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Operettenhimmel süß-sauer: "Land des Lächelns" an der Volksoper

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Die große Operettenrevolution in der Volksoper ist fürs Erste verschoben. Mit Franz Lehars "Das Land des Lächelns" hat Regisseurin Beverly Blankenship eine Produktion voll netter Unverbindlichkeiten und Fernost-Klischees auf die Bühne gestellt, deren Erfolg bei Stammpublikum wie Tagestouristen gesichert scheint.

Dafür gab es (fast) ausnahmslose Begeisterung beim Premierenpublikum Samstagabend. Selbst die schwache Sängerleistung trübte die Operettenseligkeit nicht. Lichtblick des Abends: Das Volksopernorchester, das diesmal mehr als nur solide agierte.

Dabei bietet kaum eine andere Operette so viel Stoff, der mühelos Themen von heute anpackt: Das Scheitern einer quasi binationalen Ehe aufgrund des mangelnden Integrationswillens des – in diesem Fall österreichischen – Parts. Den Kampf der Kulturen wollte Blankenship verständlicherweise nicht anzetteln, was auch zu viel verlangt gewesen wäre. Zum Thema China fiel ihr außer Buddhastatuen, Drachen und marschierenden steinernen Kriegern allerdings auch nicht mehr ein.

Da Österreich, dort China. Heißt: Einerseits eine angedeutete Fassade mit einem Wald à la Monet, dort vernebelte Hügel und ein stilisiertes Gefängnis frei nach Mondrian. Das Bühnenbild Heinz Hausers stört weiter nicht, die um Authentizität bemühten Kostüme von Elisabeth Binder-Neururer ebenso wenig. Die Optik vermittelt also beste Volksoperntradition – wie auch der ganze Abend. Was dazu führt, dass die Operette als solche keinen Schritt aus ihrem belächelten Dasein schafft.

Ebenfalls klassisch: Heinrich Schweiger und Gerald Pichowetz, die die herrschende Gesellschaft da wie drüben mit deftiger Komik vermitteln: Dass schon Pichowetz’ Vater und Großvater Eunuchen gewesen sein sollen, lässt zumindest schmunzeln. Die Sängerleistung der übrigen Besetzung weniger: Vor allem Ki-Chun Park als Prinz Sou-Chong patzt sich durch den Abend, die kardiologische Selbstenteignung bei “Dein ist mein ganzes Herz” gerät zur Wackelpartie. Und auch sein statisches Spiel erinnert eher an einen Konfirmanden als an einen Prinzen.

Thomas Sigwald als Grav Gustav von Pottenstein schüttet neben seinen Slapstickeinlagen sein Operettenherz nicht viel mehr aus und bleibt matt. Schrill dagegen, wenn auch solider, singt Ursula Pfitzner als Lisa. Da freut sich das Herz über Johanna Arrouas als Prinzenschwester, die die Derbheit des Abends für kurze Zeit vergessen macht. Die Tanzeinlagen (Choreographie: Allen Yu) sorgen für Schwung an einem Abend, der mit etlichen Längen gespickt ist.

Zu Recht hat Dirigent Sascha Goetzel – es war seine erste Premiere im Haus am Gürtel – die Musiker des Volksopernorchester für den Schlussapplaus auf die Bühne gekarrt. Die Leistung des Abends ließ schlechtere der Vergangenheit vergessen. Goetzel erfand dabei Lehars Musik zwar nicht neu, schaffte es aber, zu nuancieren und Klangfarben zu entwickeln. Lediglich der Kontakt zu den Sängern, die manchmal das Orchester schlicht ignorierten, litt.

Mit “Das Land des Lächelns” hat die Volksoper wieder ein Werk im Repertoire, das mit Sicherheit zum Publikumserfolg wird. Volksopern-Intendant Robert Meyer hat zwischen Risiko der Erneuerung und Solidem abgewogen. Die Marschrichtung dürfte nun bekannt sein. Es ist vorerst jene seines Vorgängers.

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