ÖVP und NEOS kritisieren FPÖ in Fall Egisto Ott

Die ÖVP und NEOS richteten am Donnerstag ihre Kritik hauptsächlich gegen die FPÖ. Zur Thematik veranstaltete der Generalsekretär der ÖVP, Christian Stocker, eine Pressekonferenz, bei der bereits im Titel von einem "Skandal um FPÖ-Spionage" gesprochen wurde. Er bezog sich unter anderem auf Unterhaltungen, in denen der ehemalige FPÖ-Abgeordnete des Nationalrats, Hans-Jörg Jenewein, mit Ott über finanzielle Summen diskutiert haben soll.
ÖVP-Stocker sieht "FPÖ-Spionage-Skandal"
"Wir habe hier wahrscheinlich den größten Spionageskandal der Zweiten Republik", befand Stocker. Dies könnte viele politische Fragen nach sich ziehen. Es müsse untersucht werden, ob fremde Nachrichtendienste - wie beispielsweise der russische - Einfluss auf die inländische Politik ausgeübt haben könnten. Ebenso äußerte sich NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger, die die FPÖ stark kritisierte, jedoch auch Mängel bei der ÖVP, SPÖ und den Grünen feststellte. SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner sah vor allem ÖVP und FPÖ in der Verantwortung.
Laut ÖVP-Generalsekretär Stocker sei bemerkenswert, dass Hans-Jörg Jenewein, ehemaliger Sicherheitssprecher der FPÖ, und Ott über eine eventuelle Zahlung in Kontakt standen. Es bleibe offen, zu welchem Zweck diese vorgesehen war. Stocker erklärte, Jenewein solle vor den Untersuchungsausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ zitiert werden, um darüber Auskunft zu erteilen. Zudem verlangt man die Einsicht in Dokumente zu diesem Fall, die ebenfalls im Untersuchungsausschuss diskutiert werden sollen.
Stocker und Meinl-Reisinger betonten ebenfalls, dass während der Amtszeit des FPÖ-Innenministers Herbert Kickl der Verfassungsschutz "zerschlagen" worden sei. Zudem sei im Außenministerium, das ebenfalls von der FPÖ geführt wurde, die Einrichtung eines ""Parallelgeheimdienst" geplant gewesen, erklärte Stocker. Er vermutete, dass zwischen diesen Vorgängen ein Zusammenhang bestehen könnte.
BVT-Razzia wirft erneut Fragen auf
Meinl-Reisinger verwies auf das berühmt-berüchtigte anonyme Konvolut, in dem Anschuldigungen gegen BVT-Beamte aufgelistet waren und das Ausgangspunkt der Razzia im BVT am 28. Februar 2018 war. "Wenn sich herausstellen sollte, dass das wirklich auf Grundlage eines Konvoluts von Martin Weiss (Ex-Spionageabwehrchef des mittlerweile aufgelösten BVT, Anm.) und Egisto Ott passiert ist und die beiden im Auftrag Russlands tätig waren und wir drauf kommen, dass diese ganze Razzia im BVT nichts anderes ist als eine gezielte Zerstörung unserer Verfassungsschutzes und Nachrichtendienstes im Auftrag Russlands, dann werden wir die FPÖ, dann werden wir Herbert Kickl zur Verantwortung ziehen."
Die letzten Tage und Wochen hätten gezeigt, dass man so nicht weitermachen könne, so Meinl-Reisinger. Österreich sei völlig wehrlos gegen Spionage. Auch verwies sie auf den bulgarischen Investigativ-Journalisten Christo Grozev, der bis Anfang des Vorjahres in Wien lebte und der von russischen Aktivitäten gegen ihn betroffen war, in die Ott offenbar involviert gewesen ist. "Grozev musste Wien vor über einem Jahr verlassen, weil er gewarnt wurde, dass er hier in Wien nicht mehr sicher ist", betonte Meinl-Reisinger. "Niemand war so auf der Abschussliste von Putin wie Grozev", so Meinl-Reisinger. "Hier geht es um Leben und Tod" - und auch um die Sicherheitslage in Österreich.
NEOS: Österreich muss Untätigkeit gegen russische Fake News beenden
Putins Russland führe "schon lange Krieg gegen den Westen, auch gegen Österreich" - nicht mit militärischen Mitteln, aber mit Fake News- und Desinformationskampagnen. Warnungen habe es seit Jahren gegeben, auch von den NEOS. "Viel zu viele Jahre haben die verantwortlichen Politiker von SPÖ, ÖVP, FPÖ, aber auch den Grünen weggeschaut. Es ist höchst an der Zeit, dass wir wehrhaft sind und diese Untätigkeit beenden."
Auch dass Kickl Kooperationen oder einen Beamtenaustausch mit Russland geplant habe, sei hier erwähnenswert, befand Stocker - der auch wissen möchte, ob Kickl Offiziere russischer Geheimdienste im Innenministerium treffen wollte. Zu klären sei also: "Hat die FPÖ, namentlich Herbert Kickl, Österreich verraten oder nicht?"
Stocker ortet aber auch bei anderen Parteien Vorgänge, die der Aufklärung bedürfen. So hätten auch Peter Pilz oder der NEOS-Abgeordnete Helmut Brandstätter von Ott Informationen erhalten, berichtete er. Dazu sagte Meinl-Reisinger, Brandstätter habe im Zuge des U-Ausschusses viele Personen getroffen, aber es gebe wohl keinen Politiker in Österreich, der so scharf gegen den russischen Einfluss in Österreich auftrete wie Brandstätter. Stocker wiederum verwies auch einmal mehr darauf, dass Egisto Ott sich selbst als SPÖ-Mitglied bezeichnet hat. "Die einzige Partei, die im gesamten Verbindungsnetzwerk nicht vorkommt, ist die Volkspartei", beteuerte Stocker.
Fall Egisto Ott: NEOS fordern Maßnahmen
Die NEOS forderten ihrerseits drei konkrete Schritte, wozu sie auch bei der nächsten Sitzung des Nationalrates entsprechende Anträge einbringen werden. Der Verfassungsschutz müsse massiv gestärkt werden: Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) (die Nachfolgeorganisation des BVT) müsse "mit den entsprechenden personellen, finanziellen und sonstigen Mitteln ausgestattet werden", damit eine schlagkräftige Spionageabwehr betrieben werden kann, so Meinl-Reisinger.
Darüber hinaus brauche es - wie auch von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) angekündigt - eine Verschärfung des Strafrechtes. Meinl-Reisinger sagte, sie verstehe nicht, warum in Österreich immer erst etwas passieren müsse, damit die Politik tätig werde - sie verwies auf zwei entsprechende Anträge ihrer Fraktion aus den Jahren 2021 und 2023: "Wir machen seit Jahren Druck".
Als dritten Punkt nannte die NEOS-Chefin die Forderung, dass die Zahl der russischen Diplomaten in Österreich auf das "absolut notwendige Minimum" reduziert werden müsse. Denn bei diesen handle es sich in Wahrheit oft um Spione. Auch wies sie auf die auf dem Dach der russischen Botschaft in Wien installierten Parabolantennen hin. "Österreich hat nichts getan." Es gehe hier auch darum, technisches Personal auszuweisen, das für die Betreibung solcher Anlagen nötig ist.
FPÖ sieht sich im Fall Egisto Ott in Opferrolle
Die FPÖ wies die Kritik zurück: "Immer dann, wenn der Angstpegel in der ÖVP durch die Decke geht, schickt sie ihren 'Märchenonkel' Stocker aus, um mit Falschbehauptungen aus dem schwarzen Paralleluniversum vom eigenen Versagen abzulenken", sagte FPÖ-Generalsekretär und U-Ausschuss-Fraktionsvorsitzender Christian Hafenecker in einer Aussendung. Der seit Tagen laufende Versuch der ÖVP, "die politische Verantwortung für den BVT-Spionageskandal anderen in die Schuhe zu schieben", sei "derartig an den Haaren herbeigezogen, dass Münchhausen neben Stocker und Co. regelrecht als Wahrheitsfanatiker" erscheine, meinte der Abgeordnete.
Fakt sei, dass der aktuelle Hauptverdächtige Egisto Ott unter ÖVP-Führung im Innenministerium die Karriereleiter nach oben geschickt worden sei und seine Spionagetätigkeiten unter BVT-Direktor Peter Gridling ihren Höhepunkt erreicht hätten. "Gridling wurde von ÖVP-Innenminister Platter zum BVT-Direktor bestellt. Als solcher war er für alle Sicherheitsmaßnahmen und Sicherheitsstandards, die jedweden Informationsabfluss möglichst erschweren sollten, genauso zuständig, wie für eine solide Auswahl und entsprechende Überprüfung aller BVT-Mitarbeiter, die Zugang zu sensiblen Informationen haben." Nichts davon habe Gridling erfüllt - "und genau dieses Versagen ist die Ursache dafür, dass dieser Spionageskandal überhaupt erst möglich werden konnte", so Hafenecker, der darin eine "Bankrotterklärung der ÖVP-Sicherheitspolitik" verortet.
SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner sieht die Verantwortung für den Skandal um das ehemalige BVT "klar bei ÖVP und FPÖ", wie er in einer Aussendung betonte: "24 Jahre lang hatte die ÖVP das Innenministerium in der Hand, nur um es zwei Jahre lang an Kickl abzugeben, der in dieser Zeit das BVT zerstört hat. Es war Nehammer, der damals bestätigt hat, dass die Kickl-Zerstörung des BVT mit der ÖVP akkordiert war. Es ist die FPÖ, die mit ihren Verbindungen zu Putins Partei unser Ansehen als neutrales Land gefährdet", so der Abgeordnete. "Dass sich diese beiden Parteien nun ausrichten, wessen politische Verantwortung dieser Skandal ist, ist an Absurdität nicht zu überbieten." Wenn ÖVP und FPÖ wirklich etwas für die Sicherheit Österreichs tun wollten, sollten sie "erst einmal vor der eigenen Türe kehren". Der wichtigste Schritt neben der gerichtlichen Aufklärung sei es, die DSN nun auf seine Fähigkeiten und Sicherheitsvorsorge in der Spionageabwehr zu überprüfen und die Spionagegesetze zu verschärfen. Auch sprach sich Einwallner klar für eine Verschärfung des Spionageparagraphen aus - auch er verwies auch einen entsprechender Antrag der Oppositionsparteien, den er selbst bereits 2021 miteingebracht hatte.
(APA/Red)