Pistorius hatte am Valentinstag 2013 seine Freundin Reeva Steenkamp († 29) durch die geschlossene Badezimmertür erschossen. Im aufsehenerregenden Prozess, in dem er wiederholt von Weinkrämpfen geschüttelt wurde, hatte er stets beteuert, er habe sie für einen Einbrecher gehalten. Der Staatsanwalt warf ihm dagegen Mord vor.
Hausarrest statt Knast nach 304 Tagen
Die Richterin sprach ihn zwar vom Vorwurf des Mordes frei, verurteilte ihn im Oktober 2014 aber wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren Haft. Zum frühestmöglichen Zeitpunkt soll er nun nach 304 Tagen in der kommenden Woche in den Hausarrest mit elektronischer Fessel entlassen werden, wie “Mail Online” berichtet. Anschließend wird er voraussichtlich Sozialdienst ableisten müssen, er selbst würde am liebsten mit Kindern arbeiten, so sein Anwalt.
Seit seinem Haftantritt saß Pistorius nach Morddrohungen von anderen Häftlingen getrennt im Krankenhausflügel des Gefängnisses in Pretoria ein, wo er sich vorbildlich verhalten habe. Die Mail zitiert Gefängnisquellen, denen zufolge Pistorius in den vergangenen Wochen mehr und mehr Hafterleichterungen bekommen habe, um ihn auf die relative Freiheit im Haus seines reichen Onkels Arnold vorzubereiten. Seine eigene Villa, in der Reeva Steenkamp starb, hatte Pistorius verkauft, um seine Anwaltskosten zu begleichen.
Nicht bekannt ist bislang, wie ein entscheidender Punkt gelöst wurde: Der ehemalige Vorzeigeathlet kann keine Fußfessel tragen, da ihm als Baby beide Unterschenkel amputiert wurden. Das Anlegen der in Südafrika verwendeten Fesseln an den Handgelenken sei nicht zulässig, das sie zu leicht abgestreift werden könnten. Darum war auch lange Zeit unklar, ob Pistorius zum frühestmöglichen Zeitpunkt in den Hausarrest darf oder nicht.
Familie von Reeva Steenkamp enttäuscht
Die Familie des Opfers reagierte naturgemäß nicht sonderlich erfreut über die bevorstehende Entlassung aus dem Gefängnis. “Ich denke nicht, dass es gut ist, dass er so schnell wieder in die Gesellschaft entlassen wird”, empörte sich Reevas Mutter June Steenkamp (68) in der Zeitung “Citizen”. “Er hat meine Tochter erschossen, durch eine Tür hindurch. Sie hatte keinen Platz auszuweichen oder sich zu verteidigen. Eine der Kugeln hat ihr Hirn zerfetzt. Es ist einfach nur abscheulich, was er ihr angetan hat. Zehn Monate sind nicht genug.”
Neuer Prozess gegen Pistorius im Herbst
Pistorius’ Familie freut sich zwar, eine Feier sei allerdings nicht geplant. “Was gibt es denn zu feiern?”, so seine Großmutter Gertie (91).
Denn Oscar Pistorius muss unter Umständen zurück ins Gefängnis – im November startet ein Berufungsprozess gegen ihn. Die Staatsanwaltschaft geht weiterhin von Mord aus. Sollten die Berufungsrichter zum selben Schluss kommen, droht Pistorius eine Haftstrafe von mindestens 15 Jahren. (red)