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OGH-Entscheid über Cola-Lenkerin

Symbolbild &copy bilderbox
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Am 3. März 1996 war eine junge Frau mit ihrem Auto auf der Wiener Brigittenauer Lände unterwegs. Weil sie plötzlich Durst verspürte, bat sie ihre Beifahrerin - damals Fahrschülerin mit wenigen Stunden Praxis -, kurz das Lenkrad zu halten und bückte sich nach einer Colaflasche.

Der daraus resultierende Unfall und seine Folgen zogen sich durch alle Instanzen. Der Prozess wurde erst vom Obersten Gerichtshof entschieden, der jetzt der Lenkerin die Hauptschuld zusprach (2 Ob 145/03t).

Brett bohrte sich durch Windschutzscheibe

Das Auto war infolge der nach dem Getränk „fischenden“ Lenkerin von der Fahrbahn abgekommen. Ihre Freundin schaffte es nicht, von ihrem Platz aus den Pkw auf der Straße zu halten – er fuhr mit rund 60 km/h gegen eine Baustellenabsperrung. Ein Brett bohrte sich durch die Windschutzscheibe und traf mit voller Wucht die Beifahrerin. Sie erlitt schwere Verletzungen und klagte darauf von der Lenkerin Schmerzengeld, Verdienstentgang und zudem allfällige zukünftige Folgeschäden ein.

Jene bzw. ihre Versicherung wollten für die geltend gemachten Forderungen nicht zur Gänze aufkommen. Sie stellten sich auf den Standpunkt, die Beifahrerin wäre zum Unfallzeitpunkt als Lenkerin anzusehen gewesen. Sie habe eine „Obliegenheitsverletzung“ begangen, weil sie das Steuer übernahm, ohne einen Führerschein zu besitzen. Sie treffe also ein Mitverschulden von 50 Prozent.

Verschulden 2:1 zu Lasten der Fahrerin

Das Erstgericht ging allerdings von einem Verschulden von 2:1 zu Lasten der Fahrerin aus. Begründung: Die Initiative zum „Lenkradtausch“ wäre von ihr gekommen. Außerdem habe sie weiter die Pedale bedient und die Möglichkeit gehabt, den Pkw zum Stillstand zu bringen.

Diese Verschuldensteilung hielt auch in der zweiten Instanz, worauf die Lenkerin zum Höchstgericht marschierte. Der OGH stellte bestätigte die Vorinstanzen: „Lenker eines Fahrzeuges ist derjenige, der die Verrichtungen ausführt, die erforderlich sind, damit die bestimmungsgemäßen Triebkräfte auf das Fahrzeug zur Fortbewegung einwirken.“ Damit war die am Fahrersitz sitzende und das Lenkrad und die Pedale bedienende Frau Lenkerin des Kfz. Das blieb sie auch, als die Beifahrerin kurzzeitig das Steuer übernahm.

Fazit: Die bei dem Unfall glimpflich davon gekommene Autofahrerin muss zwei Drittel der finanziellen Folgen tragen.

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