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Papst ruft zu Frieden und Versöhnung auf

Papst Benedikt XVI. hat in London den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche mit klaren Worten als ein "unbeschreibliches Verbrechen" verurteilt.

Er betete auf seinem viertägigen Staatsbesuch in Großbritannien gemeinsam mit Betroffenen und versprach erneut, wirksame Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor Missbrauch zu ergreifen. Zum Schluss seiner Reise rief Benedikt am Sonntag bei einer Messe in Birmingham in Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs zu Frieden und Versöhnung in aller Welt auf.

Benedikt sprach in Birmingham Kardinal John Henry Newman (1801-1890) selig, der vor allem auch wegen seines akademischen, literarischen und sozialen Wirkens von Anglikanern und Katholiken gleichermaßen verehrt wird. Er war von der anglikanischen Kirche zum Katholizismus übergetreten. Erstmals nahm Benedikt persönlich eine Seligsprechung vor, was seine Wertschätzung für Newman zeigt. Der Vatikan wollte dies nicht als Affront gegenüber den Anglikanern gewertet wissen, sondern als ein die Kirchen verbindendes Moment.

In seiner Predigt am Samstag in der Londoner Westminster Kathedrale sprach der Papst von dem ungeheuren Leiden, “das durch den Missbrauch von Kindern verursacht wurde, besonders, wenn es in der Kirche und durch ihre Diener geschah”. Gemeinsam mit den unschuldigen Opfern gestehe er Beschämung und Demütigung ein, “unter der wir alle wegen der Sünden einer geringen Zahl von Priestern gelitten haben”.

Papstkritiker im großteils atheistisch geprägten Großbritannien hatten im Vorfeld des Besuches vor allem die Rolle des Papstes im Missbrauchsskandal angeprangert. Etwa 10.000 Papstgegner zogen am Samstag durch die Straßen der Londoner Innenstadt. Aus Transparenten bezeichneten sie den Papst unter anderem als “Boss der größten Missbrauchsgang der Welt”. Auch der Umgang des Vatikans mit Frauenrechten sowie mit der Stellung Homosexueller in der christlichen Gesellschaft waren Kritikpunkte der Papst-Gegner.

Benedikt kam auch auf das schwierige Verhältnis von weitgehend säkularer Gesellschaft und katholischer Kirche in Großbritannien zu sprechen. “Das Vereinigte Königreich strebt danach, eine moderne und multikulturelle Gesellschaft zu sein”, sagte er zum Auftakt seiner Reise im schottischen Glasgow. “Bei diesem interessanten Unternehmen möge es stets seinen Respekt vor jenen traditionellen Werten und kulturellen Ausdrucksformen bewahren, die von aggressiveren Formen des Säkularismus nicht länger für wichtig erachtet oder nicht einmal mehr toleriert werden.” Premierminister David Cameron sagte, die Religion sei keine Bedrohung für die britische Gesellschaft, sie leiste vielmehr einen Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs.

Bei einer Open-Air-Messe im Cofton-Park von Birmingham erinnerte Benedikt am Sonntag an die von den Nazis eröffnete Luftschlacht um England vor 70 Jahren. Mehrere zehntausend Menschen waren trotz Regenwetters gekommen. “Wir erneuern unseren Entschluss, für Frieden und Versöhnung zu arbeiten, wo immer die Gefahr eines Krieges sich bedrohlich abzeichnet”, rief das Kirchenoberhaupt den Gläubigen zu.

“70 Jahre danach erinnern wir uns beschämt und entsetzt an den furchtbaren Preis von Tod und Zerstörung, den der Krieg fordert”, fuhr Benedikt mit Blick auf die Luftschlacht von Coventry 1940 mit mehr als 500 Toten fort. Für jemanden, der in den dunklen Tagen des Nazi-Regimes in Deutschland gelebt und gelitten habe, sei es sehr bewegend, “daran zu erinnern, wie viele eurer Mitbürger ihr Leben hingegeben haben, indem sie sich mutig den Kräften jener üblen Ideologie widersetzten.”

Benedikt war bereits am Freitag mit dem geistlichen Oberhaupt der anglikanischen Church of England, dem Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, zusammengekommen. Die Anglikaner hatten sich im 16. Jahrhundert unter König Heinrich VIII. von Rom losgesagt. Queen Elizabeth II. hatte ihn als Staatsgast begrüßt. Der Pontifex sprach auch mit Premierminister David Cameron, dessen Stellvertreter Nick Clegg und Oppositionsführerin Harriet Harman.

Ein Terroralarm während des Papstbesuches, in dessen Zuge sechs Verdächtige festgenommen worden waren, hat sich als unbegründet erwiesen. Die sechs Männer im Alter zwischen 26 und 50 Jahren sind wieder auf freiem Fuß. Die Straßenkehrer hatten in ihrer Kantine lediglich scherzhaft über einen “Anschlag” auf den Papst gesprochen.

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