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ÖFB-Team als Drachen-Töter

Über 47.000 walisische Fußball-Fans verließen am Karsams-tag enttäuscht das Stadion in Cardiff, einige hundert Schlachtenbummler in Rot-Weiß-Rot skandierten hingegen enthusiasmiert "Immer wieder Österreich" in den Himmel.

Dieser leuchtete für das ÖFB-Team nach dem 2:0-Erfolg zwar nicht strahlend blau, aber der erste Auswärtssieg in Wales seit einem halben Jahrhundert (auch 1955 hatte es ein 2:0 gegeben) gab zumindest neue Hoffnung. Der Traum WM 2006 in Deutschland darf weiter geträumt werden, die Fortsetzung gibt es am Mittwoch im Ernst Happel-Stadion.

„Dann müssen wir eben Wales zwei Mal schlagen und auch in Polen gewinnen“, war die Conclusio der Kampfesrede von Teamchef Hans Krankl nach dem unglücklichen 3:3-Remis im Oktober 2004 in Nordirland gewesen. Der erste Teil dieser Forderung wurde zu Ostern 2005 von einer starken Mannschaft umgesetzt. Es wäre unfair gegenüber allen 14 eingesetzten Spielern einzelne herauszuheben, meinte ein stolzer und erfolgreicher Feldherr in seiner Analyse. Später fiel dem einstigen Barcelona-Torjäger nach dem Prestigeduell mit dem Ex-Real Madrid-Coach John Toshack aber doch ein treffender Vergleich ein.

Wenn Wales von den „Fab Four“ mit Kapitän Ryan Giggs, John Hartson, Craig Bellamy und Simon Davies schwärmt, dann konnte sich Österreich über die „Fantastischen Vier“ freuen. Torhüter Helge Payer, Abwehrspieler Emanuel Pogatetz, Mittelfeld-Dynamo Martin Stranzl und Super-Joker Ivica Vastic stachen auch neutralen Berichterstattern wesentlich mehr ins Auge als die Stars von Manchester United, Celtic Glasgow und den Tottenham Hotspurs.

„Helge Payer ist Österreichs Nummer 1“, sangen die mitgereisten Anhänger, aber der Rapid-Keeper blieb auch angesichts dieser Choräle so cool wie während der Partie im größten Stadion von Großbritannien. „Jetzt hoffen wir auf ein volles Stadion im Prater und wollen auch da wieder gewinnen“, dachte der Oberösterreicher schon wieder laut an die bevorstehende Aufgabe im nächsten Heimspiel, statt von persönlichen Glanzparaden zu sprechen. Ähnlich bodenständig zeigte sich Defensiv-Bollwerk Pogatetz.

Spätestens seit seinem Auftritt gegen Sturm-Tank Hartson, der gegen das Ex-GAK-Duo Ehmann/Pogatetz keinen Stich machte, weiß man, warum Spartak Moskau für den Steirer tief in die Tasche griff. Hart am Mann, konsequent in den Zweikämpfen und gemeinsam mit seinem ehemaligen Vereins-Kapitän als Herr der Lüfte präsentierte sich Pogatetz und sorgte für Staunen bei den Scouts aus der Premier League. „Like iron“, verglich ein Beobachter aus England den Vorzugsschüler von Walter Schachner schon mit Eisen.

Ähnliche Attribute zeichneten Martin Stranzl aus. Der Stuttgarter scheute keinen Weg, war von der ersten bis zur letzten Minute unterwegs und räumte im Zentrum des Platzes gemeinsam mit Rene Aufhauser erfolgreich ab und auf. “Österreich hat die Schlacht im Mittelfeld gewonnen“, konstatierte auch John Toshack bei der Pressekonferenz. Auch als Torschütze zum 2:0 trat Stranzl in Erscheinung, aber schon am Mittwoch ist er wieder als Mann für alle Fälle wohl auf einer anderen Position im Einsatz. Durch die Pogatetz-Sperre dürfte er in die Defensive rücken, dafür kündigt sich im Mittelfeld das Comeback von Didi Kühbauer an.

Im Mittelpunkt des Interesses stand aber auch der älteste Spieler im ÖFB-Aufgebot. Ivica Vastic, zuletzt bei der Austria nur mehr zweite Wahl und nun auch in der Nationalmannschaft auf die Bank verbannt, demonstrierte endlich wieder im Team-Dress seine Klasse. Die Mischung zwischen Alt (Vastic, Kirchler) und Jung (Ivanschitz, Pogatetz) stimmt. Das macht Hoffnung und gibt Hans Krankl Mut für die Zukunft. „Wir werden uns vielleicht nicht für die WM qualifizieren, aber diese Mannschaft wird in jedem Spiel ihr Bestes geben.“ Am Samstag in Cardiff war das schon ziemlich viel und machte Freude.

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