Mitbewohnerin, die am Dienstag ebenfalls als Zeugin aussagen hätte sollen.
"Sehr viel Spekulationen, aber keine Beweise"
Am Nachmittag war dann der ehemalige "Presse"-Journalist Gernot Rohrhofer, der ebenfalls ein Buch über den Tod Pilnaceks verfasst hat, als Zeuge geladen. Anders als Pilz kam er zu dem Schluss, es gäbe "nicht einen Hinweis" auf ein Tötungsdelikt, dafür aber "sehr viel Spekulationen, aber keine Beweise", seit dem Tod des Sektionschefs. Zwischen Rohrhofer und Pilz bzw. dessen Anwalt Volkert Sackmann entbrach dann ein längeres Streitgespräch. "Unterbrechen Sie mich nicht, wir sind hier nicht bei der ÖVP", unterstellte der Ex-Grüne dem Journalisten eine Nähe zur Volkspartei.
Schon zuvor zeigte sich die ehemalige Freundin Pilnaceks aufgrund dessen Berichterstattung nicht gut auf Rohrhofer zu sprechen. Dieser wiederum meinte: "Es hat irgendwie so geklungen, als hätte sie sich was erwartet. Aber nicht von mir, sondern im Zusammenhang mit der Anzeige." Sie hatte - über denselben Anwalt, der auch Pilz vertritt - Anzeige gegen den am Montag als Zeuge einvernommenen niederösterreichischen Chefinspektor Hannes Fellner eingebracht. Dieser habe unter anderem auf die Vermutung, bei ihr sei eingebrochen worden, gemeint: "Fehlt etwas? Nein? Na dann ist ja gut", so die Zeugin.
Einen USB-Stick, den Pilnacek immer bei sich getragen haben soll, kenne er "nur vom Hörensagen", so Rohrhofer. Pilnaceks Witwe, mit der er 20 Jahre verheiratet gewesen sei, hätte von dem USB-Stick jedenfalls nichts gewusst, meinte der Journalist.
Kein Prozess am Mittwoch
Weiter geht es in dem Prozess am Donnerstag. Geladen sind dann die Gemeindeärztin sowie ein Gerichtsmediziner. Wohl noch nicht nachgeholt werden dürfte die Befragung der heute krankheitsbedingt verhinderten Mitbewohnerin von Pilnaceks Freundin. Mit einem Urteil ist frühestens im November zu rechnen.
(APA/Red)