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Pilnacek im Ibiza-U-Ausschuss: "Meine Macht ist begrenzt"

Pilnacek verteidigte vor dem Ibiza-U-Ausschuss seine eigene Rolle.
Pilnacek verteidigte vor dem Ibiza-U-Ausschuss seine eigene Rolle. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Der Auftritt von Christian Pilnacek im U-Ausschuss ist teils emotional über die Bühne gegangen. Insbesondere bei der Befragung durch Stephanie Krisper gab sich der Strafrechtssektionschef phasenweise angriffig.

Wer am Mittwoch im Ibiza-U-Ausschuss von der Befragung des Strafrechtssektionschefs Christian Pilnacek die Entdeckung des sprichwörtlichen rauchenden Colts erwartet hat, wurde enttäuscht.

Die Einvernahme bot zwar etwas Einblick in die Arbeit der Strafaufklärungsbehörden und einige Handlungen Pilnaceks, wirklich Neues gab es aber auch nicht. Teilweise wurde es besonders emotional.

Wenig Erhellendes aus der Befragung von Pilnacek

Er sei "ausschließlich Diener des Staates" und wolle als solcher "das Ansehen des Strafrechts verstärken", stellte er mehrmals in Abrede, einem Netzwerk anzugehören oder dass es gar ein "System Pilnacek" gebe. Er könne weder Hausdurchsuchungen anordnen noch in solche eingreifen. "Meine Macht ist durch die rechtlichen Vorgaben begrenzt." Kontrolle erfolge durch den unabhängigen Weisungsrat.

Anders sahen das NEOS und SPÖ: Die pinke Fraktionsführerin Stephanie Krisper bezeichnete den Auftritt Pilnaceks nach dem Ende der Befragung als "unglaubwürdig" und zeigte sich überzeugt, dass es informelle Wege gebe. Diesbezüglich sprach sie etwa die "Blindkopien" durch Oberstaatsanwalt Johann Fuchs oder diverse "mündliche Weisungen" an. Auch blieben bezüglich Treffen mit Beschuldigten in der Casag-Causa viele Fragen offen. Laut SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer war Pilnacek "ungewöhnlich patzig und aggressiv". Sein heutiger Auftritt sei alles andere als "souverän" gewesen. Auffallend sei gewesen, dass er am Anfang betont hatte, dass nichts informell lief, so Krainer. In der Befragung habe sich dann aber herausgestellt, "dass beinahe alles informell abgelaufen ist".

Zwei Weisungen im Casinos-Verfahren

Im Casinos-Verfahren gab es laut Pilnacek zwei Weisungen. "Eine war vom damaligen Justizminister Clemens Jabloner (Parteizugehörigkeit von Ermittlern bedeutet per se keine Befangenheit, Anm.) gekommen." Die zweite habe sich auf die Sicherstellung von E-Mails und anderer elektronischer Dateien beim Finanzministerium bezogen und dass dabei mit Amtshilfe vorzugehen sei - bezugnehmend auf das OLG Wien, das in der Untersuchungsanordnung in der Causa BVT eine Unzulässigkeit erkannt hatte.

Zum Vorwurf der ÖVP-Nähe der "Soko Tape" sagte Pilnacek, dass auch er der Meinung sei, dass es kein Problem sei, wenn ein ermittelnder Beamter Mitglied einer Partei sei. Die WKStA-Vertreter hatten das anders gesehen, sie seien "anderer Rechtsansicht" gewesen.

Zu einem Treffen mit dem Aufsichtsratschef der Casinos Austria, Walter Rothensteiner, sowie Ex-Vizekanzler und Casinos-Aufsichtsrat Josef Pröll (ÖVP) befragt, als diese bereits als Beschuldigte der Casino-Causa geführt wurden, sagte Pilnacek, es sei seine Aufgabe als Sektionschef, der die Fachaufsicht führt, sich Beschwerden über die Staatsanwaltschaft anzuhören. Rothensteiner habe sich etwa über die lange Dauer der Sicherstellung seines Mobiltelefons beklagt. Er, Pilnacek, habe daraufhin aufgeklärt, dass die WKStA ordnungsgemäß vorgegangen sei.

Relevante Teile des Ibiza-Videos sollen nach Sommerpause vorliegen

Ob er, Pilnacek, weitere Beschuldigte im Casinos-Verfahren getroffen hat, fragte NEOS-Politikerin Stephanie Krisper. "Nein", betonte Pilnacek. "Krampusfest Ö1?", fragte Krisper weiter und verwies auf Dezember 2019 und ein angeblich halbstündiges Gespräch mit Ex-Novomaticsprecher Bernhard Krumpel. Pilnacek sagte, er kenne den Mann nicht und konnte sich nicht an ein Gespräch erinnern. Danach kam es einmal mehr zu einem Hick-Hack darüber, welche Fragen nach der Verfahrensordnung zulässig sind und welche nicht. Beim Schlagabtausch mit Krisper wurde Pilnacek teilweise sehr emotional.

Pilnacek rechnet damit, dass die relevanten Passagen des Ibiza-Videos den Abgeordneten nach der Sommerpause im September vorliegen sollten. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat ihre Prüfung dieser Tage abgeschlossen, so Pilnacek. Nun habe sie die Ermittlungsanordnung an die SoKo gerichtet, die abstrakt rechtlichen Passagen zu verschriftlichen bzw. die entsprechenden Sequenzen herzustellen, erläuterte Pilnacek: "Erfahrungsgemäß braucht die SoKo dafür zwei bis drei Wochen."

Nach Pilnacek waren am Mittwoch noch Johann Fuchs von der Oberstaatsanwaltschaft Wien und WKStA-Staatsanwältin Christina Jilek geladen.

Oberstaatsanwalt verteidigt Behörden-Vorgehen

Der für das Ibiza-Verfahren zuständige Oberstaatsanwalt hat am Mittwoch im U-Ausschuss das Vorgehen der Behörden bei den Ermittlungen nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos im Mai des vergangenen Jahres verteidigt. Die Trennung in zwei Verfahrensstränge, nämlich die Korruptionsermittlungen bei der WKStA und die Ermittlungen zur Herstellung und Verbreitung bei der StA Wien, sei richtig gewesen.

Denn schließlich sei der Ermittlungskomplex "ein gewaltiger", betonte Oberstaatsanwalt Johann Fuchs auf eine entsprechende Frage des Verfahrensanwalt Wolfgang Pöschl. Auf diese Weise hätte auch die jeweilige "Kernkompetenz" der beiden Staatsanwaltschaften genutzt werden können.

"Ermittlungspannen" ortete er keine, erklärte Fuchs und schilderte den Abgeordneten die rechtlichen Rahmenbedingungen strafrechtlicher Ermittlungen. Etwa sei der Anfangsverdacht die "Schwelle zum Ermittlungsverfahren" und bilde den Rahmen für das Ermittlungsverfahren. Die Rolle der OStA als Fachaufsicht bestehe darin, einen Ausgleich zwischen Grundrechtsschutz und zielgerichteten Verfahren sicherzustellen. Die Möglichkeiten sind aber "ausschließlich durch das Gesetz bestimmt". Manche Entscheidungen seien in der Öffentlichkeit nicht verständlich, "aber dem Recht entsprechend", argumentierte Fuchs.

Unterschiedliche Meinungen "nichts Beunruhigendes"

Die Zusammenarbeit zwischen den Behörden verlaufe nicht immer "friktionsfrei", das wäre aber auch "fad", so Fuchs. Wenn man bei so einer "komplexen Ermittlungsstruktur" zusammenarbeite, seien unterschiedliche Meinungen "nichts Beunruhigendes", so Fuchs: "Das sind wir gewohnt."

Zudem können sich Staatsanwaltschaften nicht die Polizisten aussuchen, die zur Verfügung gestellt werden. Dass die SoKo Tape gegründet wurde und von der WKStA mit den Ermittlungen beauftragt wurde, sei kein verdächtiger Vorgang. Jedes Team bringe seine Kernkompetenz mit ein, erklärte der Oberstaatsanwalt: "Aber wenn kein Konsens herzustellen ist, hat die Staatsanwaltschaft das letzte Wort."

Das Video habe er noch nicht gesehen. Das sei aber auch nicht seine Aufgabe. Das gehöre in den Ermittlungsbereich, meinte Fuchs: "Ich werde das Video auch nicht zur Gänze sehen."

Verfahrensrichter für weitere Ladung von Horten

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl hat sich am Mittwoch für eine neuerliche Ladung der Milliardärin Heidi Horten in den Ibiza-Untersuchungsausschuss ausgesprochen. "Mir scheint die Entschuldigung nicht ausreichend zu sein", sagte Pöschl.

Horten war nach ihrem Nicht-Erscheinen bei der ersten Ladung Anfang Juni noch einmal für heute, Mittwoch, geladen worden. Der Vorsitzende, ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger, stellte mit 16.30 Uhr fest, dass Horten, die der Parlamentsdirektion einen Brief und ein ärztliches Attest übermittelt hatte, nicht erschienen war und bat Pöschl um eine Einschätzung.

Pöschl erklärte, dass ihm die Entschuldigung nicht ausreichend zu sein scheint. "Daher sollten wir sie zu einem weiteren Termin laden." Die Fraktionen wollen darüber morgen, Donnerstag, entscheiden.

Info-Fluss nach Video-Fund "nicht glücklich"

Als "nicht wirklich glücklich" hat Johann Fuchs von der Oberstaatsanwaltschaft Wien den Informationsfluss nach der Sicherstellung des Ibiza-Videos durch die SoKo Tape gesehen. Dass der Berichtspflicht offensichtlich nicht nachgekommen wurde, habe ihn "beunruhigt", aber für das Verfahren selbst habe das "null Einfluss" gehabt.

Fuchs betonte jedoch, dass die Einhaltung der Berichtspflicht "nicht die oberste Priorität" bei den Ermittlungen habe. "Das ist sicher keine Frist, die man als Staatsanwalt überwacht." Er finde das Thema nicht "aufregend", weil es für die Ermittlungen keine Relevanz habe: "Ist für mich ein absolutes Randthema." Erst nach der Aufregung und der medialen Berichterstattung habe man Aufklärung haben wollen und das Thema mit dem Bundeskriminalamt besprochen.

Fuchs Argumentation zu Spekulationen

Daran, dass Strafrechtssektionschef Christian Pilnacek den als Beschuldigten geführten Casinos-Aufsichtsratschef Walther Rothensteiner traf, stößt sich Fuchs nicht. Im Gegenteil: Er halte nichts von einer Abschottung als Fachaufsicht, so Fuchs: "Jeder, der sich bei mir beschweren will, soll auch einen Termin bekommen." Er selbst sehe als seine Pflicht, Personen anzuhören, die sich über die Arbeit der Staatsanwaltschaft beschweren wollen.

Auch an den Blindkopie-E-Mails an Pilnacek finde er nichts Auffälliges. Er versuche, dass alle, die eine Information benötigen, diese auch bekommen, argumentierte Fuchs. Sein Bestreben sei eine einheitliche Informationslage. "Daraus Spekulationen abzuleiten, halte ich für falsch", so Fuchs.

Befragung von Jilek verschoben

Weil die Befragung von Fuchs über 17.00 Uhr hinaus andauerte und kein Einvernehmen unter den Fraktionen hergestellt werden konnte, musste die Befragung von WKStA-Staatsanwältin Christina Jilek verschoben werden. NEOS, SPÖ und Grüne hatten sich dafür ausgesprochen Jilek zu befragen und dafür die Befragung von Fuchs abzubrechen, ÖVP und FPÖ waren jedoch dagegen. Sie wollten die Befragung von Fuchs fortsetzen.

Befragung zu Ende

Die Befragung von Oberstaatsanwalt Johann Fuchs ist ohne großen Aufreger zu Ende gegangen. Wiederholt rechtfertigte Fuchs in den vier Stunden das Verhalten der Behörden, vor allem jenes der SoKo Tape und der Oberstaatsanwaltschaft Wien als Fachaufsicht. Zu Inhaltlichem der Ermittlungen sagte er nichts, da sei er der falsche Ansprechpartner, bzw. könne er zu laufenden Verfahren nichts sagen.

Zuvor war Fuchs unter anderem noch von ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl damit konfrontiert worden, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) das Ibiza-Video offenbar gar nicht haben wollte, sondern nur eine schriftliche Auswertung. Fuchs meinte dazu, dass er das auch nicht verstanden habe. Es könne nicht sein, dass man ein Video nicht annehmen will, auf das man seit einem Jahr wartet.

Fuchs für "schnellstmögliche Sichtung und Auswertung" des Videos

Daraufhin habe die Oberstaatsanwaltschaft eine Weisung erteilt, derzufolge die WKStA das komplette Video annehmen müsse. Die WKStA habe eine schriftliche Weisung mitsamt schriftlicher Begründung verlangt. Dem sei er nachgekommen, da die Annahme von durch die Polizei gelieferte Beweismitteln nicht verweigert werden könne. Zudem stehe er für eine "schnellstmögliche Sichtung und Auswertung", so Fuchs: "Wir sollten uns nicht von solchen Reibungsverlusten von unserer Tätigkeit abhalten lassen."

Morgen sind die Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, Maria-Luisa Nittel, und Gregor Adamovic von der WKStA vorgesehen. Die erste Befragung startet um 9.00 Uhr.

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(APA/Red)

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