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ÖVP-Skandal: "Hochgradige Nervosität" nach Festnahme von Beinschab

Festnahme Beinschabs: WKStA sieht Verdunkelungsgefahr und erteilt weiter keine Auskünfte "zu laufenden Ermittlungen".
Festnahme Beinschabs: WKStA sieht Verdunkelungsgefahr und erteilt weiter keine Auskünfte "zu laufenden Ermittlungen". ©APA/HERBERT NEUBAUER
Die Festnahme der Meinungsforscherin Sabine Beinschab soll bei einzelnen Verdächtigen, gegen die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen der Inseraten-Korruptionsaffäre ermittelt wird, "hochgradige Nervosität" ausgelöst haben.
Beinschab festgenommen

Das war am Dienstag aus Wiener Anwaltskreisen zu hören. Informationen der APA zufolge befand sich Beinschab am Dienstagnachmittag noch immer in Gewahrsam.

ÖVP-Ermittlungen: Beinschab festgenommen

Beinschab war am Dienstagmorgen an ihrer Privatadresse wegen Verdunkelungsgefahr festgenommen worden, wobei die Festnahmeanordnung ein Richter bewilligt hatte. Die Meinungsforscherin soll kurz vor einer am vergangenen Mittwoch durchgeführten Hausdurchsuchung die Festplatte ihres Computers gelöscht haben. IT-Experten aus dem Ermittlungsteam der WKStA sollen das nach einer Überprüfung der sichergestellten Hardware herausgefunden haben. Im Anschluss soll sie - offiziell nicht bestätigten im Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) vernommen worden sein. Dass seit der Festnahme kaum beziehungsweise keine gesicherten Informationen nach außen drangen, nährte in Anwaltskreisen Spekulationen, Beinschab könne sich womöglich auf die Kronzeugen-Regelung eingelassen haben und umfassend aussagen. Belege in diese Richtung gab es Stand Mittwoch, 17.00 Uhr aber nicht.

Keine Bestätigung durch WKStA

Nach der Festnahme der Meinungsforscherin Sabine Beinschab im Zusammenhang mit der Inseraten-Korruptionsaffäre rund um die ÖVP und Alt-Kanzler Sebastian Kurz hat sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Mittwoch weiter bedeckt gehalten. Die Rechtsvertreterin Beinschabs war wiederum bis zum späten Nachmittag telefonisch nicht erreichbar - ein mögliches Indiz dafür, dass die Meinungsforscherin zu diesem Zeitpunkt noch als Beschuldigte vernommen wurde.

Die Frage, ob die WKStA die U-Haft beantragen wird, war weiter unklar. Einen entsprechenden Antrag soll die WKStA bisher nicht gestellt haben. Ein WKStA-Sprecher wollte am Mittwoch gegenüber der APA weder Fragen in diese Richtung beantworten noch die Festnahme kommentieren. Die Zurückhaltung begründete er damit, dass Ermittlungsschritte nicht beeinträchtigt werden dürften. Außerdem gelte es, die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu wahren.

Tatverdächtige Person kann bis zu 48 Stunden angehalten werden

Grundsätzlich kann eine tatverdächtige Person bis zu 48 Stunden zwangsweise angehalten werden. Vor Ablauf dieser Frist muss - geht die Strafverfolgungsbehörde davon aus, dass dies erforderlich ist - die bzw. der Betroffene dem zuständigen Gericht übergeben und von einem Richter oder einer Richterin vernommen werden, die bzw. der dann über einen bis dahin eingebrachten U-Haft-Antrag zu entscheiden hat. Das Gericht hat dabei zu prüfen, ob allenfalls gelindere Mittel angeordnet werden können. U-Haft darf nur bei dringendem Tatverdacht verhängt werden, sie ist zunächst auf 14 Tage begrenzt. Liegt nur der Haftgrund Verdunkelungsgefahr vor, darf die U-Haft ex lege nur maximal zwei Monate ausmachen.

Im konkreten Fall müsste die WKStA bis Donnerstagfrüh beim Wiener Landesgericht für Strafsachen einen U-Haft-Antrag stellen, falls sie eine weitere Inhaftierung Beinschabs für unumgänglich hält. Wie die WKStA vorgehen wird, war nicht absehbar.

Das wird Beinschab vorgeworfen

Beinschab wird Untreue und Bestechung als Beteiligte vorgeworfen. Sie soll gemeinsam mit ihrer Kollegin Sophie Karmasin die Vereinbarung rund um die angeblich zu Gunsten der für Kurz und die ÖVP frisierten Umfragen mit umgesetzt und anschließend "Scheinrechnungen" gelegt haben, die dem Finanzministerium "untergejubelt" wurden. Beinschab soll sie in eine von der Finanz in Auftrag gegebene Studie zur Betrugsbekämpfung "gepackt" haben. Beinschab ist Gründerin des Marktforschungsinstituts "Research Affairs", das seit vielen Jahren die Umfragen für die "Österreich"-Mediengruppe durchgeführt hat.

Daten von Festplatte sollen gelöscht worden sein

Einen in der Tageszeitung "Presse" erwähnten zeitlichen Zusammenhang zwischen einer möglichen Information über die anstehenden Hausdurchsuchungen an das Innenministerium und dem Löschen der Daten durch Beinschab griff Dienstagabend die Opposition auf. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch forderte den zuständigen Minister Karl Nehammer (ÖVP) auf, zu den im Raum stehenden "Verdacht" Stellung zu nehmen. Für FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz ist Nehammer "endgültig nicht mehr tragbar". Stephanie Krisper von den NEOS ortete ein "türkises System" im Innenministerium. Diese "Sümpfe" müsse man "endlich trockenlegen".

Das Innenministerium betonte in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA, dass es vonseiten des Ressorts "keinerlei Informationsweitergabe" gegeben habe. Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) sei lediglich unterstützend bei der Amtshandlung der WkStA tätig gewesen und erst kurzfristig vor den Durchsuchungen informiert worden. Zudem habe das Bundesamt, das innerhalb des Ministeriums eine besondere Stellung einnehme, keinerlei Berichtspflicht - "auch nicht an die Ressortleitung".

Zur Verteidigung Nehammers sprang auch die stellvertretende ÖVP-Generalsekretärin Gabriela Schwarz ins Feld. Die am Mittwoch erfolgten Hausdurchsuchungen seien im Vorfeld durch Medienanfragen an ihre Partei publik geworden, betonte sie in einer Aussendung. Dass nun versucht werde, "den Innenminister anzupatzen, ist nicht nur völlig realitätsfremd, sondern auch vollkommen absurd".

Dass auch die Mediengruppe "Österreich" bereits Mitte September Daten durch professionelle Firmen löschen lassen wollte, wie es die "Presse" berichtet, bestätigte Chefredakteur Niki Fellner der Zeitung zwar. Er begründete das Ansinnen aber mit einem "schwerwiegenden Fall von Cyberkriminalität" im Haus.

(APA/Red)

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