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Österreich überwindet Rezession, aber Inflation bleibt hoch

Wifo und IHS bestätigen das Ende der Rezession in Österreich.
Wifo und IHS bestätigen das Ende der Rezession in Österreich. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Die heimische Wirtschaft kehrt laut aktueller Konjunkturprognose der Institute Wifo und IHS aus der Rezession zurück. Für das laufende Jahr erwarten beide Institute ein leichtes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts.

Die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS heben ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr an. Die Ökonomen erwarten aber keinen großen Wirtschaftsaufschwung. Im Juni ging man noch für Österreichs Wirtschaft von einem Nullwachstum (Wifo) bzw. "Mini"-Plus (IHS) von 0,1 Prozent aus, nun wird ein Plus von 0,3 bzw. 0,4 Prozent erwartet. Der längste Wirtschaftsabschwung der Zweiten Republik wäre damit Geschichte. Die Inflationsprognose heben die Ökonomen hingegen deutlich an.

"Kein Anlass für Entwarnung"

"Ein echter Aufschwung ist nicht in Sicht", kommentierte Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr die aktuelle Konjunkturprognose am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Die 2020er-Jahre drohen "zu einem verlorenen Jahrzehnt zu werden", warnte Felbermayr. Es sei "Zeit für eine breite Reformpartnerschaft" von Unternehmen, Gewerkschaft und Politik.

Auch IHS-Chef Holger Bonin sieht "keinen Anlass für Entwarnung" für Österreichs Wirtschaft. Das Wachstumstempo sei langsamer als in vielen anderen EU-Ländern. "Der Reformdruck bleibt hoch", sagte Bonin bei dem Pressetermin mit dem Wifo. Man müsse vor allem "das Inflationsproblem in den Griff bekommen. "Dafür müssen diverse Akteure über ihren Schatten springen."

Konsum als Triebfeder

Die wirtschaftliche Erholung werde vom privaten Konsum getragen, der Warenaußenhandel sei im laufenden Jahr aber noch rückläufig, erklärte das Wifo in der Konjunkturprognose. Die konjunkturelle Dynamik dürfte 2025/2026 "deutlich hinter früheren Erholungsphasen" zurückbleiben, erwartet das IHS und verwies auf "die verhaltene internationale Konjunktur und heimische Strukturprobleme". Für 2026 senkten die Ökonomen ihre Wirtschaftswachstumsprognose vom Juni um 0,1 Prozentpunkte auf 1,1 bzw. 0,9 Prozent. Im Jahr 2023 schrumpfte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Österreich um 0,8 Prozent und 2024 um 0,7 Prozent.

Heuer Inflation von 3,5 Prozent erwartet

Nach den Rekord-Inflationsjahren 2022 und 2023 mit 8,6 Prozent und 7,8 Prozent sank die Teuerung 2024 auf 2,9 Prozent. Die von Wifo und IHS erwartete Seitwärtsbewegung bei der Inflation ist heuer aber nicht eingetreten, beide Institute rechnen nun für das laufende Jahr mit 3,5 Prozent. In den letzten Monaten hätten die Lebensmittelpreise "kräftig zugelegt" und entgegen den Erwartungen habe der Preisauftrieb bei den lohnkostenintensiven Dienstleistungen nicht nachgelassen, so das IHS. Im kommenden Jahr prognostizieren Wifo und IHS einen Rückgang der Teuerung auf 2,4 Prozent.

Die Erholung der Wirtschaft kommt zeitverzögert am Arbeitsmarkt an: Für heuer erwarteten die Ökonomen noch einen Anstieg der Arbeitslosenrate nach nationaler Berechnung um 0,5 bzw. 0,4 Prozentpunkte auf 7,5 (Wifo) bzw. 7,4 Prozent (IHS). Im kommenden Jahr soll die Arbeitslosenrate dann auf 7,3 Prozent sinken.

Die Budgetlage der öffentlichen Hand bleibt angespannt. Wifo und IHS prognostizieren für heuer ein gesamtstaatliches Defizit von 4,2 bzw. 4,3 Prozent der Wirtschaftsleistung und von 3,9 bzw. 4,1 Prozent im kommenden Jahr. Das gesamtstaatliche Defizit in Österreich lag 2024 mit 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) deutlich über dem Maastricht-Grenzwert von 3 Prozent. Im Juli wurde deswegen die Eröffnung eines EU-Defizitverfahrens gegen Österreich offiziell beschlossen.

Wachstum unter Eurozonen-Niveau

Das Wifo veröffentlichte mit der Kurzfrist-Konjunkturprognose erstmals zeitgleich auch die Mittelfristprognose. Das reale BIP-Wachstum im Zeitraum 2026 bis 2030 soll im Durchschnitt 1,1 Prozent pro Jahr betragen. Die österreichische Wirtschaft dürfte laut Wifo mittelfristig um 0,2 Prozentpunkte schwächer wachsen als der Durchschnitt des Euroraums.

Wifo/IHS bei Budgetdefizit 2025 etwas optimistischer als Marterbauer

Wifo und IHS prognostizieren zudem für heuer ein gesamtstaatliches Defizit von 4,2 bzw. 4,3 Prozent der Wirtschaftsleistung und von 3,9 bzw. 4,1 Prozent im kommenden Jahr. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) ist etwas pessimistischer und meldete vergangene Woche für 2025 ein erwartetes Budgetdefizit von 4,54 Prozent an die EU.

Das gesamtstaatliche Defizit in Österreich lag 2024 mit 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) deutlich über dem Maastricht-Grenzwert von 3 Prozent. Im Juli wurde deswegen die Eröffnung eines EU-Defizitverfahrens gegen Österreich offiziell beschlossen.

"Beträchtlichen Unsicherheiten" bei Budget der Länder und Gemeinden

Die Prognose der Budgetentwicklung auf Ebene der Länder und Gemeinden sei "mit beträchtlichen Unsicherheiten verbunden", warnte das IHS in seinem Konjunkturbericht. Beschlossene Sparmaßnahmen würden die Budgets ab der zweiten Jahreshälfte 2025 entlasten. Das Wifo rechnet für 2025 mit ausgabenseitigen Einsparungen der öffentlichen Hand von knapp 3,5 Mrd. Euro, unter anderem durch die Streichung des Klimabonus und der Aussetzung der Bildungskarenz.

In der Langfristprognose des Wifo sinkt das gemeinsame Defizit von Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern bis 2030 nur langsam auf 3,7 Prozent. Das Budgetdefizit des Staates soll im Zeitraum 2026 bis 2030 bei durchschnittlich 3,8 Prozent des nominellen BIP liegen und die Staatsschuld bis 2030 auf 88,3 Prozent der nominellen Wirtschaftsleistung steigen. Österreich würde damit bis Ende des Jahrzehnts gegen die Maastricht-Schuldenregeln der EU verstoßen.

(APA/Red)

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