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ORF-Chef: Haushaltsabgabe wäre keine Goldgrube

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann erwartet künftig "kein Schlaraffenland".
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann erwartet künftig "kein Schlaraffenland". ©APA/EVA MANHART / Canva (Symbolbild)
Auch im Falle der geplanten Implementierung einer Haushaltsabgabe anstatt der gegenwärtigen, gerätegekoppelten GIS-Gebühr erwartet sich ORF-Generaldirektor Roland Weißmann insgesamt nicht mehr Mittel für den ORF.
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Es werde auch "künftig kein Schlaraffenland" geben, sagte er im ORF-Publikumsrat. Das Geld sei durch den öffentlich-rechtlichen Auftrag "gedeckelt". Übersteigen die lukrierten Mittel diesen, kommen sie auf ein "Sperrkonto".

Weißmann erwartet "kein Schlaraffenland" bei ORF-Finanzierung

Dabei werden mit einer Haushaltsabgabe "bis zu 700.000 Haushalte" mehr als derzeit Geld für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk entrichten müssen, wie Weißmann in der Sendung "Report" am Dienstag ausführte. Am Donnerstag sprach er vor den Publikumsrätinnen und -räten davon, dass man mit ca. 300.000 zusätzlichen zahlungspflichtigen Haushalten rechne. Das bedeute aber nicht automatisch mehr Geld für den ORF, weil einerseits Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) angekündigt hat, dass die Abgabe billiger ausfallen solle als die gegenwärtige GIS-Gebühr und andererseits der ORF nicht mehr Geld erhält, als er für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags benötigt, was auch von der Medienbehörde KommAustria überprüft wird.

Weißmann warnte mit Blick auf das Sparpaket

Weißmann warnte wohl mit Blick auf ein von Raab gefordertes Sparpaket des ORF davor, diesen kaputt zu sparen. Denn wie eine aktuelle Studie der European Broadcasting Union (EBU) zeige, seien öffentlich-rechtliche Medien in 90 Prozent der europäischen Länder die vertrauenswürdigste Nachrichtenquelle - so auch in Österreich. Sind sie nachhaltig finanziert, wirken sie sich positiv auf das Demokratieverständnis aus und tragen dazu bei, autoritäre Tendenzen zu verhindern, so die Studienergebnisse.

Der Publikumsrat befürwortete in einer bei zwei Enthaltungen beschlossenen Resolution zwar, "bestehende Angebote und Strukturen kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls Umschichtungen vorzunehmen", merkt aber an: "Sollte der lineare Sender Sport + aus wirtschaftlichen Gründen nicht aufrechtzuerhalten sein, muss dessen aktuelles inhaltliches Angebot jedenfalls auf anderen Ausspielkanälen (ORF 1, online) bereitgestellt werden". Und: "Programmliche Leistungen des RSO sollen für das Publikum gesichert sein. Der ORF soll nach Maßgabe seiner Möglichkeiten Beiträge zur kulturpolitisch gebotenen Fortführung des RSO leisten."

Publikumsräte appellieren an die Verantwortlichen in der Regierung

Die Publikumsräte appellieren zudem an die Verantwortlichen in Regierung und Parlament, "rasch sicherzustellen", dass der ORF auch weiterhin über ausreichend finanzielle Mittel verfügt. Bei der Finanzierung sollten "alle unabhängig von ihren Nutzungskanälen beteiligt sein", wobei für einkommensschwache Menschen Ausnahmen oder Beitragsreduktionen vorzusehen sein sollen. Das Programmentgelt solle von anderen Gebühren und Abgaben für Länder und den Bund "im Sinne der Transparenz" eingehoben werden. Der Publikumsrat spricht sich zudem dafür aus, dass Programmentgelt von anderen Gebühren und Abgaben "im Sinne der Transparenz" zu entkoppeln.

Die Neuordnung der Finanzierung muss laut der Resolution mit einer Digitalnovelle verbunden sein. So soll der ORF Programm in der TVThek länger als derzeit sieben Tage - "unlimitiert oder bis zu einem Jahr" - und Inhalte "online first" und "online only" bereitstellen dürfen. Medienministerin Raab hat bereits angekündigt, dass auch eine Digitalnovelle geplant ist.

Weißmann: "Es gibt keine prekären Arbeitsverhältnisse im ORF."

Im Publikumsrat auf immer wieder öffentlich thematisierte prekäre Arbeitsverhältnisse angesprochen, meinte Weißmann: "Es gibt keine prekären Arbeitsverhältnisse im ORF." Die oft kritisierten Kettenverträge seien juristisch erlaubt. Dennoch lasse er prüfen, ob man auf diese verzichten könne. "Die Konsequenz wäre, dass gewisse Damen und Herren nicht mehr beschäftigt werden könnten", befürchtete der ORF-Chef. Angesichts des Spardrucks könne man zudem die 500 anstehenden Pensionierungen in den nächsten Jahren nur "sehr restriktiv" nachbesetzen, so Weißmann.

Der ORF-Generaldirektor nahm auch zum neuen Job für Ex-NÖ-Landesdirektor Robert Ziegler Stellung. Dieser wechselte nach schweren Vorwürfen rund um Einflussnahme für die ÖVP aus seiner Zeit als Chefredakteur in die Hauptabteilung "Facility Management und Corporate Social Responsibility", wo er den weiteren Ausbau der Barrierefreiheit und Inklusion im ORF umsetzen soll. Dieser Job sei nicht extra für ihn geschaffen worden, so Weißmann. Auch sei seine neue Funktion mit "deutlichen Gehaltseinbußen" verbunden.

Studie des Publikumsrats am Donnerstag präsentiert

Präsentiert wurde am Donnerstag auch eine Studie des Publikumsrats zu den "Anforderungen und Erwartungen des Publikums an die Themen Europa, Sicherheit und Wirtschaft in der ORF-Berichterstattung". Rund 1.000 Personen wurden dazu Ende des Vorjahres befragt. Es zeigte sich, dass die Themen Sicherheit und Europa 76 Prozent der Befragten sehr oder ziemlich, das Thema Wirtschaft 69 Prozent interessiert. Als aktuell stufen 65 Prozent der Befragten die ORF-Berichterstattung zu diesen drei Themenkomplexen ein. 62 Prozent erachten sie als verständlich aufbereitet. Dass dabei Hintergrundwissen vermittelt wird, dem stimmen nur 43 Prozent sehr oder eher zu. Besonders hoch ist das Interesse mit 83 Prozent der Befragten an aktuellen Kurznachrichten.

Bei der Zufriedenheit mit dem Programmangebot ist noch Luft nach oben. Mit der Wirtschaftsberichterstattung sind 12 Prozent sehr und 34 Prozent eher zufrieden. Die Hälfte der Befragten wünscht sich hier mehr Infos beim Thema "Lehre/Ausbildung/Berufe". Mit der Europaberichterstattung zeigen sich 14 Prozent sehr und 31 Prozent eher zufrieden. 40 Prozent wünschen sich mehr Infos rund um europapolitische Anliegen in bzw. von Österreich. Mit dem Berichterstattung über Sicherheit und Sicherheitspolitik sind 12 Prozent sehr und 28 Prozent eher zufrieden. Mehr Informationen zum Thema "Cybersicherheit" wünschen sich 49 Prozent.

(APA/Red)

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