Die geheime Überwachung von Österreichs Haute Volee als Kunstwerk: Beim Opernball 2009 hatte der Schweizer Fotograf Jules Spinatsch zwei Netzwerkkameras installiert, die über den Abend verteilt 17.352 Einzelaufnahmen erstellten. Die Ablichtungen wurden von Spinatsch nun zu einem 32 Meter langen Rundpanorama mit dem Titel “Wien MMIX” arrangiert. Eröffnet wird das Panoptikum des alpenrepublikanischen Gesellschaftslebens offiziell am heutigen Donnerstagabend – unter anderem mit einer Rede von “Opernball”-Autor Josef Haslinger. Zu besichtigen wird die Fotoskulptur am Karlsplatz dann bis zum 31. Oktober sein.
Chronologische Aneinanderreihung
Zwischen 20.32 Uhr – ab dem Einlass zum Opernball in Wien – und 5.10 Uhr drehten sich Spinatschs Kameras zweimal um ihre eigene Achse und generierten dabei mit jedem Bild eine in sich geschlossene Kurzgeschichte. Zugleich entspinnt sich durch die chronologische Aneinanderreihung ein Panorama des Abends, vom Hereinströmen der Gäste bis zum Leeren des Tanzparketts am frühen Morgen.
Poesie des Nebensächlichen
Entsprechend evoziert das Fotomosaik auf Distanz die Eleganz eines k.u.k.-Balles. In den Einzelbildern selbst entfaltet sich dann bei näherer Betrachtung jedoch die Poesie des Nebensächlichen, wenn etwa ein wegdösender Jüngling oder turtelnde Paare abgebildet sind. “Als Rundpanorama im öffentlichen Raum ausgestellt, wird die Wiener Gesellschaft einer demokratischen Kontrolle, gleich einer visuellen Volksbefragung, unterworfen”, zeigt sich Spinatsch von der satirischen Schärfe seines Konzepts überzeugt.
Erfolgreicher Fotograf
Der 1964 im Schweizer Davos geborene Künstler gehört zu den erfolgreichsten Fotoschaffenden seiner Generation. Nach dem Studium am International Center of Photography in New York, wurde er mit seinen Langzeitprojekten “Temporary Discomfort” und “Snow Management” bekannt. Seine Werke waren schon im Museum of Modern Art New York (MOMA), in der Tate Modern London, dem SFMOMA San Francisco, dem Kunsthaus Zürich sowie dem Haus der Kunst München zu sehen.
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