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ORF-Journalisten protestieren gegen politischen Einfluss

ORF-Journalisten protestieren gegen Regierungseinfluss auf ORF
ORF-Journalisten protestieren gegen Regierungseinfluss auf ORF ©APA
Gegen den anhaltenden Einfluss der Regierungsparteien auf die ORF-Gremien und die Beschickung des ORF-Stiftungsrats  protestieren nun die ORF-Journalisten.

Mit einer Gesetzesänderung bei der Bestellung von Stiftungsräten durch den ORF-Publikumsrat habe sich die Koalition “machttechnischen Spielraum verschafft” und ihren Einfluss abgesichert, kritisierte der ORF-Redakteursrat am Donnerstag. SPÖ und ÖVP müssten nun “noch weniger öffentliche Rücksichten bei Bestellungen in ORF-Gremien nehmen als bisher. Dafür ist eine auf reine Koalitions-Mehrheiten abgestellte Beschickung aus Regierungssicht abgesichert”, monierten die ORF-Journalisten in einer Aussendung.

ORF-Journalisten protestieren

Die Mehrheit von SPÖ und ÖVP kann im Publikumsrat künftig sechs Stiftungsräte ohne jede Vorgabe ins oberste ORF-Gremium entsenden. Der entsprechende Gesetzesbeschluss erfolgte Mittwochabend im Parlament. Bisher war zumindest je ein Vertreter der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften, der Hochschulen und der Kunst zu bestellen. Nach Medienberichten hat sich die Regierung nun auf 4 SPÖ-nahe und zwei ÖVP-nahe Stiftungsräte aus dem Publikumsrat geeinigt.

Im 35-köpfigen ORF-Stiftungsrat werden SPÖ und ÖVP nach der Neukonstituierung des Gremiums im April über eine klare Mehrheit verfügen. Selbst ohne die Vertreter des Betriebsrats und der Oppositionsparteien kommen die Koalitionspartner im obersten ORF-Gremium auf eine knappe Zweidrittel-Mehrheit und könnten damit theoretisch jederzeit auch den Generaldirektor des öffentlich-rechtlichen Senders abwählen. Unzufriedenheit mit der aktuellen ORF-Führung seitens Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) sowie entsprechende Ablösepläne wurden in den vergangenen Monaten seit der Nationalratswahl wiederholt kolportiert.

Entpolitisierung wird gefordert

Die Opposition forderte deshalb zuletzt eine Entpolitisierung der ORF-Gremien. SPÖ-Mediensprecher Josef Cap hielt dem Mittwochabend entgegen, dass es positiv sei, wenn sich die repräsentative Demokratie in den ORF-Gremien abbildet. Und der ÖVP-Abgeordnete Wolfgang Gerstl vertrat die Ansicht, dass die Entpolitisierung des ORF ohnehin bereits vor 13 Jahren erfolgt sei. Aktive Politiker dürften seit damals schließlich kein Mandat im ORF-Stiftungsrat annehmen.

Ganz anders sehen dies offenbar die ORF-Journalisten. Statt der von Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger versprochen Reform der ORF-Gremien mit einer Entpolitisierung und Stärkung der Unabhängigkeit und Kompetenz der Stiftungsratsmitglieder sei mit der Gesetzesänderung “das genaue Gegenteil passiert: die Parteien sind noch stärker in den Aufsichtsgremien vertreten, die Zivilgesellschaft hingegen noch weniger. Mit etwas über 50 Prozent der Stimmen bei der letzten Nationalratswahl sichern sich die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP drei Viertel der Mandate in den ORF-Gremien.”

Schritt in die richtige Richtung fehlt

Die ORF-Redakteursvertretung fordert bereits seit längerem eine Änderung der Beschickung des Stiftungsrates. Konkret geht es den Journalisten des Senders darum, dass in die ORF-Gremien Personen delegiert werden, die im Interesse des öffentlich-rechtlichen Rundfunks handeln, über nachweisliche Qualifikation verfügen und nicht für Partei-“Freundeskreise” agieren. Die aktuelle Gesetzesänderung sei nach Ansicht der ORF-Redakteursvertretung kein Schritt in diese Richtung. “Aus dem ORF-Gesetz wurde die einzige Passage gestrichen, die ausdrücklich Fachleute für bestimmte Themenbereiche vorsah. Damit ist auch der letzte Anschein einer ausdrücklich festgelegten Sachkompetenz – zumindest für Teilbereiche – im ORF-Stiftungsrat verloren.”

(APA)

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