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"Pelleas et Melisande" im Theater an der Wien

Regisseur Laurent Pelly inszenierte Debussys symbolträchtige Oper im Theater an der Wien mit einer Portion Beklemmung. Und einer Portion Staub.

Pelly hat sich in etwas verstaubter Bühnensprache verzettelt. Viel Applaus gab es trotzdem – nicht zuletzt wegen des Schönklangs von Publikumsliebling Natalie Dessay und der exakten Leistung des Radio-Symphonieorchesters unter Bertrand de Billy.

Fieberphantasie
Wie eine Fieberfantasie eines Baumarktangestellten hat Chantal Thomas die Bühne des Theaters ausstaffiert. Eine verschachtelte Insel aus Holz gibt Dank Drehbühne immer wieder neue Ansichten auf das Geschehen frei. Die stattliche Burg, der Wald mit stilisierten Baumstümpfen, ein Steg – in einer solchen Materialschlacht bleibt wenig Platz für die Akteure. Und eben die sind in Debussys Seelendrama, das ins Innerste der Figuren geht, leider unterrepräsentiert.

Übertriebene Gestik
Pelly setzt auf großzügige Operngestik, wie sie bei den Donizettis, Bellinis und auch noch Puccinis dieser Welt vielleicht funktioniert. In Debussys pointilistisch-subtiler Theater-Erzählung ist so viel Manierismus aber zu viel des Guten, zudem es sich bei der aufgelesenen geheimnisvollen Melisande, in die sich auch der Halbbruder des späteren Ehemanns verlieben soll, zu viel. Und so wird auf der Gerüstinsel geschmachtet und – im Fall des Sohnes Yniold (Beate Ritter) heiter zwischen den Säulen geturnt. Da mag auch das diffuse Licht keine Stimmung mehr zu erzeugen.

Musikalische Höhen
Zumindest gesungen wird in dieser Inszenierung ordentlich, wenn auch nicht spektakulär. Allen voran Dessay, aber auch Stephane Degout als Pelleas und Laurent Naouri als Golaud bringen eine saubere Leistung. Unterscheidbar ist auf der Bühne allerdings keiner vom anderen, selbst Phillip Ens als König Arkel klingt wie seine eigenen Enkel. Als Gipfel der musikalischen Perfektion leitet de Billy ein RSO, das so unschlampig spielte, als würde es als bewusste Antithese andere Wiener Orchester ärgern wollen. Und auch der Arnold Schoenberg Chor erbrachte eine gewohnt perfekte Leistung.

Trotz aller Unstimmigkeiten liegt die aktuelle Produktion im Theater an der Wien gerade noch auf der Qualitätsebene, die man nun seit geraumer Zeit von diesem Haus gewohnt ist. Und beweist erneut die Notwendigkeit für ein Stagione-Haus, das sich einfach mehr trauen kann, vor allem in der Stückauswahl.

“Pelleas et Melisande” von Claude Debussy, Theater an der Wien.
Musikalische Leitung: Bertrand de Billy, Inszenierung und Kostüme: Laurent Pelly, Bühne: Chantal Thomas, Licht Joel Adam, Radio-Symphonieorchester Wien.
Mit: Natalie Dessay (Melisande), Stéphane Degout (Pelleas), Laurent Naouri (Golaud), Phillip Ens (Arkel), Marie-Nicole Lemieux (Geneviève), Tim Mirfin (medecin/Le berger), Beate Ritter (Yniold).
Weitere Vorstellungen: 15., 17., 20., 22., und 25. Jänner 2009, 19 Uhr. http://www.theater-wien.at

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