Panama-Leaks: Isländischer Regierungschef tritt zurück
Ob die Regierung bis zu den nächsten regulären Parlamentswahlen 2017 fortbestehen kann, blieb aber vorerst unklar. Gunnlaugsson hatte den isländischen Präsidenten Olafur Ragnar Grimsson am Dienstag zunächst um Erlaubnis gebeten, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Grimsson wollte diese aber nicht ohne Absprache mit der Unabhängigkeitspartei, Gunnlaugssons Regierungspartner, erteilen.
Deren Chef Bjarni Benediktsson sagte isländischen Medien nach einem Treffen mit dem Präsidenten am Dienstagabend, er wolle an der Zusammenarbeit mit der Fortschrittspartei festhalten und die Situation mit Johannsson diskutieren. Er habe keine Ambitionen, selbst Ministerpräsident zu werden. “Das hier wird heute nicht zu Ende sein”, sagte Benediktsson. “Die nächsten Tage werden wir dazu nutzen, zu sehen, wie die Regierung sich verändern wird.” Es könne weiter sein, dass vor dem regulären Termin neu gewählt werden müsse.
Die “Panama Papers” sollen Informationen über eine Offshore-Firma auf den Britischen Jungferninseln enthalten, die Gunnlaugssons Frau gehört. Der Isländer wurde demnach 2007 gemeinsam mit seiner späteren Frau Anteilseigner der Firma namens Wintris, in die Millionen geflossen sein sollen. Ende 2009 soll er seine 50 Prozent Anteile an der Firma für einen Dollar an seine Partnerin verkauft haben.
Von einem Journalisten auf das Thema angesprochen, brach er ein am Sonntagabend im isländischen Fernsehen ausgestrahltes Interview ab. Die Opposition stellte daraufhin einen Misstrauensantrag. Außerdem hatten am Montagabend nach Polizeiangaben 12.000 Isländer gegen Gunnlaugsson protestiert. Für Dienstagabend waren weitere Proteste geplant. Gunnlaugsson bestreitet die Vorwürfe. Ermittelt wird gegen ihn bisher nicht.
Gunnlaugsson ist das erste hochkarätige politische Opfer der “Panama Papers”-Enthüllungen, die Politiker, Unternehmer und Prominente rund um den Globus massiv unter Druck gebracht haben. Der “Süddeutschen Zeitung” zufolge finden sich in den elf Millionen Dokumenten rund 130 Politiker, darunter amtierende und ehemalige Staats- und Regierungschefs.
Auf den Kundenlisten der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca findet sich auch Argentiniens Präsident Mauricio Macri, der den Verdacht zurückwies, er habe eine Scheinfirma betrieben. In der Ukraine kündigte der Fiskus an, die Finanzen von Präsident Petro Poroschenko zu prüfen. Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch schon signalisiert, sie könne anhand der “Panama-Papers” kein Fehlverhalten sehen.
Der britische Premier David Cameron musste sich wegen Offshore-Aktivitäten seines verstorbenen Vaters verteidigen. Der Premier beteuerte, er besitze keine Konten oder Anteile in Steueroasen. Ein Sprecher versicherte später, Cameron, seine Frau und Kinder profitierten von keinen Offshore-Fonds. Die linke Opposition forderte Cameron auf, stärker gegen Steuerhinterziehung in britischen Territorien wie den Virgin Islands, Cayman Islands oder den Kanal-Inseln vorzugehen.
In Ungarn legte der frühere Schatzmeister der heute oppositionellen Sozialisten, Laszlo Boldvai, alle Parteiämter nieder, weil seine Frau laut den “Panama Papers” über zwei nicht deklarierte Offshore-Firmen auf der Pazifikinsel Samoa und ein Konto in Zürich verfügte.
Verwandte des chinesischen Präsidenten Xi und anderer aktueller oder früherer Spitzenpolitiker des Landes finden sich der “Süddeutschen Zeitung” zufolge ebenfalls in den Daten. Außenamtssprecher Hing Lei sprach von “grundlosen Anschuldigungen”.
In Österreich waren die Wiener Stadtzeitung “Falter” und der ORF an den Enthüllungen beteiligt, in den Fokus gerieten die Raiffeisen Bank International (RBI), die Vorarlberger Hypo sowie der verstorbene frühere kasachische Botschafter in Wien, Rakhat Aliyev, der über Steueroasen Millionengelder nach Wien gebracht habe. In Österreich betonten Spitzenpolitiker, dass die heimischen Regelungen gegen Geldwäsche und Steuerbetrug ohnehin schon streng seien. Allerdings müsse der Datenaustausch international verbessert werden.
Die umstrittene Kanzlei Mossack Fonseca bestritt illegale Geschäfte. “Wir haben keine Angst – wir haben nichts Schlechtes getan”, sagte Mitgründer Ramon Fonseca Mora der “Financial Times” und sprach von einer “Hexenjagd”. Er rechne nicht damit, dass die Veröffentlichungen auch nur ein rechtliches Verfahren auslösen würden. “Wir haben mehr als 250 000 Firmen eröffnet. (…) Unsere Standards sind sehr hoch.” (APA)