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Opposition im Iran berichtet von 69 Toten bei Unruhen

Bei den Protesten gegen die iranische Präsidentenwahl sind in den vergangenen zwei Monaten nach Angaben der Opposition deutlich mehr Menschen getötet worden als offiziell angegeben.
Iran bietet Französin bedingte Freilassung an
Regierungskritiker brutal vergewaltigt

Es seien die Namen von 69 Opfern für eine Untersuchung an das Parlament übergeben worden, zitierte die Zeitung “Sarmayeh” am Dienstag einen Verbündeten des unterlegenen Kandidaten Mir-Hossein Moussavi. Der Bericht enthält auch die Namen von etwa 220 Inhaftierten.

In Staatsmedien war von 26 Toten im Zuge der Unruhen die Rede. Moussavi und andere Oppositionelle vermuten Betrug hinter der Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad.

Parlamentspräsident Ali Larijani kündigte an, die Vorwürfe genau untersuchen zu wollen. Dabei bezog er sich auch auf die jüngsten Anschuldigungen des ebenfalls unterlegenen Oppositionskandidaten Mehdi Karroubi, wonach weibliche und männliche Regierungskritiker im Gefängnis brutal vergewaltigt worden sein sollen.

Vergewaltigung gehört im Iran zu jenen Delikten, die mit dem Tode bestraft werden, wie Drogenhandel, Mord und “Feindschaft gegen Gott”. Zahlreiche Homosexuelle wurden in der Islamischen Republik wegen “Vergewaltigung” hingerichtet.

Ein Justizsprecher teilte auf einer Pressekonferenz mit, nach der umstrittenen Wahl am 12. Juni seien landesweit mehr als 4000 Demonstranten festgenommen worden. Allerdings seien 3700 Verdächtige innerhalb einer Woche nach ihrer Festnahme wieder freigelassen worden. Unter den immer noch Inhaftierten befinden sich ranghohe Reformpolitiker, regierungskritische Journalisten, Anwälte und Menschenrechtsaktivisten.

Der einflussreiche Geistliche und ehemalige Präsident Akbar Hashemi Rafsanjani kündigte unterdessen überraschend an, dass er in dieser Woche nicht wie geplant das Freitagsgebet sprechen werde. Damit sollten erneute Zusammenstöße zwischen Regierungskritikern und der Polizei verhindert werden, sagte der Moussavi-Vertraute, der auch als einer der wichtigsten Gegenspieler von Präsident Ahmadinejad gilt. Nach seinem letzten Freitagsgebet Mitte Juli, bei dem Rafsanjani die politische Führung ungewöhnlich scharf kritisiert hatte, waren die Proteste der Oppositionsbewegung erneut aufgeflammt.

Die iranische Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi forderte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zu einem persönlichen Besuch in Teheran auf. “Er muss mit den Familien sprechen, deren Angehörige festgenommen oder getötet worden sind”, sagte Ebadi bei einer Preisverleihung im südkoreanischen Seoul. Zugleich kritisierte Ebadi die Massenprozesse gegen Oppositionelle im Iran. “Die Verfahren zeigen, dass die Regierung schwach ist. Diese Massenprozesse verstoßen gegen das islamische Recht”, erklärte die Friedensaktivistin. Weitere Sanktionen der Vereinten Nationen gegen den Iran lehnte Ebadi allerdings ab, weil darunter nur die Bevölkerung im Land leiden würde.

In Frankreich gibt es unterdessen Hoffnung auf eine baldige Freilassung der seit Anfang Juli im Iran inhaftierten jungen Französin. Man rechne mit einer raschen Lösung, sagte Regierungssprecher Luc Chatel dem Sender RTL am Dienstag. Präsident Nicolas Sarkozy hatte am Vorabend aus dem Urlaub heraus mitteilen lassen, er habe Kontakt zu mehreren möglichen Vermittlern aufgenommen. “Clotilde Reiss ist unschuldig und Opfer eines Schauprozesses”, sagte der Regierungssprecher. “Wir fordern weiterhin die Freilassung.” Die Beziehungen zwischen dem Iran und Frankreich sind wegen des Prozesses stark angespannt.

Der 24-jährigen Sprachlehrerin wird Spionage und die Unterstützung der Proteste vorgeworfen, die nach der umstrittenen Wiederwahl Ahmadinejads am 12. Juni ausgebrochen waren. Sie bekannte sich nach iranischen Angaben schuldig. Bei dem Massenprozess gegen mehr als 100 Oppositionsanhänger sitzen auch ehemalige Regierungsmitglieder sowie iranische Mitarbeiter der französischen und britischen Botschaften auf der Anklagebank. Einigen Angeklagten wird auch Verschwörung zum Umsturz des islamischen Systems vorgeworfen. Ihnen droht deshalb die Todesstrafe.

Der schwedische Außenminister und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Carl Bildt erklärte am Dienstag in Stockholm, die Europäische Union sei bereit, “weitere Schritte” zu unternehmen, um die Freilassung der Französin und der Botschaftsmitarbeiter zu erreichen. Einzelheiten nannte er nicht. Am Vortag hatte Bildt den iranischen Botschafter einbestellt und gegen das Vorgehen protestiert. Der Iran hat die Kritik aus dem Ausland zurückgewiesen.

Unterdessen wurden Rufe lauter, auch dem iranischen Oppositionsführer Moussavi den Prozess zu machen. Die Opposition erkennt den Wahlsieg des ultrakonservativen Präsidenten Ahmadinejad nicht an und spricht von Betrug. Der Abgeordnete Mohammad Karim Shaharsad warf Moussavi vor, sein Wahlkampfbüro habe Kontakte zu ausländischen Botschaften gehabt, wie iranische Medien berichteten.

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