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Papst schickt "Krisenminister" nach Bagdad

Der Papst hat seinen „Krisenminister“, den französischen Kurienkardinal Roger Etchegaray, zu einer Sondermission nach Bagdad entsandt.

Der 80-Jährige soll der irakischen Führung das Friedensbemühen des Papstes und der Kirchenleitung deutlich machen. Etchegaray soll Saddam Hussein und seinen Gefolgsleuten noch einmal ernsthaft ins Gewissen reden und sie zur internationalen Zusammenarbeit motivieren – auf der Grundlage von Gerechtigkeit und internationalem Recht, und zum Frieden für ihre Landsleute, so Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls am Sonntag. In Bagdad werde der Kardinal auch eine persönliche Botschaft von Johannes Paul II. an Saddam Hussein überreichen, hieß es in Kirchenkreisen.

Seit Wochen rätselte man in Rom über eine „spektakuläre Geste“ des Heiligen Stuhls. Noch am Samstag dementierten der Vatikan und auch Etchegaray ein konkretes Projekt, sprachen nur von vagen Ideen. Man wolle erst den Besuch der irakischen „Nummer Zwei“, Vize-Premier Tarek Aziz, kommenden Freitag beim Papst abwarten, hieß es. Aber offenbar drängte die Zeit, und für eine terminlich optimierte Reise-Diplomatie in mehreren Etappen schien es dem Vatikan wohl zu spät. Dazu passen unbestätigte Pressemeldungen, dass am 18. Februar, vier Tage nach dem Besuch von Aziz, auch UNO-Generalsekretär Kofi Annan im Vatikan erwartet wird.

Etchegaray gilt im Vatikan als Spitzenmann für Krisenmissionen. Als früherer Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden („Iustitia et Pax“) war er in päpstlichem Auftrag in fast allen „heißen“ Weltregionen. Im vergangenen Mai vermittelte er – mit geringem Erfolg – bei der Besetzung der Geburtskirche von Bethlehem. Den Irak kennt er von zwei früheren Besuchen: 1985 zu Zeiten des ersten Golfkriegs gegen den Iran, und Mitte 1998, als er die Möglichkeiten einer Papst-Pilgerreise auf den Spuren Abrahams nach Ur sondieren sollte. Damals winkte Saddam Hussein ab. Die jetzige Reise ist für den Vatikan ein letzter Versuch, um moralischen Druck auf den Irak auszuüben.

Von Verlauf und Ergebnis der Etchegaray-Mission wird dann auch die Papstaudienz für Aziz abhängen – und die weitere diplomatische Aktivität des Vatikans. Denn in den letzten Wochen hatten sich Papst und Heiliger Stuhl mit einem Crescendo von diplomatischen Initiativen und Appellen bemüht, einen drohenden Irak-Krieg zu verhindern. Dazu gehörte vergangenen Freitag die Papstaudienz für den deutschen Außenminister Joschka Fischer. Dazu gehörten aber auch die immer beschwörender werdenden Friedensappelle des Papstes: „Der Krieg ist nicht unvermeidbar“, betonte er jetzt neuerlich anlässlich des 35-jährigen Bestehens der Gemeinschaft Sant’Egidio. Alle seien zur Erhaltung des Friedens verpflichtet, wandte er sich an Irak, USA und UNO, und nahm dabei sich selbst und die Kirche auch mit in die Pflicht.

„Wir dürfen nicht resignieren“, titelte am Sonntag die Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“. Und beim Angelus-Gebet am Sonntag appellierte Johannes Paul II. an alle Christen, für den Frieden zu beten und zu arbeiten. Letztlich sei Frieden immer ein Geschenk Gottes, und nur ein „Eingriff von oben“ könne der Menschheit Zukunftshoffnung inmitten der heutigen Schwierigkeiten geben.

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