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Papst wie ein Popstar gefeiert

Mit Tränen in den Augen jubeln 17-jährige Mädchen dem Papst zu. Beim Weltjugendtreffen in Kanada herrscht eine ausgelassene Stimmung wie bei einem grossen Popereignis.

Und auch der 82-Jährige Heilige Vater scheint aus der Begegnung mit der katholischen Jugend neue Kraft zu schöpfen. Mit zuletzt selten von ihm erlebter Festigkeit winkt er der jubelnden Menschenmenge zu.

Er sei zwar „reich an Jahren, aber immer noch jung im Herzen“, versichert Johannes Paul mit klarer Stimme. Seine Botschaft gegen Oberflächlichkeit und für ein bewusstes Leben im christlichen Glauben kommt bei den 205.000 registrierten Teilnehmern an. „Im Leben geht es nicht nur um Materielles“, sagt der 24 Jahre alte Jacek Spendel aus der polnische Gemeinde in Köln – dort soll es 2005 das nächste Weltjugendtreffen der katholischen Kirche geben. Und Mateusz Slanica findet: „In seinem Denken ist er sehr jung. Alles, was er sagt, ist richtig und aktuell.“

Als das Papamobil auf dem Messegelände von Toronto an der Menge vorbei zur Bühne fährt, singen die Teilnehmer des Weltjugendtags „J-P Two, We Love You“. (Johannes Paul II., wir lieben Dich). Und eine Gruppe von jungen Leuten empfängt ihn mit der Queen-Hymne „We Will Rock You“ und dem eigenen Text: „You’ve got love on your face / Preachin’ God’s all over the place“ (Dir steht die Liebe im Gesicht geschrieben, und überall wird von Gott gepredigt).

Allzeit zum frommen Bekenntnis bereit sind die Teilnehmer, bis hin zu T-Shirt-Botschaften wie „Pray Hard“ (Feste Beten) oder „God Squad“ (Kommando Gottes). Die ersten kamen schon viele Stunden vor Beginn auf das Gelände, mit Fahnen für die insgesamt 170 Herkunftsländer. Eine Anreise von 28 Stunden hat der 20-jährige Eldon Derjacques hinter sich; Er ist von den Seychellen im Indischen Ozean nach Toronto gekommen, um den Papst zu hören, und er ist sicher, nicht enttäuscht zu werden. „Er weiss, was die Jugend von ihm hören will.“

In ihren Gesprächen untereinander geht es allerdings oft um Probleme der Kirche, die Johannes Paul zumindest am Donnerstag nicht öffentlich anspricht – die jüngsten Skandale um den sexuellen Missbrauch anvertrauter Kinder, das nachlassende Interesse am regelmässigen Besuch der Messe oder die Priesterweihe von Frauen. Aber den meisten Teilnehmern scheint weniger an radikalen Reformen gelegen zu sein als an einer Rückbesinnung auf die Tradition.

Ein Hauch von Abschiedsstimmung mischt sich in die Fröhlichkeit; vielen ist bewusst, dass der Weltjugendtag wohl ihre letzte Möglichkeit ist, Johannes Paul zu sehen. „Er ist der einzige Papst, den wir je gekannt haben“, sagt die 17-jährige Jessie Borries aus Port Angeles im Nordwesten der USA. „Ihn zu verlieren wird so sein, als ob man jemand aus der Familie verliert.“

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