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OSZE zu Überwachung von Waffenstillstand in Ukraine bereit

Der OSZE-Ministerrat berät in Wien
Der OSZE-Ministerrat berät in Wien ©APA/KEYSTONE
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) will sich auf eine Monitoring-Mission zur Überwachung eines möglichen Waffenstillstands in der Ukraine vorbereiten. Eine entsprechende Bereitschaft kündigte der Schweizer Außenminister und künftige OSZE-Vorsitzende Ignazio Cassis am Donnerstag zum Auftakt des jährlichen OSZE-Ministerrats in der Wiener Hofburg an. Rund 40 Außenminister sind dabei, allerdings nicht die Chefdiplomaten Russlands und der USA.

Es gebe die "große Hoffnung, dass diese Organisation sich weiter als Dialogplattform anbietet", sagte Cassis in Hinblick auf die Zukunft der OSZE. Ab Jänner übernimmt die Schweiz den OSZE-Vorsitz von Finnland für ein Jahr. Der zypriotische Außenminister Constantinos Kombos, sagte sein Land habe sich für den OSZE-Vorsitz im Jahr 2027 beworben. Ein Mitgliedsland habe dies jedoch blockiert, es gebe "viel Frustration". Dem Vernehmen nach hat die Türkei dies blockiert.

Vorsitz: Russland verletzt in Ukraine alle Helsinki-Prinzipien

Die amtierende OSZE-Vorsitzende und finnische Außenministerin Elina Valtonen sagte, sie habe die OSZE bereits beauftragt, sich auf Aufgaben zur Friedenssicherung in der Ukraine nach dem Krieg vorzubereiten. Es gebe nur noch keinen Waffenstillstand, "aber wir sind bereit", sagte sie. Derzeit gebe es viele Unsicherheiten im Zusammenhang mit Ukraine-Friedensverhandlungen. "Wir sind auf unterschiedliche Möglichkeiten vorbereitet." Russland verletze in der Ukraine alle Prinzipien der Helsinki-Schlussakte, sagte Valtonen in Hinblick auf das Gründungsdokument der KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), der Vorläufer-Organisation der heutigen OSZE.

Meinl-Reisinger appelliert an "politischen Willen"

Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) zeigte sich an Donnerstag überzeugt davon, dass die OSZE einen Frieden in der Ukraine nachhaltig sichern könne, "wenn der politische Wille da ist". Jede Organisation sei so stark wie der politische Wille dahinter. "Wir wollen dass dieser blutige Krieg endet", sagte die am Rat teilnehmende Außenministern, jedoch dürfe dies nicht nur eine Pause vor einem nächsten russischen Angriff sein.

Meinl-Reisinger erinnerte an das heurige 50-Jahr-Jubiläum der Schlussakte von Helsinki, in der Grundsätze wie nationale Souveränität, die Unverletzlichkeit von Grenzen sowie die Achtung der Menschenrechte festgeschrieben sind. Es sei nun an der Zeit, diese Versprechen einzuhalten, so die Außenministerin. Die OSZE funktioniere nicht, weil alle Teilnehmer gleichgesinnt wären, sondern weil "wir über unseren Schatten springen", so die Außenministerin in ihrer Rede. "Wir brauchen die OSZE mehr denn je", sagte Meinl-Reisinger. Wie auch anderen internationalen Einrichtungen "weht der OSZE ein rauer Wind entgegen".

"Russland kein friedfertiger Staat"

Russland zeige keinerlei Anzeichen, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden, sagte der deutsche Außenminister Johann Wadephul in Wien. Im Gegenteil, Kreml-Chef Wladimir Putin intensiviere seine Rhetorik gegenüber Europa. "Russland unter seinem heutigen Regime ist kein friedfertiger Staat." Der Angriffskrieg gegen die Ukraine richte sich auch gegen die europäische Sicherheitsordnung.

Ähnlich äußerte sich auch der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski. Die Helsinki-Schlussakte sei vor 50 Jahren nur deshalb möglich gewesen, weil sich die damalige UdSSR in die richtige Richtung, hin zu mehr Koexistenz und Öffnung bewegt habe. "Das heutige Russland geht in die entgegengesetzte Richtung", so Sikorsi. Es sei repressiver und aggressiver als die UdSSR in den 70er-Jahren. Der polnische Außenminister verwies auf die Drohnen-Luftraumverletzungen und Bahn-Sabotage-Akte in seinem Land.

"Die Wiederherstellung eines dauerhaften Friedens und garantierter Sicherheit in der Ukraine ist eine Frage von Krieg und Frieden in Europa", schrieb der ebenfalls am OSZE-Ministerrat teilnehmende ukrainische Außenminister Andrij Sybiha auf der Plattform X. Ungarns Außenminister Péter Szijjártó kritisierte die europäische Haltung: "Die europäische Antwort auf diesen Krieg ist ein völliges Versagen."

Lawrow und Rubio nicht in Wien

Weder der russische Außenminister Sergej Lawrow noch der amerikanische Chefdiplomat Marco Rubio sind nach Wien gekommen. Damit spielt die OSZE in den laufenden diplomatischen Bemühungen um Wege zur Beendigung des Kriegs keine tragende Rolle. Russland wird durch Vizeaußenminister Aleksandr Gruschko vertreten, die US-Delegation wird von einem Beamten des State Departments, Brendan Hanrahan, geleitet.

Für den französischen Europaminister Benjamin Haddad zeigt Lawrows Nicht-Teilnahme am OSZE-Ministerrat, "dass Russland nur weiter der Diplomatie den Rücken kehrt". Auch er betonte, dass heute durch Russland alle Helsinki-Prinzipien verletzt werden.

Kallas: EU wird ihren Kurs behalten

Unter den Teilnehmern war auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas, die vor dem Ministerrat Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) und Meinl-Reisinger traf. "Die EU wird ihren Kurs beibehalten. Nur mehr Druck auf Russland und mehr Unterstützung für die Ukraine werden das Kräfteverhältnis verändern", schrieb Kallas auf der Plattform X. "Europa muss endlich von der Reaktion zur aktiven Handlung übergehen, wenn es um die Sicherheit auf unserem Kontinent geht", betonte Stocker nach dem Treffen auf X. "Bei den Verhandlungen um ein Ende des Krieges in der Ukraine muss Europa stark und geeint auftreten", so Meinl-Reisinger.

Der russische Vizeaußenminister Gruschko beklagte in seiner Rede, dass auch bei dieser OSZE-Ministerratssitzung Ergebnisse nicht vorhanden wären, sowie eine Atmosphäre der Konfrontation. "Die OSZE wurde in ein Instrument des hybriden Kriegs und des Zwangs verwandelt", sagte er. Auch habe die totale "Ukrainisierung" der Agenda nicht nur die grundlegenden Prinzipien der OSZE deformiert, sondern auch zu einer thematischen Einengung geführt.

Finnland ließ das Jahrestreffen nicht in Helsinki abhalten, sondern am Sitz der Organisation in Wien. Offiziell will das nordische Land damit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Finnland vermeidet damit auch einen potenziellen Konflikt mit Russland. Österreich hätte Lawrow auf Grundlage des OSZE-Amtssitzabkommens jedenfalls ein Visum erteilt.

Keine raschen Einigungen auf Budget und Vorsitz 2027 in Sicht

Offen ist weiterhin das Budget der Organisation für das kommende Jahr. Seit 2021 operiert die Organisation nur mit einem jährlich fortgeschriebenem und nicht valorisiertem Budget. Valtonen sagte, der finnische Vorsitz habe einen Budgetvorschlag vorgelegt, der nur von einem Mitgliedsland nicht unterstützt werde. Russland verweigert die Zahlung, kann aber nicht sanktioniert werden. Die finnische Außenministerin deutete an, dass sie erst im nächsten Jahr unter Schweizer Vorsitz eine Budgeteinigung erwarte.

Auch in Hinblick auf die Vorsitzfrage für 2027 verwies Valtonen auf eine mögliche Entscheidung im nächsten Jahr. Die OSZE wolle eine Situation wie vor zwei Jahren vermeiden, als sich die Mitgliedstaaten nach monatelangen Blockaden erst im Dezember 2023 auf Malta als Vorsitzland für 2024 geeinigt hatten.

Valtonen warnt vor "Irrelevanz" der Organisation

Mit 57 Teilnehmerstaaten ist die OSZE die größte regionale Sicherheitsorganisation. Ohne grundlegende Reformen riskiere die OSZE "irrelevant zu werden", warnte Valtonen. Deshalb habe Finnland mehrere interne Reformen angestoßen. So müsse die Organisation stärker Prioritäten setzen und sich auf Aufgaben konzentrieren, die weder die EU noch der Europarat machten. Es gebe auch keine Bereitschaft für ein größeres Budget, was bedeute, "dass wir mehr mit weniger Geld machen müssen".

Treffen der "Freunde des Westbalkans"

Am Rande des OSZE-Ministerrats empfing Meinl-Reisinger am Donnerstagabend Vertreter der "Freunde des Westbalkans", einer von Österreich gegründeten Initiative zur Förderung der EU-Integration der Region. Gemeinsam mit Kallas traf sie Chefdiplomaten bzw. ihre Stellvertreter der Westbalkanstaaten sowie Griechenlands, Kroatiens, Italiens, Sloweniens, der Slowakei und Tschechiens. "Durch die EU-Erweiterung stärken wir wirtschaftliche Stabilität, erhöhen die Sicherheit in Europa und investieren in unsere Zukunft", ließ Meinl-Reisinger via "X" wissen. "Gemeinsam sorgen wir für mehr Tempo bei der EU-Integration der Westbalkanstaaten."

(APA)

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