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Pflege: Grüne orten Verfassungswidrigkeit

Wien - Die Grünen orten bei der nun vorliegenden Regelung zur Förderung der 24-Stunden-Betreuung Pflegebedürftiger daheim eine mögliche Verfassungswidrigkeit.

Die Tatsache, dass die Zuschüsse für die Betreuung von Einkommen (maximal 2.500 Euro netto) und Vermögen (maximal 5.000) Euro abhängig sind, könnte eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darstellen, so der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien. Die Hauptschuld für die seiner Meinung nach ungenügende Regelungen sieht er bei der ÖVP.

Öllinger verwies darauf, dass „Zuwendungen“ nach dem Bundespflegegeldgesetz für die 24-Stunden-Betreuung am Pflegegeld und an der Einstufung an bestimmte Pflegestufen anknüpfen. Auf das Pflegegeld bestehe ein Rechtsanspruch – abhängig vom Bedarf, nicht von Einkommen oder Vermögen. Die Einführung von Vermögens- und Einkommensgrenzen für die 24-Stunden-Betreuung daheim stelle ein „sachwidriges Prinzip“ dar, möglicherweise aber auch eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, so Öllinger. Man werde daher eine Klage prüfen.

Statt der Vermögensverwertung bis auf eine „Schongrenze“ von 5.000 Euro plädierte Öllinger für die Beibehaltung und Zweckbindung der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Denn damit könnte man 400 Mio. Euro jährlich lukrieren, welche in einen Pflegefonds fließen könnten. Darüber hinaus sprach er sich für die Einführung einer Vermögenssteuer aus. Einer Pflegeversicherung steht Öllinger – wie übrigens auch Sozialminister Erwin Buchinger (S) – kritisch gegenüber.

Das „eigentliche Problem“ bei der Pflege sei die Haltung der ÖVP, zeigte sich der Sozialsprecher überzeugt. Es sei unverständlich, dass Vertreter der Volkspartei die Regelungen zunächst abgelehnt hätten und nun doch dahinter stünden. Diese „permanenten neuen Botschaften“ würden die Betroffenen verunsichern, die ÖVP spiele ein „sehr böses Spiel“, so Öllinger. Dass die SPÖ hier mitmache, mache die Sache nicht besser. Außerdem würden die Regelungen beim Hausbetreuungsgesetz sowie jene in Buchingers Richtlinien zur Förderung eindeutig die „Handschrift der Volkspartei“ tragen. Schon im Papier der ehemaligen steirischen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (V) – die schon vor der Nationalratswahl eine Arbeitsgruppe zum Thema Pflege geleitet hatte – sei die Vermögensverwertung festgeschrieben worden, erinnerte der Grüne Sozialsprecher.

Experten uneinig

Verfassungsjuristen sind sich uneinig, ob die Förderrichtlinien zur 24-Stunden-Betreuung Pflegebedürftiger daheim eine Verfassungswidrigkeit darstellen könnten. Während Bernd Christian Funk eine Reihe von „sehr gewichtigen Argumenten“ sieht, die dafür sprechen, kann dessen Kollege Heinz Mayer „auf den ersten Blick“ keine Verfassungswidrigkeit erkennen. Der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger hatte zuvor gemeint, die Tatsache, dass die Zuschüsse einkommens- und vermögensabhängig sind, könnten eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darstellen.

Funk sah darin im Gespräch mit der APA eine „sehr berechtigte Vermutung“. Neben dem Gleichheitsgrundsatz sei auch das Willkürverbot, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Verbot von Diskriminierung gefährdet. Er sprach von einer „Asymmetrie im System“: Auf der einen Seite habe man vom Pflegegeld her eine Regelung, die bedarfsorientiert ist und nicht auf Einkommen und Vermögen abstimmt. Auf der anderen Seite – bei der 24-Stunden-Betreuung – hat man aber plötzlich einen anderen Systemgesichtspunkt drinnen, dies schaffe eine Diskrepanz, wo man sich fragen müsse, „was ist der Zweck, ist das angemessen?“.

Mayer meinte hingegen, es sei „sicher zulässig“, dass man denjenigen, der Vermögen hat, zur Kasse bittet. Man müsse das zwar noch genau prüfen, er nehme aber nicht an, dass die Regelung der Verfassung widerspricht.

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