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Pekinger verlassen aus Furcht die Stadt

Viele Chinesen wollen Peking aus Furcht vor SARS verlassen und sind zu den Bahnhöfen geströmt, in der Hoffnung, ein Zugticket für ihre Flucht in die Heimat zu ergattern.

Aus Furcht vor der lebensgefährlichen Lungenkrankheit SARS sind am Mittwoch zahlreiche Chinesen in Peking zu den Bahnhöfen geströmt, um die Hauptstadt so schnell wie möglich zu verlassen. Alle Schulen in der Stadt sollen wegen der Krankheit ab Donnerstag für zwei Wochen geschlossen werden. Die Behörden teilten mit, neun weitere Menschen seien an der Krankheit gestorben.

Nach Einschätzung der Investmentbank JP Morgan Chase könnte die chinesische Wirtschaft in Folge von SARS im laufenden Quartal im Vergleich zum Vorquartal schrumpfen. Hongkong kündigte ein umfangreiches Maßnahmenpaket an, um die durch SARS geschwächte Wirtschaft zu entlasten.

Ein Meer von Menschen wartete in der Früh auf dem Vorplatz des Pekinger Hauptbahnhofs, in der Hoffnung, noch ein Zugticket für eine Fahrt in ihre Heimatprovinzen zu ergattern. Unter ihnen waren zahlreiche Studenten und Wanderarbeiter. Aus Furcht, sich mit dem Schweren Akuten Atemwegsyndrom (SARS) anzustecken, trugen fast alle Atemschutzmasken. Viele mieden die Warteräume und harrten Stunden in der Kälte aus. Arbeiter versprühten an dem Bahnhof ebenso wie an Flughäfen und Busstationen Desinfektionsmittel, um das Virus abzutöten.

Für die Hauptstadt hatte die Regierung die Zahl der Erkrankten in den vergangenen Tagen drastisch erhöht. Am Mittwoch wurden allein für Peking 105 neue Fälle und landesweit 147 neue Fälle gemeldet. 35 Menschen starben bisher in Peking an der Krankheit. In Peking waren damit 693 SARS-Fälle, in der gesamten Volksrepublik rund 2.300 Menschen infiziert. Noch in der vergangenen Woche hatten die Behörden erklärt, in Peking seien nur 37 Menschen infiziert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte daraufhin China vorgeworfen, die tatsächliche Zahl der SARS-Betroffenen zu verschleiern.

Die WHO befürchtet, dass es in den Provinzen, in denen das Gesundheitssystem teilweise unzureichend entwickelt sei, zu einer explosionsartigen Ausbreitung der Krankheit kommen könnte. Vor diesem Hintergrund hatte die chinesische Regierung die Bevölkerung vor Inlandsreisen gewarnt und die Maifeiertage von einer Woche auf drei Tage zusammengestrichen. Zudem sollen alle Volks- und weiterführenden Schulen in Peking für zwei Wochen geschlossen werden. Schätzungen zufolge betrifft dies 1,7 Millionen Kinder. Der Lehrbetrieb an einigen Hochschulen wurde bereits vor zwei Tagen eingestellt.

Die Verkürzung der Maiferien könnte nach Einschätzung der Investmentbank JP Morgan Chase ein Schrumpfen der schnell wachsenden chinesischen Wirtschaft um zwei Prozent im laufenden Quartal gegenüber dem Vorquartal bewirken. „Chinas Entscheidung, die Ferien zum Tag der Arbeit zu verkürzen, wird deutliche Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal 2003 haben“, heißt es in einem Bericht der Investmentbank. Die so genannte Goldene Woche wurde 1999 eingeführt, um den Konsum in China anzukurbeln.

In der Sonderverwaltungszone Hongkong wurde ein Hilfspaket in Höhe von rund 1,4 Milliarden Euro bekannt gegeben, um die wirtschaftlichen Folgen von SARS zu lindern. Unter anderem soll es für betroffene Firmen Kredite mit kurzen Laufzeiten geben. Zudem sollen die Mieten in staatlichen Gebäuden sowie Gebühren und Abgaben für staatliche Versorgungsdienstleistungen für drei Monate gesenkt werden.

In Hongkong stieg die Zahl der SARS-Todesopfer am Mittwoch auf 105. Rund 1.500 Menschen waren mit dem Virus infiziert. Die Sterblichkeitsrate der Krankheit, an der Menschen in mehr als 20 Ländern erkrankt sind, wird auf sechs Prozent geschätzt.

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