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"Ouzo für alle!" - Wiens Griechen feiern

"Ouzo für alle!" hieß es in so manchem Lokal. In Wien wurde Griechenlands EM-Finaleinzug gebührend gefeiert. Die hier lebenden Tschechen hingegen ertränkten ihren Kummer in Budweiser-Bier.

Es war die 105. Minute, als der „Koloss von Rhodos“, der Abwehrchef Traianos Dellas einköpfelte, auf 1:0 stellte und damit den Krimi von Porto Sekunden vor Ende der ersten Hälfte der Verlängerung zwischen Griechenland und Tschechien beendete. In der griechischen Taverna Lefteris in Wien-Landstraße ging der Schlusspfiff im Gebrüll der rund 300 Schlachtenbummler unter – und der Wirt Eleftherios Vorniotakis schenkte prompt „Ouzo für alle!“ aus.

Griechenland im Finale der Fußball-Europameisterschaft! Die Gläser splitterten, Chöre skandierten für „Otto, Otto“ Rehhagel, den deutschen „göttlichen“ Teamchef der Griechen. Nur den eigens für Otto, den König von Griechenland, ersonnenen Schlager von Costa Cordalis konnte beim Lefeteris niemand anstimmen.

Nicht einmal die Wiener Grünen-Chefin Maria Vassilakou, die ihre Gefühle danach als „Wahnsinn!“ beschrieb. Auch nicht der Grüne Peter Pilz, der die Griechen ob ihrer österreichischen Attribute lobte: „Die Griechen spielen wie wir: Mit Disziplin, harter Verteidigung – und Fußball spielen können sie auch noch.“ Der Ewig-Grüne wagte noch einen riskanten Tipp: „Griechenland wird jetzt Europameister.“ Gleichzeitig lief die Welle „La Ola“ durchs Lokal und jeder der konnte, tanzte den Sirtaki.

Am allerglücklichsten war der Wirt Eleftherios Vorniotakis, den vor 15 Jahren die Liebe zu seiner Dietlinde nach Wien verschlagen hatte. „Jetzt bin ich ein Stürmer, ein Torschütze“, sagte er freudentrunken nach dem 1:0. Genau auf der derselben Position wie der Gold-Torschütze Dellas, nämlich in der Innenverteidigung, hatte der junge Eleftherios auf der Insel Kreta als Kind gekickt.

Ganz Griechenland lag im Taumel. Nicht nur in Wien. Fanny Grammatikou vom griechischen Fremdenverkehrsamt in Wien erhielt von ihrem Vater eine SMS mit dem Inhalt. „Griechenland brennt!“ Auf die Frage, welche Art Alkohol ihre Landsleute nun konsumieren würden, sagte sie: „Das brauchen sie gar nicht. Die Freude über den EM-Finaleinzug macht sie betrunken genug.“

Ganz anders war die Stimmung nach dem Schlusspfiff im Wiener Nachtasyl nahe des Westbahnhofs in Wien: Die 48 Tschechen-Fans unter den 50 Besuchern ertränkten ihren Kummer gemeinsam in Budweiser-Bier. Dabei war sich das Publikum beim Anpfiff noch einig gewesen: „Wir haben den Einzug ins EM-Finale verdient.“ Nach dem Spiel berief man sich eher auf literarische Vorbilder: “ Wir sind ein Schwejk-Volk, wir werden mit dieser Niederlage klar kommen“, sagte ein Fan. Zuvor noch war der traditionelle Schlachtruf „Cesi Dotoho“ erklungen – mit dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Luigi Collina verstummte auch er.

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