Parteifinanzen: Rechnungshof kann in Zukunft Einblick nehmen

Im Streitfall entscheidet der VfGH. Ein eigener Bericht über Wahlkampfaufwendungen muss innerhalb von einem halben Jahr vorgelegt werden.

Spenden-Meldesystem
Transparenter werden soll das Spenden-Meldesystem. Namen (und Summen) der Geber genannt werden ab Zuwendungen von 500 Euro. Als Bagatellgrenze wird eine Zuwendung von maximal 150 Euro eingezogen. Zwischen 150 und 500 Euro werden Namen und Summen zwar dem Rechnungshof gemeldet, die Angaben werden aber nicht veröffentlicht.
Maurer sprach von "ganzjähriger Spendentransparenz". Sie nannte als Ziel, dass das Gesetz mit möglichst breiter Mehrheit beschlossen wird. Daher soll es auch mit der Opposition Verhandlungen geben. Deren Vertreter waren schon heute Vormittag über den Gesetzesentwurf informiert worden. Im Entwurf von ÖVP und Grünen, der der APA vorliegt, sind einige Verfassungsbestimmungen enthalten - dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit und damit die Zustimmung von FPÖ oder SPÖ notwendig.
Ottenschläger: Für Vorschläge anderer Parteien offen
Ottenschläger betonte, man sei für Vorschläge der anderen Parteien offen. "Wir wollen faire Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb aller politischen Parteien in unserem Lande schaffen", sagte er. Erweitert wird auch die Erfassung von den Parteien nahestehenden Organisationen.
Gespräche mit Rechnungshof-Präsidentin angekündigt
Laut Maurer beginnen nun die Verhandlungen, auch mit RH-Präsidentin Margit Kraker, die aufgrund der Verzögerung der Reform einen eigenen Gesetzesvorschlag erstellt hatte, werde man Gespräche führen. Die langjährige Forderung, die Kontrollen durch den RH auszubauen, komme nun jedenfalls. "Bisher musste er glauben, was die Parteien ihm sagen", so Maurer. Laut Ottenschläger wurde eine Vorgehensweise gewählt, die jener bei Steuerprüfungen durch das Finanzamt ähnlich sei.
Von der Neuordnung des Spendenmeldesystems erhoffen sich ÖVP und Grüne mehr Transparenz. Bei Einzelspenden von 500 bis zur Spendenverbotsgrenze von 7.500 Euro gelten die strengsten Regeln, hier müssen Namen und Summe quartalsweise an den RH übermittelt und veröffentlicht werden. Ob es exakt bei diesen Obergrenzen bleibt, ist noch offen - die 7.500 Euro Obergrenze wurde etwas aufgrund der aktuellen Gesetzeslage nämlich schon mehrfach auf inzwischen 7.719,08 Euro valorisiert.
Maurer: Verschärfung von Sanktionen
Was laut Maurer deutlich verschärft wird, sind die Sanktionen, etwa bei der Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze. Wo die ÖVP für den Nationalratswahlkampf 2017 rund 800.000 Euro Strafe zahlen musste, wären es jetzt 8 Mio Euro, sagte die grüne Klubchefin. Sanktionen sind auch für Personen vorgesehen, die den Rechenschaftsbericht einer Partei verfälschen. Wird dieser nicht übermittelt, können die Sanktionen bis zur Einbehaltung bzw. Einstellung der Parteienförderung gehen, sagte sie. Der noch ausständige Bericht der ÖVP für 2019 liegt laut Ottenschläger übrigens "seit einiger Zeit" bereits beim RH, sei wegen der Klärung offener Fragen aber noch nicht veröffentlicht.
Bis zum Sommer wollen die beiden Regierungsfraktionen das Gesetz fertig haben. Nicht inkludiert ist in der Regelung die Bundespräsidentenwahl. Laut Regierungsprogramm sollte auch diese von den neuen Regeln bezüglich RH-Prüfkompetenz und Obergrenzen für Wahlkampfkosten und Spenden erfasst sein. Man werde dies nachziehen, versprach Ottenschläger. Die heuer anstehende Wahl bereits einzubeziehen wäre aus seiner Sicht "sehr sportlich" gewesen.
Bewusst nicht eingegangen sei man auf den Wunsch des Rechnungshofs, die Mittelverwendung der Parteienförderung auf Zweckmäßigkeit zu prüfen - der RH wollte auch unterbinden, dass staatliche Förderungen zur Begleichung von Strafen für Wahlkampfkostenüberschreitungen oder die Annahme illegaler Spenden eingesetzt werden dürfen. Der Eindruck sei, dass auch die anderen Parteien hier skeptisch seien, meinte Ottenschläger. Man wolle einen fairen Wettbewerb gewährleisten, aber jede Partei solle selbst entscheiden können, wie sie mit ihren finanziellen Mitteln umgehe. Andere Punkte seien aber grundsätzlich erfasst, ergänzte Maurer.
Opposition äußerte sich positiv zu Parteienfinanzierung-Reformpläne
Grundsätzlich positiv haben sich die Oppositionsfraktionen SPÖ, FPÖ und NEOS am Montag zu den Reformplänen der türkis-grünen Koalition für die Parteienfinanzierung geäußert. Der Vorschlag war ihnen präsentiert worden, bevor ÖVP und Grüne damit am Montag an die Öffentlichkeit gingen. Bei aller Verbindlichkeit gab es aber auch Kritik, vor allem vonseiten der FPÖ.
SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried unterstrich nach dem Fraktionengespräch, dass seine Partei für Transparenz stehe. Es sei die Sozialdemokratie gewesen, die eine Obergrenze in der Parteienfinanzierung geschaffen habe. Nun stehe der nächste Schritt an, und man werde sich konstruktiv an dieser Diskussion beteiligen.
Befremdet zeigte sich Leichtfried allerdings davon, dass der Rechenschaftsbericht der ÖVP für 2019 noch nicht vorliege, gehe es im Regierungsvorhaben doch sehr intensiv um genau diese Berichte. "Das erscheint mir schon recht scheinheilig", meinte er, es müsse da wohl irgendwelche Probleme geben. Von ÖVP-Seite betonte Mandatar Andreas Ottenschläger umgehend, dass der Bericht dem Rechnungshof bereits vorliege, aber noch nicht veröffentlicht sei.
Kritik von FPÖ
Für die FPÖ kritisierte Generalsekretär Michael Schnedlitz, dass Transparenz sogar zurückgefahren werde. Derzeit seien etwa unter gewissen Voraussetzungen Sofortmeldungen von Spenden vorgesehen, dass solle hinkünftig entfallen. So könne etwa in Wahlkampfphasen die Spendentransparenz völlig zur Seite geschoben werden, meinte er.
Auch Umgehungsmöglichkeiten etwa für Personenkomitees, bei Inseraten von Ministerien oder bei Mitarbeitern in Ressorts sah er nicht konsequent angegangen. Und: "Dass die Bundespräsidentenwahl ausgenommen wurde, ist für uns absolut unverständlich", sagte Schnedlitz.
NEOS-Vizeklubchef Nikolaus Scherak äußerte sich positiver. Transparenz bei Parteifinanzen sei besonders wichtig, und was nun vorgeschlagen werde, sei jedenfalls eine Verbesserung gegenüber dem Status quo. Man werde den Vorschlag im Detail prüfen. Strengere Strafen seien wichtig. Die Erfahrung habe gezeigt, dass sich manche sonst nicht an die Regeln halten würden, sagte er.
Die Wiener Grünen haben unterdessen ähnliche Schritte auch für die Bundeshauptstadt gefordert. "Die Grünen haben sich immer für gläserne Parteikassen eingesetzt. Vorarlberg ging vor zwei Wochen voran, heute folgte ein Vorstoß auf Bundesebene, bei dem die Grünen viele Verbesserungen erreichen konnten. Jetzt muss auch Wien nachziehen", forderte Parteichef Peter Kraus. Verlangt werden unter anderem hohe Strafen bei der Überschreitung von Wahlkampfkosten. Auch Einschaurechte des Stadtrechnungshofs in Sachen Parteifinanzen sollen umgesetzt werden. Ein entsprechender Vorstoß wurde für die nächste Sitzung des Gemeinderats am Mittwoch angekündigt.
Vorschlag für neues Parteiengesetz vorgelegt
ÖVP und Grüne haben am Montag ihren Vorschlag für ein neues Parteiengesetz vorgelegt. Er bringt unter anderem erstmals Prüfrechte für den Rechnungshof und neue Spendenregeln. Wahlkampfkosten müssen künftig rascher und genauer offengelegt werden. Vorfeldorganisationen und Sozialpartner werden in die Transparenzregeln besser einbezogen. Die Reform braucht eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat und damit die Stimmen von SPÖ oder FPÖ. Ein Überblick:
PRÜFRECHTE in den Parteien selbst hat der Rechnungshof derzeit nicht. Sollte er Unregelmäßigkeiten in der Parteibilanz ("Rechenschaftsbericht") vermuten, kann er nur Wirtschaftsprüfer mit der Nachschau betrauen. Künftig soll der Rechnungshof laut dem Entwurf, der der APA vorliegt, einem "begründeten Verdacht" auf Verletzung des Parteiengesetzes selbst nachgehen dürfen. Allerdings muss er der Partei vorher Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Im Zweifelsfall soll der Verfassungsgerichtshof entscheiden, ob der Rechnungshof wirklich prüfen darf. Der Rechnungshof selbst hatte deutlich weiter reichende Prüfrechte vorgeschlagen (nämlich die Prüfung der Verwendung der Parteienförderung). Dem sind ÖVP und Grüne soweit bisher bekannt nicht gefolgt.
Parteien sollen Vermögen offenlegen
VERMÖGEN und SCHULDEN sollen die Parteien künftig offenlegen. Dazu sollen sie im Rechenschaftsbericht sowohl ihre Aktiva auflisten (also Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Finanzanlagen und Guthaben oder Forderungen) als auch ihre Passiva (also Schulden und Rückstellungen). Die Landesorganisationen müssen deutlich weniger melden (nämlich nur Immobilien und Schulden über 50.000 Euro). Nicht offenlegen sollen die Parteien, bei wem sie ihre Schulden haben. Dies soll nur der Rechnungshof erfahren.
EINNAHMEN und AUSGABEN werden künftig ebenfalls detaillierter veröffentlicht - nämlich bis hinunter auf die Bezirks- und Gemeindeorganisationen.
Veröffentlichung von Wahlkampfkosten
WAHLKAMPFKOSTEN sollen die Parteien künftig spätestens sechs Monate nach der Wahl veröffentlichen - und zwar über einen eigenen "Wahlwerbungsbericht". Darin sollen die Parteien nicht nur auflisten, ob sie die Wahlkampfkostengrenze (derzeit 7,2 Mio. Euro) eingehalten haben. Anders als bisher sollen sie auch ihre Wahlkampfausgaben aufschlüsseln - also die Ausgaben für Werbung und Inserate, Agenturen inklusive Meinungsforschung, zusätzliches Personal und Wahlveranstaltungen. Erfasst werden sollen auch alle Teil- und Vorfeldorganisationen sowie Personenkomitees. Auch die Sozialpartner sollen über den laufenden Betrieb hinausgehende Wahlwerbungsausgaben offenlegen.
SANKTIONEN bei Verstößen werden verschärft. Gibt eine Parlamentspartei ihren Wahlkampfbericht oder den Rechenschaftsbericht nicht ab, soll sie bis zu 50.000 Euro bezahlen. In weiterer Folge könnte (wie schon bisher möglich) auch die Parteienförderung einbehalten werden. Überschreitungen der Wahlkampfkostengrenze sollen deutlich teurer werden (bis zum zweifachen der überhöhten Ausgaben). Parteien, die weder im Nationalrat, noch in Landtagen oder im EU-Parlament vertreten sind, trifft die Rechenschaftspflicht aber nicht mehr.
Neuregelung der Parteispenden
PARTEISPENDEN werden nach der Reform 2019 noch einmal neu geregelt: Die namentliche Nennung der Spender ist schon ab 500 Euro vorgesehen (bisher 2.573 Euro) - und zwar vierteljährlich. Anonyme Spenden sind nur noch bis 150 Euro zulässig (bisher 515 Euro). Im Gegenzug werden Spenden bis zu dieser Bagatellgrenze von 150 Euro nicht in die Obergrenze von maximal 772.000 Euro pro Jahr und Partei einberechnet. Bisher waren nur Zuwendungen bis 100 Euro bei "lokalpolitisch üblichen Veranstaltungen" ausgenommen. Einzelspenden über 7.720 Euro bleiben generell verboten.
Etwas verschärft werden die Regeln für die Veröffentlichung von Mitgliedsbeiträgen (ab 5.000 statt bisher 7.500) sowie Sponsorings (ab 7.500 statt bisher 12.350).
PARTEIENFÖRDERUNG wird von der Kann- zur Muss-Bestimmung. Damit wird per Verfassungsbestimmung fixiert, dass Bund und Länder die Parteien finanziell unterstützen müssen. Die Gemeinden dürfen das freiwillig tun. Auf Bundesebene wurden zuletzt knapp fünf Euro pro Wahlberechtigtem ausgeschüttet, in den Ländern teils deutlich mehr.
Teilweise Schließung von Gesetzeslücken
GESETZESLÜCKEN werden teilweise geschlossen. So konnten Vorfeldorganisationen der Parteien die Transparenzregeln teilweise umschiffen, wenn sie sich formal von der Partei trennten. Dazu hat beispielsweise die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) einen zusätzlichen Verein zwischen sich und die SPÖ geschalten. Dies wollen ÖVP und Grüne nun erschweren, indem sie den Begriff der parteinahen Organisation weiter fassen. Auch ein Schlupfloch für die Spendentransparenz in Parteizeitungen wird geschlossen. Diese gilt bisher nur, wenn die Partei selbst ein Medium herausgibt. Künftig gilt die Offenlegung von Inseraten über 2.500 Euro auch, wenn das Medium von einer parteinahen Organisation, einem Abgeordneten oder einem Kandidaten herausgegeben wird.
Parteienfinanzierungs-Reform begrüßt
Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker begrüßt die von den Koalitionsparteien vorgelegte Reform der Parteienfinanzierung. In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA sprach sie von einem "wichtigen Schritt für mehr Transparenz und Kontrolle". Gleichzeitig äußerte sie die Hoffnung, dass auch die Oppositionsparteien diese Reform mittragen.
"Die Einigung der Regierungsparteien zur Reform des Parteiengesetzes ist ein wichtiger Schritt für mehr Transparenz und Kontrolle", teilte Kraker mit. "Der Rechnungshof soll unter anderem echte Prüf- und Einsichtsrechte in die Parteifinanzen erhalten. Darauf habe ich nachhaltig gedrängt", erinnerte die Präsidentin, die im vergangenen Herbst selbst einen Gesetzesentwurf ausarbeiten hatte lassen. Sie zeigte sich überzeugt davon, "dass es im demokratischen Wettbewerb klare Spielregeln geben muss. Und, dass die Einhaltung dieser Spielregeln vom Rechnungshof wirksam kontrolliert werden muss."
Rechnungshof-Präsidentin für "zügige Beratungen"
Kraker wünscht sich nun "zügige Beratungen" des Parlaments, um diesen Gesetzesvorschlag in die Tat umzusetzen. Und: "Ich hoffe sehr, dass auch die Oppositionsparteien diesen Reformschritt mittragen können. Wir brauchen eine neue Transparenzkultur in Österreich", betonte die RH-Präsidentin.
Die Regierungsparteien waren mit der Reform derartig in Verzug gewesen, dass sich Kraker vergangenen Herbst zu dem ungewöhnlichen Schritt veranlasst sah, einen eigenen, vom RH ausgearbeiteten Entwurf zu präsentieren. Dieser ging über das Regierungsprogramm hinaus: So schlug der RH etwa eine Zweckwidmung der Parteienförderung vor, die unter anderem das Bezahlen von Strafen daraus ausschließen sollte, sowie die Prüfung der zweckgemäßen Verwendung der Parteienförderung durch den Rechnungshof. Dem sind ÖVP und Grüne bisher nicht gefolgt.
(APA/Red)