Pflegekräfte warten auf erweiterte Medikamenten-Kompetenz: ÖGKV übt Kritik
Derzeit hinke dieser Prozess, "weil die Pflichtinteressensvertretungen hier ihr Veto einlegen", sagte ÖGKV-Vizepräsidentin Inge Köberl-Hiebler im Ö1-Radio am Montag. Sie sieht die Gesundheitsministerin gefordert.
Auf der Bremse stehe konkret die Ärztekammer, berichtete das Ö1-"Mittagsjournal". Köberl-Hiebler verwies darauf, im Gesetz stehe lediglich, die Pflichtinteressensvertretungen (wie die Ärztekammer) müssten "gehört" werden. "Also eigentlich könnte der Gesetzgeber hier schon klar vorgeben, dass die Pflege das machen darf", betonte die Vizepräsidentin. Sie wünscht sich nun ein Gespräch mit Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ).
Ministerium: Bürokratie reduzieren, Pflegekräfte und Ärzte entlasten
Aus dem Gesundheits- und Sozialministerium hieß es dazu auf APA-Anfrage, man spreche sich dafür aus, dass Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege künftig auch Medizinprodukte und Arzneimittel verordnen dürfen. "Diese Forderung kam aus der Berufsgruppe selbst und sie ist berechtigt." Eine solche Regelung würde die Bürokratie reduzieren und sowohl Pflegekräften als auch Ärztinnen und Ärzten wertvolle Zeit ersparen.
Der ÖGKV habe dazu bereits sehr umfassende Listen mit Arzneimitteln vorgelegt. "Diese ging jedoch über die derzeitigen gesetzlichen Vorgaben des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) hinaus und wurde daher von der Österreichischen Ärztekammer abgelehnt", so das schriftliche Statement des Ministeriums. Man habe daher seitens des Ressorts den ÖGKV im September ersucht, eine gesetzeskonforme Liste zu erarbeiten und die Gespräche mit der Ärztekammer sowie den weiteren beteiligten Organisationen fortzusetzen.
"Tragfähiger Konsens" als Ziel
Ziel sei es, "einen tragfähigen Konsens zu erzielen, damit die künftigen Regelungen auch praxistauglich umgesetzt und einheitlich angewendet werden können", betonte man in Schumanns Büro. Und: "Unseres Wissens nach waren diese Gespräche zuletzt schon weit gediehen." Man biete selbstverständlich weiterhin Unterstützung zur Vermittlung und finalen Ausgestaltung der Arzneimittelliste an.
Erweiterte Medikamenten-Kompetenz: Neuregelung schon 2024 beschlossen, Umsetzung ausständig
Schumanns Vorgänger Johannes Rauch (Grüne) hatte die Neuregelung vorangetrieben - auch mit dem Verweis darauf, dass derartige Verschreibungen durch Pflegekräfte in anderen Ländern ganz normal seien, so Ö1. Eigentlich hätte die Neuerung (durch eine Verordnung Schumanns) bis 1. September umgesetzt werden sollen, sagte ÖGKV-Präsidentin Elisabeth Potzmann auf Nachfrage zur APA. Dass es nun zu Verzögerungen kommt, ist auch für sie unverständlich.
Die Neuerung soll den diplomierten Pflegekräften mehr Kompetenzen bringen. Sie dürften damit auch bestimmte Medikamente "verordnen". Freilich geht es dabei laut Potzmann ohnehin nur um jene Medikamente, die man rezeptfrei in der Apotheke kaufen kann (sogenannte "Over the counter"-Arzneimittel). Diplomierten Pflegekräften ist das eigenständige Besorgen und Weitergeben derartiger Medikamente aber derzeit nicht gestattet. Benötigt beispielsweise ein Heimbewohner ein in der Apotheke ohne Rezept erhältliches Kopfwehmittel, so muss das von einem Arzt verordnet werden.
Mühsame Wege auch bei rezeptfreien Medikamenten
Da in Heimen aber in der Regel kein ärztliches Personal anwesend ist, gestalte sich das oft sehr mühsam, erklärte Potzmann gegenüber der APA: Die Hausärzte der Heimbewohner müssen in solchen Fällen kontaktiert werden, ein Rezept für das rezeptfreie Medikament muss ausgestellt werden und erst mit diesem können dann diplomierte Pflegekräfte das benötigte Arzneimittel aus der Apotheke abholen. "Da sitzen diplomierte Pflegefachkräfte in der Ordination, damit sie ein Rezept bekommen", verwies Potzmann auf den Aufwand.
Vor demselben Problem steht auch die Hauskrankenpflege, auch hier muss jeweils ein Arzt mit der Beschaffung befasst werden. Dasselbe gelte im Krankenhaus, dort stelle sich dieses Problem aufgrund des raschen Zugriffs auf Ärzte aber weniger schwierig dar.
Vor allem Patientinnen und Patienten zu Hause oder in der Langzeitpflege wäre geholfen, sagt Inge Köberl-Hiebler, weil sie dann weniger Wege absolvieren müssten, um zu ihren Medikamenten zu kommen. Die Liste der von den neuen Möglichkeiten im Gesetz umfassten Medikamente sollte per Verordnung des Gesundheitsministeriums seit September vorliegen.
(APA/Red)