AA

OÖ: SP-Chefin tritt nach Plakat-Skandal ab - doch die Gründe sind andere

Linder folgt auf Gerstorfer.
Linder folgt auf Gerstorfer. ©APA/Screenshot
Reicht ein Impf-Plakat mit einem weinenden Kind, um in der oberösterreichischen Landespolitik zurückzutreten? Für Birgit Gerstorfer schon. Sie räumt den Sessel für ihren Nachfolger Michael Lindner.

Der bisherige Klubobmann Michael Lindner wird geschäftsführend ab Montag die Führung der SPÖ Oberösterreich von Birgit Gerstorfer übernehmen. Das wurde Dienstagabend einstimmig im Präsidium beschlossen. Gerstorfer bleibt noch bis zum Parteitag im September Landesrätin. Es wird auch einen Wechsel in der Landesgeschäftsführung geben. Bis zum 28. Februar will Linder einen Nachfolger für Georg Brockmeyer präsentieren, sagte er in der Pressekonferenz am Mittwoch.

Über den Vorschlag des Präsidiums, Lindner zum neuen Landesparteichef zu machen, wird kommenden Montag im Vorstand abgestimmt. Auf einem Parteitag im September soll er gewählt werden. Bis dann soll auch entschieden werden, wer Gerstorfers Posten in der Landesregierung übernimmt.

Experten: Impf-Kampagne "Anlassfall", aber nicht Ursache

Die Ablöse der oberösterreichischen SPÖ-Landesparteispitze hat laut Experten-Meinung tief greifende Gründe. Die SP-intern scharf kritisierte Impfkampagne mit traurigen Kindern sehen sowohl Politik-Berater Thomas Hofer als auch der Politologe Peter Filzmaier nur als "Anlassfall". Für Hofer, der gegenüber der APA von einem "sehr ungewöhnlichen" Schritt sprach, liegen die Gründe v.a. in der Erfolglosigkeit bei Wahlen und in der Distanzierung zur Gewerkschaft.

Hofer sagte zur APA, der Schritt sei "sehr ungewöhnlich", vor allem "dass die Demontage in sehr kurzer und emotionaler Art gemacht wird" - auch von der Wortwahl her. Dies lasse "tief blicken, was die innerparteiliche Harmonie angeht". Und das Vorgehen habe eine "Vorgeschichte", das Impfplakat sei nicht der Grund.

Impfplakat nur Anlassfall

Diese Ansicht teilt Filzmaier: "Das Impfplakat ist sicher nur ein Anlassfall. Natürlich ist das Thema sensibel. Werbung mit Kindern in der Politik emotionalisiert und polarisiert sowieso schon, erst recht wenn es in Verbindung ist mit Corona-Pandemie und letztlich Tod. Dahinter stehen aber tief greifende strukturelle Konflikte in der SPÖ Oberösterreich und vielleicht nicht nur dort", sagte der Politologe im Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch.

Es gehe um die Frage, wie es die SPÖ mit den Gewerkschaftern halte, so Filzmaier mit Verweis auf jene von der oberösterreichischen SPÖ-Vorsitzenden Birgit Gerstorfer veranlassten Studie im Auftrag der Landespartei, die die Rolle der Gewerkschaften hinterfragt. "Das ist nahezu ein Tabuthema in der SPÖ", sagte er. Auch für Hofer hat diese Studie die Ablöse "ins Rollen gebracht". Er verwies auch darauf, dass es in Oberösterreich eine "lange Vorgeschichte" mit auch zuletzt mageren Wahlergebnissen gab. Bei der Landtagswahl am 26. September konnte die SPÖ nur 18,58 Prozent erreichen, was lediglich ein Plus von 0,2 "Prozentpünktchen" (und Platz drei knapp hinter der FPÖ) bedeutete, erinnerte Hofer.

SPÖ OÖ unzufrieden mit Wahlergebnissen

Auch Filzmaier verwies auf die Wahl-Ergebnisse der Landespartei: "Man war in den frühen 2000er-Jahren noch nahe an der ÖVP als Landeshauptmannpartei dran, seitdem ging es steil bergab bei den Wahlergebnissen", sagte er im Ö1-Radio. "Zwischenzeitlich war aber auch ein Urgestein, Josef Ackerl, Parteichef - es hat nicht geklappt - und dann folgten zwei Arbeitnehmervertreter aus Gewerkschaft und Arbeiterkammer mit Entholzer mit Kalliauer", mit denen die Partei weiter verloren habe.

Auch verwiesen die beiden Experten darauf, dass noch jeder in der Partei, der die Macht der Gewerkschafter zu beschränken versuchte, Probleme bekam. "Wer es angegriffen hat, zurückreichend bis zum Ex-Bundesvorsitzenden Gusenbauer, hat dann den mächtigst möglichen Feind in der eigenen Partei gehabt, nämlich die Arbeitnehmervertreter", so Filzmaier. Hofer betonte, dass die Rolle der Gewerkschafter gerade in Oberösterreich als Industrieland ein besonders zentrales Thema sei. "Das Impf-Plakat war der Anlass, aber sicher nicht die Ursache", so sein Fazit.

(APA/red)

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • OÖ: SP-Chefin tritt nach Plakat-Skandal ab - doch die Gründe sind andere
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen