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Parmalat - Bereits 25.000 Anzeigen

Das „Volk der Parmalat-Bonds", wie italienische Medien die geprellten Anleger des insolventen italienischen Nahrungsmittelriesen gern nennen, greifen zur Initiative.

Bei den Mailänder Staatsanwälten, die rund um die Insolvenz des Milchkonzerns ermitteln, ist bisher eine Rekordzahl von 25.000 Anzeigen geprellter Investoren gegen die inhaftierten Manager des Konzerns eingereicht wurden.

Die Webseite procura milano giustizia wurde von Anzeigen Hunderter teilweise verzweifelter und wütender Kleinanleger überschwemmt, die in Parmalat-Bonds oft einen Großteil ihrer Ersparnisse angelegt hatten. Schätzungen wurden rund 100.000 Investoren durch die Parmalat-Insolvenz geschädigt. Auch eine Sammelklage gegen den inhaftierten Parmalat-Firmengründer Cliasto Tanzi wurde am Wochenende in die Wege geleitet.

Der mit der Parmalat-Sanierung beauftragte Insolvenzkommissar, Enrico Bondi, wird voraussichtlich nicht vor Ende Februar der Regierung einen Überblick der finanziellen Lage des Milchmultis vorlegen können, hieß es aus Kreisen um den Manager. Nachdem er im Dezember von der Regierung mit der Parmalat-Rettung beauftragt worden war, hatte Bondi versprochen, bis Ende Jänner seinen Sanierungsplan für den Lebensmittelkonzern vorzustellen. Die Lage des Konzerns ist jedoch komplizierter als erwartet.

Bis Anfang Februar dürfte der Manager nicht mehr als eine reine Auflistung der Aktiva und Passiva des insolventen Konzerns in den Händen haben. Bondi hatte beim Konzern mit Aktiva von mindestens 4,2 Mrd. Euro gerechnet, die jedoch nicht vorhanden sind, hieß es in Kreisen um das neue Management der Gruppe. Bondi hat sechs Monate Zeit, um der Regierung einen Sanierungsplan vorzulegen, der das Unternehmen vor dem Konkurs retten soll.

Die düstere Parmalat-Lage wird am morgigen Dienstag auch die EU-Finanzminister beschäftigen. Italiens Wirtschaftsminister Giulio Tremonti will nämlich den Ecofin-Kollegen in Brüssel über den Stand des Konzerns informieren. Der Sprecher von EU-Binnenkommissar, Fritz Bolkenstein, Jonathan Todd, berichtete, man wolle Pläne zur Verbesserung der Bilanzkontrollen von Privatunternehmen beschleunigen, berichteten italienische Medien.

Der angesehene italienische Steuerexperte, Viktor Uckmar, forderte indes strenge Maßnahmen zur Vorbeugung weiterer Betrugsfälle im Wirtschaftsbereich. Im Interview mit der Turiner Tageszeitung „La Stampa” (Montag-Ausgabe) meinte Uckmar, Italien sollte die Einrichtung von Off Shore-Gesellschaften in Steueroasen verbieten. „Zumindest börsenotierten Unternehmen sollte der Besitz von Gesellschaften in Steuerparadiesen verboten sein. Keine Gesellschaft mit Sitz in einem Steuerparadies handelt auf korrekte Weise. Im harmlosesten Fall hinterzieht die Gesellschaft Steuer”, so Uckmar.

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