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Österreichische Flüchtlingspolitik - Griechenland: Wien verbreitet Lügen

Griechenland ist nicht einverstanden mit Österreichs Flüchtlingspolitik.
Griechenland ist nicht einverstanden mit Österreichs Flüchtlingspolitik. ©AP (Sujet)
Der Streit zwischen Athen und Wien hält an: Griechenland ist empört über das Vorgehen Österreichs in der Flüchtlingskrise. Nun warf Außenminister Nikos Kotzias der Regierung vor, Lügen zu verbreiten. Außerdem hätte er, laut Medienberichten, Sorge, dass die Politik Österreich die Spaltung der EU "vorantreiben" könnte.
Botschafterin aus Wien abgezogen

Angesprochen auf die scharfe Kritik österreichischer Politiker an Griechenland, erzählte Kotzias, dass Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) beim EU-Innenministerrat am Donnerstag in Brüssel Lügen verbreitet habe. Mikl-Leitner habe gesagt, der griechische Innenminister habe erzählt, “Griechenland und auch Frontex seien nicht in der Lage, die Grenzen zu schützen. Das hat unser Minister nie gesagt. Doch es wurden solche Aussagen fabriziert, um Vorwürfe gegen uns zu erheben. Das finde ich nicht schön.”

Botschafterin aus Wien abgezogen

Dass Mikl-Leitners geplanter Besuch in Athen als Retourkutsche – auch für den Ausschluss bei der am Mittwoch in Wien abgehaltenen Konferenz mit den Staaten entlang der Balkanroute – abgelehnt wurde, wollte Kotzias so nicht gelten lassen. Man könne nicht “schimpfen und Beschlüsse fassen, um zu versuchen, ein EU-Mitglied zu ersticken. Und dann nur wegen der Show nach Athen kommen.” Ob und wann die griechische Botschafterin in Wien, die am Donnerstag für Konsultationen zurück nach Athen berufen wurde, zurück nach Österreich kommt, wollte der Minister nicht sagen. Zuerst müssten sich die Beziehungen “abkühlen”. “Ich hoffe, dass die österreichische Seite nicht weiter Lügen über uns verbreitet und auf die Linie von (Bundespräsident Heinz, Anm.) Fischer einschwenkt.” Fischer führte am Freitagabend mit seinem Amtskollegen Prokopis Pavlopoulos ein nach eigenen Angaben “freundschaftliches, sachliches” Telefonat.

Mit Blick auf die von Serbien, Kroatien, Slowenien und Mazedonien beschlossenen Tageskontingente sagte der griechische Außenminister, dass er es “eigenartig” finde, dass Beschlüsse, die Polizeibeamte gefällt haben, “jetzt wichtiger sein sollen als die der Staats- und Regierungschefs”. In der EU könne nicht jeder machen, “was ihm gerade gefällt, weil sonst das europäische Projekt auseinanderbricht”. Aufgrund der Tausenden in dem Mittelmeerland festsitzenden Asylsuchenden könne es zu einer humanitären Krise kommen, warnte Kotzias.

Die Grenzen mit militärischen Maßnahmen zu sichern, hält Kotzias für “nicht sehr rational”. Es sei eine “Illusion zu glauben, dass wenn man Griechenland abriegelt, keine Flüchtlinge mehr nach Europa kommen werden”. Einige seiner deutschsprachigen EU-Kollegen hätten sich bei Treffen in Brüssel für Waffengewalt gegen Flüchtlinge ausgesprochen. Nach mehreren Stunden oder auch Tagen hätten sie das aber zurückgenommen.

Fischer telefonierte mit griechischem Amtskollegen

Nach heftigen diplomatischen Verwerfungen zwischen Österreich und Griechenland hat sich nun auch der griechische Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos eingeschaltet. Am Freitagabend rief er seinen österreichischen Amtskollegen Heinz Fischer an, um “aktuelle Fragen der europäischen Flüchtlingspolitik” zu erörtern, wie die Präsidentschaftskanzlei am Samstag mitteilte.

In dem 30-minütigen “sachlichen und freundschaftlichen” Gespräch habe Pavlopoulos auf die für sein Land “extrem schwierige Lage” verwiesen. Fischer seinerseits habe die österreichische Position erläutert und auf das kommende Gespräch beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel am 7. März verwiesen.

Die österreichische Regierung hatte Griechenland wegen seines Vorgehens in der Flüchtlingspolitik in den vergangenen Wochen mehrmals scharf kritisiert. Der Ausschluss Athens von einer von Wien organisierten Konferenz mit den Staaten entlang der sogenannten Balkanroute am Mittwoch verhärtete die Fronten, Kritik kam auch seitens der EU-Kommission. Am Donnerstag rief Griechenland dann seine Botschafterin aus Wien zurück nach Athen, am Freitag lehnte das Mittelmeerland einen Besuch von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner

Faymann: Griechenland agiert “wie ein Reisebüro”

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) will im Konflikt um die österreichische Flüchtlingspolitik nicht nachgeben. Der “Richtwert” von 37.500 Asylanträgen heuer werde konsequent eingehalten, sagte Faymann der Tageszeitung “Österreich” (Sonntagsausgabe). Scharfe Kritik übte der Kanzler an Griechenland, das in der Flüchtlingskrise “wie ein Reisebüro agiert”. Österreichs Politik sei “reine Notwehr”.

“Österreich wird konsequent auf seiner Linie bleiben und den beschlossenen Richtwert von 37.500 Asyl-Aufnahmen einhalten. Wir können nicht alle Flüchtlinge bei uns aufnehmen – und das werde ich als Regierungs-Chef in aller Konsequenz vertreten”, betonte Faymann. “Wir werden laut und deutlich sein”, fügte der Kanzler in einem Interview mit der “Kronen Zeitung” hinzu. “Österreich hat Vorbildliches geleistet, dass das nicht anerkannt wird, ist enttäuschend.”

Mit Blick auf die schwere diplomatische Verstimmung mit Athen wegen der von Österreich betriebene Schließung der Balkanroute sagte der SPÖ-Chef gegenüber “Österreich”: “Ich verstehe die Politik der Griechen nicht mehr. Es geht nicht, dass Griechenland wie ein Reisebüro agiert und alle Flüchtlinge weiter schickt. Griechenland hat letztes Jahr 11.000 Flüchtlinge aufgenommen, wir aber 90.000. Das darf sich nicht wiederholen.”

(apa/red)

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