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Österreichisches Sprachdiplom verkauft: Prozess in Wien

Der Prozess hat am Freitag gestartet.
Der Prozess hat am Freitag gestartet. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Am Freitag hat am Wiener Straflandesgericht ein Prozess rund um den unrechtmäßigen Verkauf des Österreichischen Sprachdiploms gestartet.

Am Wiener Straflandesgericht ist am Freitag ein Prozess gestartet, bei dem es um den unrechtmäßigen Verkauf des Österreichischen Sprachdiploms (ÖSD) an Ausländerinnen und Ausländer geht, obwohl diese über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfügten. Sie brauchten diese Zertifikate als Nachweis für ihren Aufenthaltstitel oder ein Studium in Österreich. Für rund 2.000 bis 3.000 Euro wurden den Prüflingen die Fragen samt Lösungen übermittelt, um diese auswendig zu lernen.

Alle zehn Angeklagten bekannten sich schuldig

Auf der Anklagebank nahmen zehn Beschuldigte Platz. Ursprünglich hätten sich zwölf Angeklagte verantworten müssen. Allerdings wurde das Verfahren gegen zwei Angeklagte zunächst ausgeschieden, weil sie nicht vor Gericht erschienen und auch auf Anrufe der Richterin Magdalena Klestil-Krausam nicht reagierten. Zwei Stunden nach Verhandlungsbeginn kündigte eine der beiden an, zum Gericht zu kommen. Sie hatte den Tag für den Beginn des Prozesses verwechselt. Alle Angeklagten bekannten sich schuldig. Bei den Beschuldigten handelt es sich um die ehemalige Leiterin einer Sprachschule (64), drei Lehrerinnen (41, 42, 47), die auch die Prüfungen abgenommen hatten, sowie jene, die Geld für das Diplom bezahlt hatten. Ihnen wird u.a. das Vergehen der entgeltlichen Beihilfe zum unbefugten Aufenthalt nach Paragraf 115 Fremdenpolizeigesetz sowie die Fälschung von Beweismitteln nach Paragraf 293 Strafgesetzbuch vorgeworfen.

Sieben Personen kauften Sprachdiplom über Wiener Sprachschule

Von 2017 bis 2019 haben auf diesem Weg sieben Personen ein solches Sprachdiplom über eine Wiener Sprachschule erworben. Ein 46-jähriger Chinese, der bereits zum Studieren nach Wien gekommen ist, soll etwa 3.000 Euro bezahlt haben, um ein ÖSD-A1-Diplom für seine Schwiegereltern zu bekommen. "Sie haben die Sprachkurse besucht, aber es ist einfach nicht gegangen", sagte der Mann. Weil es den beiden gesundheitlich sehr schlecht gehe, "habe ich keine andere Möglichkeit gesehen". Die Leiterin der Sprachschule habe daraufhin vorgeschlagen, für das Diplom zu zahlen. Sein Anwalt Ernst Schillhammer bat um eine diversionelle Erledigung des Verfahrens.

Die 64-Jährige habe daraufhin zwei Kolleginnen gebeten, "mir zuliebe diese beiden Personen zu unterstützen". Die Prüfungsfragen wurden beim ÖSD bestellt, zu denen die Sprachschulenleiterin Zugang hatte. Daraufhin wurden die Fragen plus Lösungen über den Kurznachrichtendienst WhatsApp an die Prüflinge weitergeleitet, verbunden mit der Aufforderung, diese auswendig zu lernen. Auf einer Aufnahme ist etwa zu hören, wie eine Kasachin nicht einmal die Frage nach Familien- und Vornamen auf Deutsch versteht. "Und dann spricht sie plötzlich wie aufgezogen", hielt die Richterin ihr vor. "Es ist mir schon komisch vorgekommen", sagte eine Prüferin. "Aber ich wollte mich nicht einmischen", sagte die 41-Jährige, die von Anwalt Mirsad Musliu vertreten wurde.

Schulleiterin habe aus Mitleid gehandelt

Sie habe aus Mitleid gehandelt, viele ihrer Schüler hätten sich bemüht, aber die Prüfung nicht geschafft, sagte die Schulleiterin, anwaltlich vertreten von Rudolf Mayer. "Ich glaub' schon, dass alle gelernt haben. Aber der andere Weg war scheinbar der einfachere", sagte die Richterin. Zudem habe es finanzielle Gründe gegeben. Innerhalb der Sprachschulen sei der Konkurrenzkampf recht groß gewesen. Das bezahlte Geld sei untereinander aufgeteilt worden. Da die Leiterin der Sprachschule auch die Vorsitzende der Prüfungskommission war, konnte sie auf Vorwurf der Staatsanwaltschaft die Zertifikate auch unterschreiben. Dass die Sprachschülerinnen und -schüler nicht ansatzweise Deutsch konnten, zeigte sich bei der Verhandlung. Allesamt brauchten für ihre Aussage einen Dolmetscher.

Der Prozess wird am Freitag noch nicht abgeschlossen. Ein weiterer Verhandlungstag findet am 23. Juli statt.

(APA/Red)

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