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Olmert: Tödlicher Angriff wegen Defekt

Der tödliche Angriff auf 18 Zivilisten im Gazastreifen ist nach israelischer Darstellung auf einen technischen Defekt zurückzuführen. Unter den Toten waren auch sieben Kinder.

„Es war ein technisches Versagen der israelischen Armee“, sagte Ministerpräsident Ehud Olmert am Donnerstag Medienberichten zufolge. Der folgenschwere Beschuss der Ortschaft Beit Hanoun sei politisch nicht beabsichtigt gewesen. Zehntausende Menschen erwiesen den Toten, darunter sieben Kinder und vier Frauen, die letzte Ehre. Bei ihrer Beerdigung wurde Israel erneut mit Vergeltung gedroht.

Olmert sagte, dass es sich um einen technischen Defekt gehandelt habe, habe er überprüft. „Es war nicht die Politik.“ Seine Regierung hatte bereits am Mittwoch den Tod der Zivilisten bedauert und eine Untersuchung eingeleitet. Verteidigungsminister Amir Peretz befahl der Armee, bis auf weiteres den Beschuss des Gazastreifens einzustellen. Die drohenden Reaktionen der Palästinenser haben Befürchtungen geweckt, die regierende Hamas könnte die Selbstmordattentate auf Israel wieder aufnehmen. Die israelischen Sicherheitskräfte wurden deshalb in Alarmbereitschaft versetzt. Die Hamas hatte im März 2005 einen Waffenstillstand verkündet, der Ende des Jahres auslief. Die letzten Selbstmordattentate hatte die Organisation, die sich die Vernichtung Israels auf die Fahnen geschrieben hatte, 2004 verübt.

Nach der Beerdigung der 18 Toten schworen Redner Israel erneut Rache. „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, rief der Fatah-Funktionär Abdul Hakim Awad den Trauernden zu. „So lange die Menschen in Beit Hanoun nicht sicher sind, wird es keine Sicherheit in Ashkelon, Haifa und Tel Aviv geben.“ Der Zwischenfall hat die verfeindeten Gruppen Fatah und Hamas zumindest zeitweise zum Schulterschluss veranlasst.

In einem Trauerzug begleiteten Zehntausende Menschen die 18 Toten zu einem neu angelegten Friedhof. Flankiert wurde der Zug durch die Straßen Beit Hanouns von bewaffneten und zum Teil vermummten Kämpfern. Sie feuerten Salut, als die 18 in gelbe Fatah-Fahnen gehüllten Leichen unter dem Ruf „Gott ist groߓ ins Grab gelassen wurden.

Palästinenser bezeichnen den tödlichen Beschuss als „schwarzen Tag“. Es war der folgenschwerste Angriff auf Zivilisten seit mindestens sechs Jahren. Palästinensischen Forschern zufolge kamen nur 1994 in Hebron mehr Zivilisten ums Leben, als ein israelischer Amokläufer 29 Menschen erschoss.

In der israelischen Presse löste der Zwischenfall ein geteiltes Echo aus. Israel gelte in der Welt als ein Staat, der schnell schieße, hieß es in einem Kommentar des Massenblatts „Yedioth Ahronoth“. „Ob es stimmt oder nicht. Fakt ist: So ist unser Ruf.“ Ein anderer Kommentator äußerte die Ansicht, der Beschuss der Häuser in Beit Hanoun sei kein Fehler, sondern eine Katastrophe gewesen. In der linksliberalen „Ha’aretz“ hieß es: „Diese Gräueltat ist durch nichts zu rechtfertigen.“

Dagegen machte der stellvertretende Verteidigungsminister Ephraim Sneh militante Palästinenser moralisch verantwortlich für den Tod der Bewohner in Beit Hanoun. Sie hätten Zivilisten für ihre Zwecke zynisch als Schutzschilde missbraucht, sagte Sneh der konservativen „Jerusalem Post“. Im Massenblatt „Ma’ariv“ hieß es, angesichts der auf Israel abgefeuerten Raketen sei die israelische Reaktion geboten gewesen.

Die Arabische Liga will in einer Sondersitzung kommende Woche über Konsequenzen beraten. Dabei gehe es darum, eine gemeinsame Haltung gegen Israel zu verabreden, sagte Liga-Generalsekretär Amr Mussa in Kairo zu dem geplanten Treffen der Außenminister. Vom Liga-Mitglied Ägypten kam bereits am Donnerstag heftig Kritik am israelischen Vorgehen. Das Land sprach ebenso wie die Türkei von einem „Massaker“. Es müsse eine unabhängige Untersuchung des Angriffs auf Beit Hanoun eingeleitet werden.

In den Chor der besorgten Stimmen mischte sich auch US-Präsident George W. Bush. Die USA seien betrübt angesichts des Verlusts an Leben im Gazastreifen, erklärte Bush am Mittwoch in Washington.

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