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"Orchideenfächer" an Unis unter Rechtfertigungsdruck

"Kleine Fächer" an Unis sollen sich "nicht in die Defensive drängen lassen".
"Kleine Fächer" an Unis sollen sich "nicht in die Defensive drängen lassen". ©Canva (Symbolbild)
"Kleine Fächer" oder "Orchideenfächer" an den Unis sollten sich angesichts des auf ihnen lastenden Rechtfertigungsdruck nicht in die Defensive drängen lassen.

"Das ist nicht notwendig", ist der ehemalige Rektor der Universität Salzburg und Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats der Österreichischen Forschungsgemeinschaft (ÖFG), Heinrich Schmidinger, im APA-Gespräch überzeugt. Am 31. März und 1. April widmet sich die ÖFG in einem Workshop der Situation der "Orchideenfächer".

"Orchideenfächer" unter Druck

Was macht eine Studienrichtung eigentlich zu einem "kleinen" Fach? Damit beginne schon die Diskussion, meinte der mittlerweile emeritierte Professor für Christliche Philosophie. "Unbesehen wird 'Kleinheit' zumeist mit 'geringe Nachfrage' bzw. 'wenige Studierende' assoziiert. Bei näherer Betrachtung erweist sich diese Assoziation als zumindest vordergründig." Sie lasse nämlich den qualitativen Faktor außer Acht. Manchmal sei es auch einfach so, dass ein Fach vom Inhalt her sehr schwierig sei und von Haus aus hohe Anforderungen stellt. "Theoretische Physik ist kein Massenfach, weil es enorme Herausforderungen stellt", so Schmidinger. "Da entsteht automatisch eine Kleinheit."

Oft werden "kleine" Fächer meist mit Studienrichtungen wie Numismatik oder Altertumswissenschaften verbunden. "Das Phänomen beschränkt sich aber keineswegs auf die Geisteswissenschaften", so Schmidinger. "Es gibt sie auch in den Naturwissenschaften und eigentlich in allen Fakultäten."

"Orchideenfächer": "Klein" ist keine permanente Einordnung

Unabhängig davon bedeute "klein" keine permanente Einordnung. Immer wieder würden Fächer, die zu einer Zeit im Sinne von "stark nachgefragt" als "groß" gelten, in einer anderen Zeit "klein" - und umgekehrt. "Die Attribute von 'Kleinheit' und 'Größe' unterliegen offensichtlich konjunkturellen Schwankungen, die sich sowohl aus den wissenschaftlichen Diskussionen als auch aus dem kulturellen und politischen Umfeld von Universitäten ergeben können", so Schmidinger. Politische und wirtschaftliche Entwicklungen haben zuletzt etwa Fächer wie Sinologie oder Arabistik in den Vordergrund rücken lassen.

Gefahren bei der neuen Universitätsfinanzierung

Gefahren ortet Schmidinger in der neuen Universitätsfinanzierung. "Kleine Fächer werden für die Universitäten immer teurer." Ein guter Teil der Finanzmittel wird derzeit nämlich anhand der Zahl der prüfungsaktiven Studierenden und der Abschlüsse vergeben. "Für ein kleines Fach bekommt die Uni quantitativ weniger." Auch bei Drittmittelfinanzierungen tun sich die kleinen Fächer häufig schwerer.

"Die Reaktion ist dann oft die, dass man sich in die Defensive drängen lässt", bedauerte Schmidinger. Das sei aber gar nicht nötig. "Es geht da nämlich um etwas ganz Grundsätzliches: Kommen für die Unis nur Fächer in Frage, die sich auch rechnen? Steht es einer Uni wirklich an, ihre Organisation oder ihre Strategie nur danach zu bemessen, was ein Fach unter ökonomischen Gesichtspunkten bringt? Und welchen Stellenwert haben wissenschaftliche Inhalte für eine Universität?"

Es gäbe nämlich Inhalte, die sich ökonomisch wahrscheinlich nie rechnen, aber die trotzdem wesentlich sind, ist Schmidinger überzeugt. "In der Wissenschaft geht es im Endeffekt um Erkenntnis." Daher richte sich die Tagung auch an Universitätsleitungen: Diese müssten entscheiden, welches Profil eine Universität nicht zuletzt durch die kleinen Fächer gewinnen wolle und welche Strategie sie daraufhin einschlagen.

(APA/Red)

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