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Opfern der Flut droht Vertreibung

Yuphin Chotipraphatsorn hat durch den Tsunami am 26. Dezember 2004 ihre zwei Söhne, ihre Tochter und den Schwiegersohn verloren. Nun steht ihr eine weitere Katastrophe bevor.

Ein Bauunternehmer erhebt Anspruch auf das Land der Thailänderin. Über das Dorf Ban Nam Khem nördlich von Phuket droht ein „zweiter Tsunami“ hereinzubrechen. Yuphin und Tausende anderer in den von der Flutwelle betroffenen Gebieten sollen sich unbefugt auf ihren Grundstücken aufhalten.

Privatunternehmen fordern nun die Landrückgabe. Die Firma Far East Trading and Construction Co. kaufte das Land des Dorfes Ban Nam Khem nach Angaben ihres Anwalts von einem Bergbaubetrieb, nachdem dieser die Förderung eingestellt hatte. Unklar ist, wann der Kauf getätigt wurde. Bereits seit 2002 versuche das Unternehmen, einzelnen Anrainern ihr Land abzupressen. Tatsächlich haben diese keine Besitzurkunden, doch nach thailändischem Recht ist derjenige Eigentümer, der länger als ein Jahr auf einem Grundstück mit einer bestimmten Bescheinigung lebt. Das meiste Land im Dorf falle unter diese Bestimmung.

Schon vor dem 26. Dezember lagen viele dieser Fälle bei Gericht. Nach Meinung der Dorfbewohner nutzten die Bauträger jetzt die Gunst der Stunde, um etwa 200 Dörfler zu vertreiben und so neue Hotels errichten zu können. Zäune habe das Unternehmen errichtet, Drohungen ausgesprochen und zerstörte Häuser niedergebrannt. „Sie haben Betonpfosten errichtet, Seile gespannt und Dorfbewohner davon abgehalten, das Gebiet zu betreten – unmittelbar nach dem Tsunami“, erzählte Yuphin. Auch ein Schild habe man aufgestellt: „Betreten und Bebauung jeglicher Art verboten“.

Die Regierung hat den Opfern der Flutkatastrophe den Bau neuer Häuser angeboten, allerdings nur denen, die eine Besitzurkunde haben. Dabei leben manche Familien seit Jahrzehnten, wenn nicht sogar Jahrhunderten auf ihren Grundstücken. „Manchmal zweifle ich daran, dass ich ein thailändischer Bürger bin, weil mir die Regierung bisher nicht einmal geholfen hat“, sagte Weera Bunruang. Der Bauarbeiter hat sechs von zehn Familienmitgliedern verloren.

Einschüchterungsversuche gebe es ständig. Erst kürzlich hätten fünf Männer in die Luft geschossen, um Bewohner und ausländische Helfer vom Wiederaufbau eines Hauses abzuhalten, erzählten die Dorfbewohner. Sie würden sich aber nicht einfach geschlagen geben. „Durch den Tsunami haben wir alles verloren. Das gibt uns den Mut aufzustehen und zu kämpfen, denn wir haben nichts mehr zu verlieren“, sagt Yuphin, während sie sich zu ihrem Haus umdreht. Das Betonfundament ist alles, was ihr geblieben ist. „Wo wollen sie uns denn hinschicken? Unsere Familien sind hier gestorben und wir fühlen uns diesem Ort tief verbunden.“

Die Regierung will indessen einen Kompromiss finden. In diesem Fall könne der Konflikt nur vor Gericht entschieden werden.

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