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Parmalat-Pleite

Der Gründer der insolventen Parmalat, Calisto Tanzi, setzt die Banken unter Druck: Die Gläubigerbanken seien schon Wochen vor dem Zusammenbruch über die Finanzprobleme informiert worden.

Die Banken hätten ihm dann trotzdem bei der Rückzahlung einer  fälligen Anleihe geholfen, erklärte der 65-jährige Grossunternehmer  den Ermittlern nach Angaben der Zeitung „Corriere della Sera“ vom  Samstag.

Wie die Zeitung unter Berufung auf Ermittlungsakten weiter  berichtete, soll Parmalat-Rechtsanwalt Gian Paolo Zini die Deutsche  Bank bereits Anfang November letzten Jahres um Hilfe gebeten haben.

Tanzi äusserte sich überdies zu den italienischen Managern der  Buchprüfungsgesellschaften Grant Thornton und Deloitte©&©Touche,  die wegen der Parmalat-Pleite stark in Bedrängnis geraten sind: Bei  der Prüfung der Bilanzen hätten diese eine gewisse Nachsicht walten  lassen.
 Hilfe von den Cayman-Inseln

Die Staatsanwälte von Mailand und Parma begannen inzwischen auch  mit der Überprüfung der rund hundert Off-shore-Gesellschaften, die  Parmalat in Steuerparadiesen gegründet hatte.

So lieferten die Cayman-Inseln den Ermittlern eine Liste von  acht Gesellschaften, die Tanzi angeblich als Tarnung für dunkle  Geschäfte gegründet hatte. Auch die Antillen und Luxemburg  erklärten sich zur Kooperation mit den Staatsanwälten bereit.

Die italienische Justiz hatte am Freitag die Konten mehrerer  Verdächtiger gesperrt, wie ein Justizbeamter bekannt gab. Dutzende  Millionen Euro seien eingefroren worden.
 Bonici bestreitet Beteiligung

Der am Freitag verhaftete Chef von Parmalat Venezuela, Giovanni  Bonici, bleibt weiterhin in Untersuchungshaft. Dies entschied ein  Untersuchungsrichter in Parma, nachdem er Bonici am Samstag mehrere  Stunden lang vernommen hatte.

Der Richter befürchtet, dass Bonici flüchten oder wichtige  Beweise vernichten könnte. Bonici hatte sich am Freitag gestellt.  Bei der Vernehmung habe er eine Verwicklung in Betrügereien  bestritten, sagte sein Anwalt.

Bonici habe Dokumente unterzeichnet, die er aus der Zentrale in  Parma erhalten habe. Von Bilanzfälschungen und Betrügereinen habe  er aber nichts gewusst, so der Anwalt. Die Ermittler vermuten, dass  die Lateinamerika-Geschäfte von Parmalat ein wichtiger Bestandteil  des Systems zur Verschleierung von Unternehmensverlusten war.
 Bank of America im Visier

Unter Beschuss steht auch die Bank of America, deren Mailänder  Sitz am Freitag zehn Stunden lang durchsucht worden war. Die Bank  steht im Verdacht, Bilanzfälschungen und Veruntreuung von Geldern  begünstigt zu haben.

Die Bank hatte den Skandal um Parmalat im Dezember auffliegen  lassen, als sie Dokument des Milchkonzerns über ein angebliches  Guthaben von 3,95 Mrd. Euro offen als Fälschung bezeichnet hatte.

Die Bank of America hatte damals versichert, dass sie keine  Geschäftsbeziehungen mit Parmalat und deren skandalumwitterter  Tochtergesellschaft Bonlat auf den Cayman-Inseln unterhalte. Die  Ermittler sind aber überzeugt davon, dass die Bank Kredite von bis  zu 700 Mio. Euro an Parmalat vergeben habe.

Schlüsselfigur in dieser undurchsichtigen Geschichte ist der  ebenfalls festgenommene Ex-Funktionär der Bank of America in  Italien, Luca Sala. Dieser hatte die Bank letztes Jahr verlassen  und sich in Tanzis Dienst gestellt.

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