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Open-Air-Projekt "Kiss" widmet sich Nähe und Distanz

"Kiss" präsentiert eine bunte Mischung künstlerischer Interventionen.
"Kiss" präsentiert eine bunte Mischung künstlerischer Interventionen. ©Wien 2020, Kunsthalle Wien
Das neue Ausstellungsprojekt "Kiss" der Kunsthalle Wien zeigt über den Sommer Interventionen von Wiener Künstlern an mehreren Orten in der Stadt.

Wie passen das gesteigerte Bedürfnis nach Nähe und das gebotene Abstandhalten zusammen? Wie kann die Distanz zwischen Kunst und Publikum überwunden werden? Und wie befreien wir uns in Zeiten von Zoom und Co. aus dem digitalen Alltag?

Diesen Fragen geht das Open-Air-Projekt "Kiss" der Kunsthalle Wien nach, das den Stadtraum über den Sommer mit Interventionen heimischer Künstler bespielt.

Kunsthalle zeigt bunte Mischung künstlerischer Interventionen

Der Kuss steht dabei nicht nur für die durch die Coronakrise stark eingeschränkte Intimität, sondern auch für Klimts "Kuss", der bis vor wenigen Monaten als Sinnbild für kulturellen Massentourismus in Wien stand, wie Natasa Ilic am Mittwoch bei einer Pressekonferenz des Kunsthallen-Leitungs-Trios WHW erläuterte. Das Ausbleiben der Touristen aufgrund der Coronakrise sowie der fast unmögliche internationale Austausch in der Kunstszene führen nun dazu, dass die Kunsthalle Wien heimische Künstler eingeladen hat, frühere Werke neu zu befragen (oder neue zu schaffen), um sie den Wienerinnen und Wienern im öffentlichen Raum näher zu bringen.

Dafür haben sie die Kuratorinnen Laura Amann, Anne Faucheret und Aziza Harmel ins Boot geholt, die nun eine bunte Mischung von künstlerischen Interventionen präsentieren: Bereits am heutigen Mittwoch startet der aus Deutschland stammende und in Wien lebende Künstler Thomas Geiger mit seinem "Festival of Minimal Arts" am Reumannplatz in Wien-Favoriten. Indem er Performances anderer Künstler wieder zum Leben erweckt, will er Situationen schaffen, "die sich mit der (Un-)Möglichkeit von körperlicher Interaktion, Zuneigung, Intimität und Romantik im öffentlichen Raum zu Zeiten der Pandemie beschäftigen", wie er bei der Pressekonferenz erläuterte. Dabei kann man den Künstler etwa durch eine Glasscheibe küssen, von ihm platzierte Euro-Münzen vom Boden aufheben oder minutenlang auf einen Geldschein starren, den der Künstler anschließend an den Betrachter übergibt. Er wird seinen zufälligen Zuschauern aber auch anbieten, mit ihm die Schuhe zu tauschen oder sein Gesicht mit einem schwarzen Schleier verdecken. Das Re-Enactment von künstlerischen Performances von u.a. Jiri Kovanda, Cesare Pietroiusti oder Dora Garcia findet täglich bis zum 2. August statt.

Ausstellung verhandelt Nähe und Distanz im öffentlichen Raum

Die Wiener Künstlerin Eva Egermann wiederum realisiert unter dem Titel "Halt dich fern, aber halt mich" nicht nur die mit ebendiesem Spruch bedruckten Tragetaschen, sondern hat Plakate und Banner gestaltet, die über die Stadt verteilt im öffentlichen Raum verteilt sind. "Die eindringlichen poetischen Slogans erzählen von physischen und emotionalen Abhängigkeiten, hedonistischer Leidenschaft und kosmischen Verbindungen", heißt es in der Ankündigung. Margot Pilz, Jahrgang 1936, stellt am Karlsplatz ihr 1979 ursprünglich im Grazer Stadtpark präsentiertes "Hausfrauendenkmal" neu auf, Johanna Tinzl hat im Haupthof des Museumsquartiers ein Triptychon installiert, das aus einer 2016 entstandenen Serie stammt, in der sie die Holocaust-Überlebende Helga Pollak-Kinsky ("Mein Theresienstädter Tagebuch") porträtierte. Dafür wählte Pollak-Kinsky neun Orte ihrer Heimatstadt Wien aus, die sowohl vor ihrer Flucht 1938 als auch nach ihrer Rückkehr 1957 von Bedeutung waren. Die Foto-Arbeiten sind auch in einer Beilage der Juli-Ausgabe der Straßenzeitung "Augustin" zu sehen.

In der kommenden "Augustin"-Ausgabe findet sich eine Beilage von Elke Krystufek, die ab 29. Juli am Karlsplatz ein Grabdenkmal errichten wird, "das an die oft ungewollt verlaufenen, falsch überlieferten und missverstandenen Lebens- und Sterbegeschichten von Frauen" erinnern soll. Bei der "Gürtelfrische West" in Wien-Rudolfsheim gestaltet Rade Petrasevic eine große Wandfläche. Weitere "Kiss"-Stationen sind das Jüdische Museum Wien oder der Stephansdom. Eine Liste der Interventionen, Veranstaltungen und Orte wird auf der Website der Kunsthalle Wien ständig erweitert.

(APA/Red)

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