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Oh Yeah, She Performs - Trailer und Kritik zum Film

Laute Gitarren, schwitzende Gesichter, grellleuchtende Bühnenscheinwerfer: Um althergebrachte Klischees kommt man bei der Beschreibung von Mirjam Ungers Musik-Doku "Oh Yeah, She Performs!" nicht herum - aber nur, was den ersten Blick betrifft. Alle Spielzeiten auf einen Blick

Denn hier wird mehr erzählt als der klassische Traum des Rock’n’Roll-Lifestyle. Unger zeigt vier österreichische Musikerinnen im persönlichen Porträt, geht dabei über die “Weltsprache Musik” hinaus und erfasst für den Zuseher ein sehr komplexes Bild des zeitgenössischen, weiblichen Musikschaffens. Seine Premiere feiert der Film heute, Samstag, Abend bei der Viennale, ab 9. November startet er dann regulär im Kino.Ungers Nähe zur Thematik ergibt sich nicht zuletzt durch ihre langjährige Tätigkeit als Moderatorin für den Radiosender FM4. Zu dessen “Universum” sind wohl auch die vier Protagonistinnen zu zählen: Gustav alias Eva Jantschitsch, Clara Luzia alias Clara Humpel, Teresa Rotschopf sowie Luise Pop alias Vera Kropf. Die Musikerinnen selbst begegnen einander im Film allerdings nicht, vielmehr entwirft Unger in einem den Jahreszeiten untergeordnetem Erzählkonzept kaleidoskopische Einblicke in das tägliche Leben der Vier, von Proberaumsituationen über Studioaufnahmen bis zu Interviewmarathons oder Liveauftritten.

Gleich zu Beginn begegnet man Jantschitsch als “Botschafterin aus dem Untergrund”, die für Musiker ganz prinzipiell festhält: “Die, die es ehrlich machen, sind nackt auf der Bühne.” Voyeuristisch wird Ungers Zugang allerdings zu keiner Sekunde, stattdessen erhält man Zutritt zu ansonst meist verschlossenen Türen. So begleitet man eine sichtlich gesundheitlich angeschlagene Clara Luzia zu Studioaufnahmen, beobachtet Gustav bei den Vorbereitungen zum Auftritt im Hamburger Thalia-Theater, geht mit Luise Pop und ihrer Band auf Tour durch Tschechien und die Slowakei oder taucht mit Teresa Rotschopf in das New Yorker Nachtleben ein.

Eingefangen wird dies einerseits von einer Mischung aus klaren Großaufnahmen und körnigen bis leicht verschwommenen Bildern, die im schnellen, aber stets nachvollziehbaren Wechsel eine ungeheure Dynamik entfalten, sowie andererseits den Stücken der vier Musikerinnen als ständig präsentem Soundtrack, der mal nur Begleitung, mal ganz Hauptbestandteil ist. Kommerzieller Erfolg und das Zahlen der Rechnungen werden ebenso thematisiert wie politische Implikationen, wenn eine Frau sich im Musikbusiness abseits von stereotypen Vorstellungen zu positionieren sucht.

Unger gelingt dabei der Spagat zwischen ausstehender Beobachterin und einfühlsamer Geschichtenerzählerin, obwohl sie selbst in den gut 100 Minuten nur in wenigen Sequenzen mit Fragen eingreift. So wird man auch mit keinen klassischen Interviewsituationen konfrontiert, sondern sitzt wie die sprichwörtliche Fliege an der Wand im Umfeld der Musikerinnen – inklusive der Konfrontation mit allen Höhen und Tiefen, Freuden und Rückschlägen, Erfolgen und Krisen.

Über einen Zeitraum von zwei Jahren entstanden, stellt der Film für Unger “einen Wegweiser in eine (noch) utopische neue Welt” dar, “die keinen Geschlechterkampf mehr kennt, weil sie ihn überwunden hat, eine Welt, in der Männer und Frauen sich gegenseitig schätzen, unterstützen und gemeinsam an einer Vision und am Sound einer neuen gleichberechtigten Ära arbeiten”, wie sie im Presseheft zitiert wird. Und daneben natürlich auch eine ungemein sehenswerte Musikdoku, die allein durch die Freude an der Bildsprache und den Stücken ihrer Darstellerinnen fesselt.

(APA)

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