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Pendlerpauschale: Experten fordern Reform

Experten fordern Reform des Pendlerpauschals.
Experten fordern Reform des Pendlerpauschals. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Aktuell bietet das Modell des Pendlerpauschales keine Anreize, um umweltschonend zur Arbeit zu gelangen. Umweltschützer und Interessenvertreter haben diesbezüglich Ideen.

Das derzeitige Modell des Pendlerpauschales setzt keine Anreize, den Arbeitsweg auf eine umweltschonende Weise zurückzulegen und begünstigt als Steuerfreibetrag höhere Einkommen. Im türkis-grünen Regierungsprogramm ist der Plan zur "Ökologisierung und Erhöhung der Treffsicherheit des Pendlerpauschales" festgeschrieben. Umweltschützer und Interessenvertreter haben diesbezüglich einige Vorschläge.

Kritik kommt auch vom Verkehrsclub Österreich

Auch der Verkehrsclub Österreich kritisiert gegenüber der APA, dass das aktuelle Modell jene, die mit dem Auto pendeln, mehr begünstigt als jene, die eine klimafreundlichere Variante benutzen, da das große Pendlerpauschale mehr beträgt und bereits ab einem kürzeren Arbeitsweg zur Verfügung steht. Eine Ökologisierung müsse einen Anreiz zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und des Fahrrades setzen. Zudem solle das Pendlerpauschale kein Freibetrag mehr sein. Eine Möglichkeit sei, den Verkehrsabsetzbetrag (derzeit 400 Euro pro Jahr) zu erhöhen und das große an das kleine Pendlerpauschale anzupassen und damit zu vereinheitlichen.

Pendlerpauschal: Reform-Vorschläge von WWF, Global 2000 und Greenpeace

Der WWF fordert "einen starken Bonus für jene, die mit öffentlichem Verkehr oder mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren". Gegenüber der APA heißt es, parallel dazu müssten Angebote für klimafreundliches Pendeln ausgebaut werden. Etwa brauche es beim öffentlichen Verkehr auch außerhalb der klassischen Pendlerzeiten bessere Taktungen und die Radinfrastruktur müsse vor allem im ländlichen Raum ausgebaut werden.

Global 2000 meint im APA-Gespräch, es brauche dort, wo die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei, für jene, die dies auch nutzen, einen Vorteil gegenüber Autofahrern. Um das derzeitige komplizierte System inklusive Pendlereuro zu vereinfachen, könne das Pendlerpauschale nur auf Basis der tatsächlich zurückgelegten Kilometer bzw. Kosten errechnet werden. Für bessere soziale Treffsicherheit könne entweder eine Obergrenze der Förderung eingeführt werden oder das Pendlerpauschale als Absetzbetrag gestaltet werden.

Greenpeace legt im Gespräch mit der APA eine Reihe von Maßnahmen vor: Für eine sozialere Gerechtigkeit könne beispielsweise eine Einkommensobergrenze eingeführt werden, ab der einer Person kein Pendlerpauschale mehr zusteht. Der Steuerfreibetrag solle in einen Absetzbetrag inklusive Negativsteuerwirkung umgewandelt werden. In Zukunft könnten beide Pauschalen auf das kleine Pendlerpauschale vereinheitlicht werden. Um hier bei hohen Distanzen auszugleichen, könne der Pendlereuro erhöht werden. Um umweltfreundliche Mobilität zu belohnen, könne man das kleine Pendlerpauschale schon ab zwei Kilometern Arbeitsweg auszahlen, sofern dieser nachweislich umweltfreundlich bestritten wird. Wenn jemand Anspruch auf das kleine Pendlerpauschale hat, könne das große ausbezahlt werden, wenn der Weg öffentlich zurückgelegt wird. Eine andere Möglichkeit, um umweltschädliche Mobilitätsentscheidungen teurer zu machen, sei, das kleine Pendlerpauschale nur bei nachweislicher Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder des Fahrrads auszuzahlen. Eine weitere Option sei, dass der Anspruch auf die große Pendlerpauschale mit steigendem CO2-Austoß verringert werden könne.

Umweltbundesamt: Kein Pendlerpauschal ab 2030 mehr

Bereits 2016 regte das WIFO in einem Bericht die Möglichkeiten an, das kleine und große Pendlerpauschale zusammenzufassen, das Pendlerpauschale von den tatsächlich zurückgelegten Kilometern oder von den tatsächlichen Fahrtkosten abhängig zu machen sowie eine Obergrenze für anrechenbare Distanzen einzuführen. Langfristig könne "das Pendlerpauschale als Anreiz für umweltbelastendes Verhalten gänzlich wegfallen".

Das Umweltbundesamt schlug vergangenes Jahr in einem Bericht vor, der Staat könne die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel fördern, indem man nur dann Anspruch auf das Pendlerpauschale hat, wenn man tatsächlich nachweisen kann, dass man öffentlich fährt. Wenn kein öffentliches Verkehrsmittel in der Nähe ist, könne man ein vermindertes Pendlerpauschale für den Weg zum nächsten Zug oder Bus erhalten und für den restlichen öffentlich zurückgelegten Weg dann das zuvor beschriebene Pendlerpauschale. Bei Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln bleibt bei diesem Modell das große Pendlerpauschale bestehen. Ab 2030 solle das Pendlerpauschale zwecks der Förderung der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel und langfristig einer verdichteten Siedlungsentwicklung ganz gestrichen werden.

Stichwort: Pendlerpauschale

Im Zuge der geplanten ökosozialen Steuerreform der türkis-grünen Regierung wird im Regierungsprogramm auch die "Ökologisierung und Erhöhung der Treffsicherheit des Pendlerpauschales" bis 2022 angeführt. Das derzeitige Modell des Pendlerpauschales wurde bereits häufig als wenig ökologisch kritisiert. Zudem profitieren Höherverdienende mehr davon.

Derzeit ist das Pendlerpauschale abhängig von der Möglichkeit bzw. Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz und der Häufigkeit des Pendelns. Wer mindestens 20 Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt wohnt und für den Arbeitsweg ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen kann, hat Anspruch auf das kleine Pendlerpauschale. Das große Pendlerpauschale ist für jene bestimmt, denen es nicht möglich oder zumutbar ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und die mindestens zwei Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt wohnen.

Pendlerpauschal: Dieser Anspruch gilt

Bei Anspruch auf das kleine Pendlerpauschale beträgt der Jahresbetrag bei einem Arbeitsweg zwischen 20 und 40 Kilometern 696 Euro, zwischen 40 und 60 Kilometern 1.356 Euro und bei mehr als 60 Kilometern sind es 2.016 Euro. Das große Pendlerpauschale beträgt bei einem Arbeitsweg zwischen zwei und 20 Kilometer 372 Euro, zwischen 20 und 40 Kilometern 1.476 Euro, zwischen 40 und 60 Kilometern 2.568 Euro und bei einem Arbeitsweg über 60 Kilometern 3.672 Euro. Es handelt sich dabei um einen Steuerfreibetrag, der jeweilige Betrag wird also vom zu versteuernden Einkommen abgezogen und von diesem wird dann die Steuer neu berechnet. Die Steuerersparnis hängt somit von der Höhe des Grenzsteuersatzes ab. Zusätzlich gibt es den Pendlereuro. Dies ist ein steuerlicher Absetzbetrag, wird also von der errechneten Steuer direkt abgezogen und der Jahresbetrag wird errechnet, indem die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz mit zwei multipliziert wird.

2018: Rund 1,3 Mil. Menschen haben Pendlerpauschal in Anspruch genommen

Laut einer Anfragebeantwortung des früheren Finanzministers Eduard Müller von der Übergangsregierung an die Grünen haben 2018 etwa 1,3 Millionen Menschen ein Pendlerpauschale im Wert von insgesamt 1,3 Milliarden Euro in Anspruch genommen. Auf Basis dieser Zahlen errechnete Agenda Austria, dass Burgenländer im Durchschnitt mit 819 Euro den höchsten Anspruch pro Person haben, Wiener mit 54 Euro den niedrigsten.

Ein ökologischeres und sozialeres Pendlerpauschale wurde in der Vergangenheit bereits häufig gefordert, denn das Pendlerpauschale stellt keinen Anreiz dar, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. So ist selbst beim kleinen Pendlerpauschale kein Nachweis gefordert, dass man tatsächlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fährt. Das Umweltbundesamt spricht in einem Bericht von einem Anreiz für Zersiedlung und Pkw-Nutzung, da jene, die weit vom Arbeitsplatz weg wohnen und denen keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, am meisten bekommen.

Die ursprüngliche Idee des Pendlerpauschales war, dass Geringverdienende, die zur Arbeit pendeln müssen, schlechter dastehen und unterstützt werden müssen. Die soziale Treffsicherheit des derzeitigen Modells wird jedoch bezweifelt, da Höherverdienende mehr von dem Steuerfreibetrag profitieren als Geringverdienende.

(APA/Red)

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