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Österreichs bekannteste Flüchtlingshelferin Ute Bock verstorben

Ute Bock ist in Wien verstorben.
Ute Bock ist in Wien verstorben. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Ute Bock, Österreichs bekannteste Flüchtlingshelferin, ist am Freitag 75-jährig verstorben. Nach kurzer schwerer Krankheit ist sie um 04.40 Uhr im Kreise ihrer Schützlinge im Ute Bock Haus gestorben.
Ute Bock ist tot. Jahrelang hatte sich die pensionierte Erzieherin kompromisslos und ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit für Flüchtlinge eingesetzt, butterte Gehalt bzw. Pension und Spendengelder in deren Unterbringung. Für Linke wurde sie damit zur Schutzmadonna der Gestrandeten, für Rechte und manchen Anrainer dagegen zu einer Art Gottseibeiuns. Ihr Einsatz machte sie sogar zum Doku-Filmstar, es wurde ihr eine Biografie gewidmet, und sie erhielt zahlreiche Ehrungen von Renner- bis Kreisky-Preis. Geboren am 27. Juni 1942 in Linz, begann sie nach der Matura in einem Heim für schwer erziehbare Sonderschüler in Biedermannsdorf zu arbeiten. Der nächste Weg führte sie nach Wien-Favoriten, in die Zohmanngasse, bis heute ein symbolträchtiger Ort für Bock-Freunde wie Gegner.

Bock kümmerte sich um Fälle aus schwierigen sozialen Verhältnissen

Dort stand in den 1970er-Jahren ein Gesellenheim, Bock kümmerte sich dort zunehmend um Fälle aus schwierigen sozialen Verhältnissen. 1976 wurde sie Leiterin der Einrichtung. In den 1990er-Jahren wandelte sich das vormalige Gesellenheim immer mehr in ein Quartier für junge Zuwanderer, zunächst aus dem Jugoslawien-Krieg, später auch für viele Schwarzafrikaner.

Letztere Gruppe war es auch, die Bock immer wieder Probleme mit Anrainern einbrachte, die sich an der recht großen Afrikaner-Kolonie mitten in Favoriten stießen. 1999 dann der Tiefpunkt im Bock’schen Wirken: Bei der nicht unumstrittenen Polizeiaktion “Operation Spring” wurde “die Zohmanngasse” Ziel einer Razzia, bei der etwa 30 Afrikaner unter Verdacht des Drogenhandels festgenommen wurden.

Ute Bock von Schützlingen als “Mama” bezeichnet

Wenig später war Bock in Pension, was ihr Engagement aber nicht beendete. Ganz im Gegenteil, mit eigenen Renteneinkünften und Gaben von Sponsoren wurden Unterkünfte für obdachlose Flüchtlinge lukriert. Bocks Einrichtungen wurden auch zur Briefkasten-Adresse für jene, die kein Dach über dem Kopf hatten und einen Meldeort benötigten. Gewechselt wurde die Hilfszentrale. Von Favoriten ging es in die Leopoldstadt.

Die von ihren Schützlingen gerne als “Mama” betitelte Oberösterreicherin schwang sich mit ihrem Wirken schnell zu einer Art Kult-Figur auf, was beim Lukrieren von Geldern durchaus hilfreich war. Die wohl bekannteste Aktion war “Bock auf Bier”, bei der in Dutzenden Wiener Lokalen ein 10-Cent-Zuschlag zugunsten der Bock-Einrichtungen eingehoben wurde. Bock selbst meint zu solchen Aktivitäten: “Ich brauch’ die Reklame, und ich brauch’ das Geld.” Alles Bemühen vor allem der Kulturwelt hätte freilich nichts genützt, wäre nicht der Industrielle Hans-Peter Haselsteiner in die Bresche gesprungen, als 2008 Bocks Verein finanziell vor dem Aus stand und die Helferin sogar mit dem Sprung aus dem Fenster drohte.

Bock erlitt 2013 ersten Schlaganfall

Später lief alles wieder in ruhigeren Bahnen ab. Bock bekam ein neues Haus, das eigentlich ein altes war, wieder in der Zohmanngasse, sehr zum Unwillen der örtlichen Freiheitlichen und vieler Anrainer. Ende 2013 überstand sie einen schweren Schlaganfall, wieder gab es Geldsorgen. Sie musste kürzertreten, kehrte 2014 aber in ihr Wohnprojekt zurück. Prominente Unterstützer hatte sie viele, darunter Alt-Bundespräsident Heinz Fischer.

Im Herbst 2015, als die Flüchtlingskrise am Höhepunkt war und Tausende am Wiener Westbahnhof strandeten, erhob sie die Stimme und warnte vor Scheinheiligkeit. “Es ist nicht das wichtigste, dass die Leute da einen Kilo Brot hintragen”, meinte sie im APA-Gespräch. Das Schlimmste sei “dass wir so eine fürchterliche Einstellung haben – wenn ich in der Straßenbahn höre, ‘wären sie halt daheim geblieben’, das ist unerträglich”.

APA/Red.

 

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