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Organisierte Kriminalität plagt Bulgarien

Morde und Schüsse auf der Straße sowie Explosionen in Autos, Lokalen und Wohnungen zählen oft zu den Mitteln, mit denen die Banden ihre Geschäfte abwickeln.

Das organisierte Verbrechen gehört seit der Wende vor gut 13 Jahren zum Alltag in Bulgarien. Selbst der ex-kommunistische Ministerpräsident aus den Übergangsjahren, Andrej Lukanow, fiel vor sechs Jahren einem bestellten Mörder zum Opfer.

Jetzt aber hat die bulgarische Exekutive das aufgedeckt, was alle seit Jahren vermuteten: Auch frühere Polizisten handeln als Auftragskiller. Sechs ehemalige Angehörige der Spezialeinheiten des Innenministeriums wurden angeklagt, in den vergangenen acht Jahren bestellte Morde, Entführungen, Explosionen, Erpressungen und Attentate ausgeführt zu haben. Nach ihrer Festnahme sagten die Sicherheitskräfte, sie seien auf der Spur von sieben weiteren ehemaligen Kollegen und jetzigen Killern.

In den Wohnungen der Auftragsmörder wurden Arsenale wie aus einem Bürgerkrieg sichergestellt: 50 Kilo Sprengstoff, 30 Handgranaten, zwei selbst gemachte Bomben, Waffen, Munition sowie Gesichtsmasken, Tarnjacken und falsche Polizeikarten. Es gab auch Anweisungen zur Ausführung von konkreten kriminellen Bestellungen.

Die vermutlich letzten Aufträge dieser „Fabrik für Morde“, wie ein mit dem Fall der Killer-Bande beauftragter Staatsanwalt sie nannte, waren Mitte August in der Hauptstadt Sofia versuchte Morde. Die Zielpersonen waren unter anderem Bosse mit Interessen in der Schattenwirtschaft. Sie kamen jedoch mit Schusswunden davon. Es wurde aber auch ein unbeteiligter Pensionist am Bein verletzt, der zufällig am Tatort war.

Die organisierte Kriminalität in Bulgarien umfasst nicht nur die traditionellen Bereiche des Drogen- und Waffenhandels, sondern sogar die Landwirtschaft. Gruppierungen aus der Schattenwirtschaft kontrollieren laut offiziellen Angaben Getreidelager und Mühlen, handeln mit Getreide und exportieren es, indem sie den offiziellen Markt umgehen. Die Opfer sind hier die Bauern, von denen – wie bei der letzten Kirschenernte – zu niedrige Aufkaufpreise erpresst werden.

Zur Symbolfigur bei der Verbrechensbekämpfung in Bulgarien wurde unterdessen der frühere Leibwächter des gestürzten und inzwischen verstorbenen kommunistischen Diktators Todor Schiwkow und des ehemaligen Königs und jetzigen Ministerpräsidenten Simeon Sakskoburggotski.

Der frühere Besitzer einer Schutzfirma, Bojko Borissow, ist seit einem Jahr General und Hauptsekretär des Innenministeriums. Obwohl auf Bulgariens Straßen immer noch geschossen wird, genießt der 45-Jährige dank seiner Entschlossenheit, die organisierte Kriminalität auszurotten, mit über 80 Prozent das höchste Vertrauen in der Bevölkerung.

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