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ÖVP-Krisensitzung: "Brodelnder Kochtopf, der nicht explodiert"

Ob nun angezählt oder nicht - Spindelegger hat es wohl mit einer internen Obmann-Diskussion zu tun.
Ob nun angezählt oder nicht - Spindelegger hat es wohl mit einer internen Obmann-Diskussion zu tun. ©APA
Für den Politikwissenschafter Peter Filzmaier ist die aktuelle Situation der ÖVP ein "brodelnder Kochtopf, der gestern nicht explodiert ist", der aber auch mittelfristig nicht explodieren werde, weil es für die Partei selbstzerstörend wäre.

Meinungsforscher Peter Hajek sprach am Montag gegenüber der APA von einer “durchwegs ernsteren Situation”, er sieht Parteichef Michael Spindelegger angezählt.

Unstimmigkeiten in der ÖVP nicht bereinigt

“Für Geplänkel halte ich das nicht mehr”, sagte Hajek. Wäre die Sitzung in der Nacht auf Montag wie behauptet eine Routinesitzung gewesen, hätte sie nicht Sonntagnacht stattgefunden, gibt er zu bedenken. Und die Unstimmigkeiten seien offensichtlich nicht begradigt worden, denn sonst wären wohl einige Landeshauptleute mit Spindelegger gemeinsam bei der anschließenden Pressekonferenz aufgetreten, um Einigkeit zu demonstrieren.

Interne Machtgeplänkel

Die grundsätzlichen Interessensgegensätze innerhalb der ÖVP seien nicht neu, merkte Filzmaier an. Sie hätten aber zugenommen, je mehr Macht die ÖVP verloren habe. Dass aktuell beispielsweise der Wirtschaftsbund aufbegehrt, sieht der Experte etwa darin begründet, dass man kein machtpolitisches Amt innehat, inhaltlich werde außerdem Wirtschaftsförderung eher vermisst.

ÖVP-Hochburgen im Westen wackeln

Für die Verstimmung in den Ländern Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Steiermark nannte Filzmaier auch als Grund, dass Spindelegger bei der Personalauswahl seiner Minister “ungewöhnlich mutig” gewesen sei. Hinzu kommen Landeswahlen, etwa noch heuer in Vorarlberg: Im Westen habe die ÖVP noch viel zu verlieren, erinnert Filzmaier.

Aufgrund der dort bürgerlichen Grünen und auch der Neos als neue Konkurrenz sei die West-ÖVP auf der Suche, wie man bürgerlich-liberale Wähler ansprechen kann. Auch Hajek meint: Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner “spürt natürlich die Neos im Nacken”.

Keine Alternative zu Spindelegger?

Die Ursachen, warum besagter “Kochtopf” kocht, seien bei der Krisensitzung in der Nacht auf Montag jedenfalls nicht beseitigt worden, glaubt Filzmaier. Spindelegger sieht er jedoch “mittelfristig” nicht gefährdet: Erstens wegen Alternativenlosigkeit, zweitens, weil der ÖVP-Chef die mächtigen Niederösterreicher und Oberösterreicher hinter sich habe, wie es scheine. Anders sieht die Sache Hajek: Spindelegger sei “selbstverständlich” gefährdet, bei einem gefestigten Parteiobmann wäre die Debatte beendet.

Die Koalition allerdings ist Hajeks Meinung nach kurzfristig nicht gefährdet, wiewohl die Situation der ÖVP mittel- bis langfristig Gefahrenpotenzial berge. Die Frage sei aber, was die Alternative wäre, und Neuwahlen seien weder für die ÖVP noch für die SPÖ interessant. Auch für Filzmaier ist die Regierung derzeit nicht gefährdet, zumindest “nach den Gesetzen der Logik macht es keinen Sinn”. (red/APA)

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