FPÖ und SPÖ lieferten sich harte Gefechte, auch Grüne und in geringerem Ausmaß ÖVP und BZÖ grenzten sich von den Freiheitlichen ab, die sich zuletzt mit Vorwürfen des Antisemitismus konfrontiert sahen.
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sah hingegen kein Problem darin, dass seine Partei in Inseraten vor einem israelischen EU-Beitritt warnt. Immerhin habe Außenminister Avigdor Lieberman solch ein Anliegen schon kundgetan. Die Sorge der FPÖ sei bloß, dass Österreich in den Nahost-Konflikt gezogen werde. Den Freiheitlichen Antisemitismus vorzuwerfen, sei eine “ungeheuerliche Frechheit”, meinte der jüngst von Kanzler Werner Faymann (S) als “Hassprediger” bezeichnete Strache, der seinerseits den Regierungschef “Rumpelstilzchen” taufte. Generalsekretär Herbert Kickl verwies darauf, dass die FPÖ heute noch der beschleunigten Auszahlung der NS-Entschädigungen zustimmen werde.
Die SPÖ war von den Ausführungen der Freiheitlichen alles andere als überzeugt. Faymann ließ Straches Ausführungen gleich gar nicht gelten und antwortete mit Spott: “Hoffentlich lernen Sie niemanden kennen, der will, dass China beitritt, sonst müssen Sie uns vor den Chinesen schützen.” SP-Klubobmann Josef Cap warb für eine offensive Verurteilung jeglicher nationalsozialistischer oder extremistischer Aktivitäten. Es müsse immer wieder ins Bewusstsein gerückt werden, dass es die Zeit vor 1945 nie mehr wieder geben dürfe.
Dort setzte auch Vizekanzler Josef Pröll (V) an, freilich ohne die FPÖ direkt zu nennen. Der Finanzminister erinnerte an die letzte große Wirtschaftskrise vor dem Zweiten Weltkrieg, wo Emotionen geschürt und Feindbilder geschaffen worden seien. Die Folge des gegeneinander Hetzens sei die bitterste Zeit für Europa gewesen. Das Inserat bezüglich Israels angeblichem Beitrittswunsch zur Union bezeichnete der VP-Chef als “kompletten Nonsens”.
Die Grünen unterstellten Straches Rede eine “ihm auf den Leib geschriebenen Perfidie”. Wer “neonazistische Umtriebe” wie in Ebensee als Lausbubenstreiche bezeichne, der mache sich in Wahrheit “zum Ziehvater dieser Geisteshaltung”, betonte der stellvertretende Klubobmann Werner Kogler. Der Vorarlberger Harald Walser bezeichnete die FPÖ als “antisemitische Partei”. BZÖ-Obmann Josef Bucher forderte, die Debatte über “verwerfliche Inserate” besser anderswo als im Hohen Haus abzuführen.
Das eigentliche Thema der Sitzung, das 68 Gesetze betreffende Budgetbegleitgesetz, war in den öffentlichen Reden meist nur am Rande ein Thema, in den Gesprächen vor der Tür zum Plenarsaal wurde aber einiges an Unruhe deutlich. Denn die ÖVP-regierten Bundesländer Oberösterreich und Vorarlberg kündigten eine Verfassungsklage gegen das Kassenpaket an, fühlen sie sich doch mit ihren erfolgreich wirtschaftenden Gebietskrankenkassen finanziell bei der Verteilung der Zuschüsse benachteiligt und erkennen hier eine Verfassungswidrigkeit.
Das wiederum könnte in den Abendstunden zu einer ziemlich delikaten Abstimmung führen. Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber (V) kündigte bereits an, dass “seine” Abgeordnete Anna Franz dem Gesetzeswerk die Zustimmung verweigern werde. Und auch seitens der oberösterreichischen VP-Abgeordneten regt sich Widerstand. “Wir haben dem Klubobmann mitgeteilt, wenn es nicht noch eine Änderung gibt, kann es sein, dass alle dagegen stimmen”, sagte der Vorsitzende des Budgetausschusses Jakob Auer der APA. Insgesamt ist die oberösterreichische ÖVP mit neun Abgeordneten vertreten.
Neben dem Kassenpaket enthält das Budgetbegleitgesetz unter anderem das abgespeckte Lehrerpaket, das im wesentlichen die Kürzung einiger Zulagen bringt. Das Justizentlastungspaket enthält eine Verkleinerung der Schöffensenate, eine Erhöhung der Gerichtsgebühren und höhere Tagsätze für Geldstrafen. Ferner wird das Entschädigungsfondsgesetz beschlossen, das sicher stellt, dass schon bald mit der Auszahlung der restlichen Mittel des Fonds an die Antragsteller begonnen werden kann. Das Passgesetz wird insofern erneuert, als Pässe für Kinder mit einem elektronischen Chip, aber ohne Fingerabdrücke ausgestattet werden. Die ermäßigte Gebühr für den Kinderpass soll 30 Euro betragen.
Am späteren Abend werden im Plenum nur noch kleinere Materien behandelt. Vermutlich noch am meisten Interesse bringt die Aufhebung der Immunität von BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner. Das Ersuchen kam von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Petzner soll als Pressesprecher des verstorbenen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider sensible Daten aus einem Staatsbürgerschafts-Akt veröffentlicht haben.
Die eigentliche Budgetdebatte startet dann am Dienstag mit einer Globaldebatte. Die einzelnen Kapitel werden in der kommenden Woche in vier Sitzungen nochmals analysiert, ehe es zur Schlussabstimmung kommt.