Bei seinem Prozess am Freitag am Wiener Landesgericht unter dem Vorsitz von Richterin Claudia Moravec-Loidolt zeigte sich der Beschuldigte “umfassend geständig”, seine Auftraggeber wollte er aber nicht nennen. “Auch wenn es zu meinem Nachteil ist”, meinte er. Ein Mitangeklagter bekannte sich teilschuldig.
Zum Zigarettenschmuggel kam der Angeklagte durch Zufall. “Ich hatte eine Firma zum Import von Elektronik”, sagte der geborene Deutsche vor Gericht. Doch statt dem erwarteten großen Geld häuften sich lediglich Schulden an. Bei der Fachmesse “Cebit” in Deutschland traf er dann auf einen mysteriösen Mann mit dem Spitznamen “Schlomi”, der sich für seine Firma interessierte.
Für diesen “Schlomi” begann der Beschuldigte im Jahr 2005, Container-Lieferungen aus China in Europa zu übernehmen und deren Weitertransport vorwiegend nach Österreich zu organisieren. Dass anstelle von Elektronik allerdings im großen Stil Zigaretten geschmuggelt wurde, war dem Deutschen anfangs noch nicht klar. “Ich dachte, es geht darum, den Markenschutz zu umgehen”, meinte der Unternehmer. Doch bald dämmerte es auch ihm, dass er sich nicht auf Monitore und Computerzubehör spezialisiert hatte.
Aufhören wollte er dennoch nicht. “Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben Geld gehabt”, sagte der Angeklagte. 6.000 bis 7.000 Euro im Monat brachte ihm seine illegale Tätigkeit ein. Inzwischen begann er auch, unter den verschiedensten Namen Firmen und Scheinfirmen zu gründen, um die Ware entgegennehmen zu kommen. Für diesen Zweck legte er sich gleich eine Reihe von klingenden Aliasnamen wie Hans Silberberg, Benjamin Klein, Friedbert Huber oder Gottlieb Buck. “Für Friedbert habe ich die meisten Komplimente bekommen”, meinte der Angeklagte.
Seine unzähligen Firmen verwaltete er akribisch. In einem Kasten hatte jede Firma eine eigene Lade, wo alle relevanten Unterlagen und Aufzeichnungen aufbewahrt wurden. Zusätzlich gab es für jedes Unternehmen ein eigenes Handy, mit dem mit dem jeweiligen Auftraggeber Kontakt gehalten wurde. Auf die Rückseite des Mobiltelefons war der zugehörige Aliasname geschrieben.
2008 florierte sein Geschäft dermaßen, dass er Teile der Organisation an einen Freund ausgliederte. Dieser soll zusätzlich auch als Russisch-Dolmetscher tätig gewesen sein und an dem Transport von zwei Lieferungen mitbeteiligt gewesen sein. Nach dem Auffliegen einer Ladung in den Niederlanden kamen die Ermittler dem Angeklagten schließlich auf die Spur. Seine umfangreiche Datei machte die Arbeit der Fahnder wesentlich einfacher: Insgesamt dürfte er beim Schmuggel von über 600.000 Stangen Zigaretten mitbeteiligt gewesen sein.
Der Beschuldigte bekräftige vor Gericht, dass er nur Auftragsempfänger gewesen ist. Von seinen Hintermännern wollte er allerdings nur die Vornamen nennen. “Entschuldigen Sie bitte, aber ich sage keine Nachnamen”, meinte er. Der Deutsche steht inzwischen finanziell übrigens wieder vor dem Nichts, sein privates Glück hat er aber gefunden: In der Haft heiratete er seine Freundin.