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Pension der toten Mutter zur Schuldentilgung abgehoben: Wiener verurteilt

Acht Monate bedingt wegen Unterschlagung erhielt ein 76-Jähriger Mann, der ursprünglich wegen schweren Betruges angeklagt war
Acht Monate bedingt wegen Unterschlagung erhielt ein 76-Jähriger Mann, der ursprünglich wegen schweren Betruges angeklagt war ©APA (Sujet)
Ein 76-Jähriger stand in Wien vor Gericht, weil er die Witwenpension seiner Mutter, die ein halbes Jahr nach ihrem Tod weiterhin ausbezahlt wurde, einfach vom Konto abgehoben und für private Aufwendungen verwendet hatte.

Ursprünglich war schwerer Betrug angeklagt, nach dem Beweisverfahren erfolgte bei dem Prozess am Donnerstag jedoch der Schuldspruch wegen Unterschlagung zu acht Monaten bedingt. Der Richterspruch ist nicht rechtskräftig.

Mutter verstorben: Trotz Information über Ableben kam Pension weiter aufs Konto

Die Frau starb am 25. September 2019. Laut dem Angeklagten hatten er und der Notar die niederösterreichische Ärztekammer, die die Pension ausbezahlte, über das Ableben informiert. Auch die Bank, bei der das Konto der Verstorbenen lief, wurde über den Sachverhalt aufgeklärt. Dennoch wurden fast ein halbes Jahr jedes Monat die Pension auf das eigentlich aufgrund der Abwicklung der Verlassenschaft gesperrte Konto einbezahlt. Über 10.000 Euro befanden sich schlussendlich darauf. Der Beschuldigte nahm das Erbe allerdings aufgrund von Verschuldung nicht an.

7.000 Euro zu viel abgehoben: "Für den Haushalt"

Als der 76-Jährige Anfang März 2020 vom Notar den Beschluss erhielt, dass das Konto nun nicht gesperrt sei und er nun Gerichtskommissionsgebühren und Begräbniskosten abheben dürfte, ging er zur Bank. Rund 8.800 Euro hob er ab, um 7.000 Euro zu viel. "Haben Sie sich nicht gewundert, dass plötzlich so viel Geld am Konto ist?", fragte Richter Wolfgang Etl. "Nein, hab' ich nicht", meinte der Angeklagte. "Ich hab' mich nicht um die Details gekümmert." Er habe darauf vertraut, dass wenn ihm der Notar sagt, das Konto sei wieder verfügbar, dass er darauf zugreifen könne. Er habe das Geld "für den Haushalt" abgehoben. Die Heizung sei kaputt gewesen, die Miete der elterlichen Wohnung fällig und seine Mutter habe noch kurz vor ihrem Tod die Couch neu tapezieren lassen. "Sie war eine sehr starke Frau", so der 76-Jährige.

Ärztekammer verlangte das Geld per Bescheid zurück - Anklage wegen schweren Betruges

"Sie leiden ja an notorischer Geldnot und plötzlich gibt es da diesen Geldsegen", bemerkte Richter Etl. "Und das Geld war schnell weg und wurde bis heute nicht zurückgezahlt." Auf den Fehler kam schlussendlich eine Rechtspflegerin und erstattete Anzeige. Die niederösterreichische Ärztekammer verlangte das Geld per Bescheid zurück. Als nicht zurückgezahlt wurde, wurde ein Exekutionsverfahren eröffnet und der Mann wegen schweren Betruges angeklagt.

"Wenn mir ein Jurist sagt, dass ich das bezahlen soll, dann zahl ich das auch zurück", meinte der 76-Jährige, der angab, mit 700.000 Euro völlig überschuldet zu sein. "Ich habe vielleicht einen Fehler gemacht, aber ich bin nicht kriminell und habe nicht mit Vorsatz gehandelt", sagte der Mann. Er habe nicht sehen können, woher das Geld stamme und habe "im guten Glauben gehandelt", sagte er.

"Verkettung von Versäumnissen" bei Prozess festgestellt: Wegen Unterschlagung verurteilt

"Ich bin Medizinier und kein Jurist", stellte der Angeklagte fest. Er habe sich nicht vorstellen können, dass hier ein Fehler unterlaufen sei. "Wenn ich in ein Lokal gehe und ein Schnitzel esse und was trinke, dann mit einem Fünfziger zahle und einen Hunderter zurück bekomme, weiß ich auch, dass etwas nicht stimmt", sagte der Richter. "Es kann ja ein Fehler passieren, aber wenn ich eine Aufforderung bekomme, dann zahle ich das zurück."

Richter Etl stellte in seiner Urteilsbegründung fest, dass es nach dem Todesfall zu einer "Verkettung von Versäumnissen" gekommen sei. Die niederösterreichische Ärztekammer und die Bank hätten scheinbar trotz Anrufen vom Notar und dem Angeklagten keine Kenntnis über das Ableben der Frau gehabt. Deshalb wurde der Mann schlussendlich nicht wegen schweren Betruges, sondern wegen Unterschlagung verurteilt. Bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren erhielt der Mann acht Monate bedingte Haft mit einer Probezeit von drei Jahren. Der 76-Jährige - in Österreich und in Deutschland einschlägig vorbestraft - war nicht anwaltlich vertreten, meldete aber Rechtsmittel an. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.

(APA/Red)

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