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Peking verurteilt Menschenrechtsaktivisten

Der chinesische Bürgerrechtsaktivist Wang Bingzhang ist am Montag wegen Spionage für Taiwan und „Terrorismus“ zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Der 55-Jährige ist eine prominente Figur in der exilchinesischen Demokratiebewegung und lebte seit 1982 in den USA. Das Mittlere Volksgericht in Shenzhen in Südchina warf ihm vor, „eine terroristische Gruppe organisiert und angeführt zu haben“, wie die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.

Unter mysteriösen Umständen war Wang Bingzhang mit zwei anderen demokratischen Aktivisten im Juni in Vietnam verschwunden und in China wieder aufgetaucht. Nach einem eintägigen Geheimprozess am 22. Jänner warf das Gericht dem 55-Jährigen in einem umfänglichen Urteil vor, in China 1998 eine „Aktionsgruppe“ gegründet und 1999 Anschläge mit Sprengstoff und Schüssen sowie ein Attentat bei den Feiern zum 50. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik „angeordnet“ zu haben.

Wang Bingzhang habe auch Anfang 2001 einen Bombenanschlag auf die chinesische Botschaft in Thailand geplant und in Nordthailand Orte für mögliche terroristische Trainingslager ausgekundschaftet, befand das Gericht. Schon 1996 habe der Aktivist angefangen, Artikel und Bücher zu schreiben und im Internet zu verbreiten, um für terroristische Aktivitäten zu werben, heißt es in dem Urteil.

Der Mitbegründer eines demokratischen Magazins und zweier in China verbotener politischer Gruppen war 1998 bereits illegal nach China eingereist, aufgegriffen und dann aber auf Druck der USA ausgewiesen worden. Das Gericht befand nun, damals habe sich der Aktivist in China mit Mitstreitern getroffen, um „Terrorismus zu verbreiten und hat sie angewiesen, Waffen für Entführungen zu besorgen“. Das Urteil nennt auch diverse Namen seiner Komplizen.

Nach Darstellung des Gerichts soll der taiwanesische Geheimdienst Wang Bingzhang schon 1982 kontaktiert und 1983 bezahlt haben. Zwischen 1982 und 1990 habe er geheime Informationen, darunter auch militärische Geheimnisse und Kontaktlisten, für Taiwan gesammelt. Dem Xinhua-Bericht zufolge soll Wang Bingzhang aber erst nach 1989 diese Erkenntnisse an Taiwan geliefert und um Geldmittel gebeten haben.

In früheren Prozessen gegen Bürgerrechtler war meist der Vorwurf der „Untergrabung der Staatsgewalt“ erhoben worden, doch ist mit Wang Bingzhang erstmals ein Aktivist wegen Terrorismus angeklagt worden. Nach dem rätselhaften Verschwinden in Vietnam waren Wang Bingzhang und seine Mitstreiter Yue Wu und Zhang Qi nach offiziellen Angaben als Opfer einer Entführung in Südchina im Juli „befreit“ worden. Die in den USA ansässige Menschenrechtsorganisation „Free China Movement“ vermutete dahinter die chinesische Staatssicherheit.

Der Aktivist Yue Wu, der 1989 nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung nach Frankreich geflüchtet war und Asyl erhalten hatte, durfte im Dezember unbehelligt wieder ausreisen. Zhang Qi aber, die die Volksrepublik 2000 verlassen und Asyl in den USA erhalten hatte, wird bislang weiter festgehalten. Trotz der Entdeckung des Trios im Juli war die amerikanische Botschaft in Peking, die sich wiederholt nach dem Schicksal der Bürgerrechtler erkundigt hatte, bis Dezember im Dunkeln gelassen worden.

Der Leiter des „Free China Movement“, Timothy Cooper, sagte in Washington zu dem Verfahren: „Das Urteil belegt den barbarischen Charakter der chinesischen Regierung.“ Es basiere auf konstruierten Anschuldigungen, die mit der Realität nichts zu tun hätten und sei eine Schande auch für die Staaten, die mit der Volksrepublik Geschäfte machten. Die Gruppe forderte die USA auf, sich für die Freilassung Wangs einzusetzen, da alle Vorwürfe haltlos seien. Auch in Hongkong demonstrierten Menschenrechtsverfechter gegen die Verurteilung.

US-Präsident George W. Bush hatte Peking ursprünglich öffentlich davor gewarnt, unter dem Vorwand des „Kampfes gegen den Terrorismus“ Demokratieaktivisten und Angehörige nationaler Minderheiten zu verfolgen. Gleichzeitig setzte die US-Regierung die uigurische „Islamische Bewegung Ostturkestans“, die in der überwiegend moslemischen Nordwestregion Xinjiang (Sinkiang) operiert, auf die Liste „terroristischer Organisationen“, was in Peking große Genugtuung hervorrief.

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