Doch die hantige 80-Jährige im neuen Film von Regisseur Jerome Enrico (“Der Ursprung der Welt”) ist eine Kämpferin. Und als ihr eines Tages aus Zufall eine Haschplatte in die Hände fällt, steigt sie in den Drogenhandel ein – mit Erfolg. Am Freitag kommt die französische Komödie “Paulette” in die heimischen Kinos.
Paulette : Die Geschichte
Paulette (Bernadette Lafont) ist einsam, arm und frustriert seit dem Verlust ihres einstigen Restaurants und ihres Ehemanns Francis. Dass ihre Tochter (Axelle Laffont) mit dem charmanten schwarzen Polizisten Osman (Jean-Baptiste Anoumon) liiert ist, passt der Rassistin überhaupt nicht. Als ihr dann auch noch der Fernseher gepfändet wird, kommt es der Rentnerin gerade recht, dass in ihrer Nachbarschaft fleißig gedealt wird. Sie überredet den örtlichen Drogenboss Vito (Paco Boublard), ihr auf Kommission eine Platte Haschisch zu überlassen, die sie mühevoll mit dem Hackbeil in der heimischen Küche zerlegt.
Die rüstige Dame findet schnell ihren Kundenkreis, aber der Erfolg bringt Probleme mit sich. Paulette wird von rivalisierenden Dealern überfallen, muss ihre gute Ware mit selbstgeschmolzenen Autoreifen strecken. Die Lösung naht, als sie sich auf ihre alten Fähigkeit des Backens besinnt. Das Geschäft mit Space Cookies und Hasch-Madeleines in der kleinen Sozialbauwohnung boomt, sodass Paulette sogar ihre einzigen Freundinnen zur Unterstützung anheuern muss. Schließlich wird die Dame mit Geschäftssinn vom russischen Oberboss sogar zur Bezirksdealerin befördert – was sie dankend ablehnt, womit sie allerdings ihre Familie in Gefahr bringt und kämpfen muss.
Paulett: Die Kritik
“Paulette” reiht sich mit der Geschichte um darbende Senioren, die mit neuer Energie durchstarten, in Kinoerfolge der vergangenen Jahre wie “Calender Girls”, “Bis zum Horizont, dann links!” oder “Die Herbstzeitlosen” ein. Dass der Film dabei nicht in platte Klischees abgleitet, sondern immer liebenswert nahe bei seinen Figuren bleibt, ist eine der Stärken des Werks, was nicht zuletzt dem grandiosen Spiel von Bernadette Lafont zu verdanken ist, die zuletzt in Julie Delpys Regiearbeit “Familientreffen mit Hindernissen” zu sehen war.
Sie schafft die Gratwanderung, ihrem kleinen Enkel Leo ins Gesicht zu sagen, dass sie ihn nicht mag, weil er schwarz ist und dennoch beim Zuschauer Verständnis für ihre Situation zu evozieren. Dies ist zugleich ein Verdienst des Drehbuchs, das – lose auf einem realen Fall basierend – von Regisseur Enrico mit Studenten in einer Schreibwerkstatt entwickelt wurde. Richtig auch die Entscheidung, “Paulette” nicht im denkbaren Sozialbaustil mit Handkamera und grobkörniger Optik zu drehen, sondern das Haschmärchen in elaborierte Bilder zu verpacken, die durch Kamerafahrten, ein dezidiertes Farbkonzept und ungewohnte Einstellungen gespeist werden. Alles in allem ist “Paulette” somit im besten Sinne leicht verdauliche Sommerkost geworden, die dabei alles andere als leichte Themen verhandelt.
(APA)