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"Österreich trauert": Reaktionen auf Tod von Hermann Nitsch

Hermann Nitsch wurde von der Politik gewürdigt.
Hermann Nitsch wurde von der Politik gewürdigt. ©APA/ROLAND SCHLAGER (Symbolbild)
Der Tod von Hermann Nitsch hat Reaktionan aus der Politik und der Kulturszene nach sich gezogen.
Aktionskünstler Nitsch gestorben

Große Betroffenheit herrschte am Dienstag in Österreichs Politik, nachdem bekannt wurde, dass der Aktionskünstler, Maler und Komponist Hermann Nitsch am gestrigen Ostermontag im Alter von 83 Jahren verstorben ist. Politikerinnen und Politiker vom Bundespräsidenten abwärts würdigten Nitsch in ersten Reaktionen als einen bedeutenden Künstler, der Großes geschaffen habe.

Van der Bellen über Hermann Nitsch

"Mit ausdrucksstarken Bildern und Aufsehen erregenden Aktionen hat er die heimische Kunstwelt neu definiert. Nun ist der Großmeister des Aktionismus von uns gegangen: Hermann Nitsch ist tot", meldete sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen zu Wort. "Die heimische Kunst ist damit um eine ihrer auch international bedeutendsten Persönlichkeiten ärmer. Konsequent hat Hermann Nitsch über Jahrzehnte hinweg an seinem kultischen Stil gearbeitet, seine Werke und sein Wirken haben niemanden kaltgelassen. Österreich trauert um einen unbestechlichen und faszinierenden Maler und einen beeindruckenden Menschen. Sein Werk wird weiterleben, dessen bin ich mir gewiss", betonte der Bundespräsident in einer Aussendung.

Sobotka: Hermann Nitsch "war herausragende Persönlichkeit"

"Mit dem Tod von Hermann Nitsch verliert Österreich einen großartigen Universalkünstler, der die Kunstszene über sechs Jahrzehnte lang nachhaltig geprägt hat wie kein anderer", ließ Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) verlauten. Nitsch habe "Österreich mit seiner Aktionskunst international positioniert und Kunstgeschichte geschrieben. Er war eine herausragende Persönlichkeit, ein großartiger Botschafter der Kunst, aber vor allem ein sensibler und ganz feinsinniger Mensch."

Hermann Nitsch gestorben: Reaktion von Nehammer

"Die Nachricht des Todes von Hermann Nitsch macht mich sehr betroffen", kondolierte auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf Twitter: "Mit ihm haben wir einen einzigartigen österreichischen Künstler verloren." Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler (Grüne) beschied ebenfalls in einem Tweet: "Mit Hermann Nitsch verliert die Kunstwelt, verliert Österreich einen der prägendsten Künstler:innen der letzten Jahrzehnte. Er hat mit enormer Willens- und Schaffenskraft sowie großartigem Eigensinn tief in die menschliche Existenz geschaut und Irritierendes und Verstörendes zutage gefördert und dabei doch fröhlich und sinnlich das Leben zelebriert."

Hermann Nitsch für Mayer "einzigartiger Künstler"

"Heute hat uns ein wahrhaft einzigartiger Künstler verlassen", formulierte es Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne). "Seine vielfältige Auseinandersetzung mit Kunst, Ästhetik, Religion und Philosophie hat Hermann Nitschs Werk förmlich durchzogen. Seine Großformate ziehen Menschen in ihren Bann wie es kaum andere Kunstwerke können. Mit den Orgien-Mysterien-Spielen hat Nitsch außerdem die Grenzen des Kunstschaffens neu definiert." Persönlich beeindruckt habe sie vor allem "seine Durchsetzungskraft und seine Standhaftigkeit trotz aller Kritik, die ihm vor allem zu Beginn entgegengeschlagen ist".

Schallenberg: Hermann Nitsch "faszinierte"

Als "Personifikation der österreichischen Aktionskunst" bezeichnete Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in einem Tweet den Toten. "Bis in die Gegenwart faszinierte er durch seinen innovativen Geist. Dass er sein 6-Tage-Spiel nicht mehr erleben kann, schmerzt sehr. Er wird in Erinnerung bleiben als einer der ganz großen österreichischen Künstler, der von Prinzendorf über Wien, Bayreuth, Paris und die USA die ganze Welt begeistert und verändert hat."

"Hermann Nitsch war ein Künstler von Weltrang"

Als erste Politikerin hatte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) reagiert. "Hermann Nitsch war ein Künstler von Weltrang und einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler überhaupt. Wir waren und sind unglaublich stolz, dass er eine so tiefe Verbindung zu Niederösterreich hatte und bei uns in Prinzendorf ein Zuhause gefunden hat. Denn Hermann Nitsch war nicht nur ein großartiger Botschafter unseres Landes in der ganzen Welt, sondern auch eine ganz große Persönlichkeit, die gerne in unserem Land gelebt und unserem Land viel gegeben hat", so Mikl-Leitner in einer Aussendung. "Es war mir eine große Freude und Ehre, Hermann Nitsch in vielen Gesprächen und Zusammentreffen begegnet zu sein. Er war eine schillernde, zuweilen auch polarisierende und umstrittene, aber immer spannende Künstlerpersönlichkeit von weltweiter Bedeutung." Mit dem Nitsch-Museum in Mistelbach habe das Land Niederösterreich "diesem großartigen Universalkünstler ein bleibendes Denkmal gesetzt. (...) Ich bin sicher, noch viele Generationen werden dieses Museum besuchen, um sich von seinen Werken inspirieren und begeistern zu lassen."

Freundschaft zwischen Hermann Nitsch und Erwin Pröll

Auch ihr Vorgänger Erwin Pröll zeigte sich betroffen. "Hermann Nitsch war als große Künstlerpersönlichkeit anerkannt und verankert in der internationalen Kunstwelt. Sein Name und Werk bleiben über seinen Tod hinaus ein Teil der Kunstgeschichte", reagierte der Aufsichtsratsvorsitzende der Kultur.Region.Niederösterreich. "Verwurzelt und verwachsen war Hermann Nitsch in Niederösterreich", betonte der Alt-Landeshauptmann. "Für meine politische Arbeit haben Nitsch und sein Werk viel an Diskussion und Kritik bedeutet, wenn ich etwa an das Werden des Nitsch-Museums in Mistelbach denke, für das viel Kraft und Überzeugungsarbeit notwendig war. Für mich persönlich war Nitsch ein beeindruckender Mensch und Freund."

Hermann Nitsch hatte Preis der Stadt Wien erhalten

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bedauert Hermann Nitschs Tod als "großen Verlust für die heimische und internationale Kunstszene". Nitsch war 1988 mit dem Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst und 2005 mit der Goldene Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien geehrt worden. "Durch Konsequenz und Hartnäckigkeit, aber auch durch die große Vielfalt seiner Kunst" habe er es geschafft, "zu einem der weltweit wichtigsten Künstler unserer Stadt und unseres Landes zu werden." - "Mit Hermann Nitsch verliert Österreich einen Meister des Gesamtkunstwerks von internationalem Format", reagierte Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ). "Wie kein anderer Künstler verstand er es, das Rituelle in den Dienst seines Schaffens zu stellen."

ÖVP-Kultursprecherin zu Hermann Nitsch

Für ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer war Hermann Nitsch "ein Künstler von internationalem Format - wegweisend, innovativ, tiefgründig, umstritten, weltoffen und gleichzeitig tief verwurzelt in seine österreichische Heimat". Die Kultursprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, würdigte Nitsch als "Gesamtkünstler zwischen Aktionismus, Ritus, Mysterium und Literatur". SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek nannte ihn einen "Tabubrecher" und einen "radikalen Avantgardisten": "Österreich verliert einen Ausnahmekünstler, der auch international zu den wichtigsten zeitgenössischen Künstler*innen gehört." - "Ich habe Nitsch durch seine Arbeiten immer als einen durch und durch mutigen Menschen wahrgenommen. Ein Künstler, der sich von nichts und niemandem abbringen ließ, mit seinen Arbeiten die Menschen emotional zu berühren und aufzuwühlen, zu begeistern und zu provozieren und damit zum Nachdenken anzuregen. Seine Arbeiten haben auch in mir viel Kontroverses ausgelöst", bekannte NEOS-Kultursprecherin Julia Seidl, die namens ihrer Partei kondolierte.

Einigkeit: Hermann Nitsch unter größten Künstlern unserer Zeit

Mit berührenden Würdigungen bedachten am Dienstag die Proponenten der Kulturszene Hermann Nitsch, nachdem bekannt geworden war, dass der Aktionskünstler, Maler und Komponist am gestrigen Ostermontag im Alter von 83 Jahren verstorben ist. Einig waren sich die Kondolierenden über die Einstufung Hermann Nitschs als einen der größten Künstler unserer Zeit.

Werke von Hermann Nitsch in Albertina

"Sein beispielloser Einfluss reicht weit über die Grenzen unseres Landes hinaus", beschied etwa Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder in einer Stellungnahme. In der Albertina befindet sich dank der Schenkung durch die Familie Essl die nach Eigenaussage weltweit bedeutendste und umfangreichste Sammlung von Nitsch-Werken. In diesem Zusammenhang verwies Schröder auf den langen Weg zur Akzeptanz des Nitsch'schen Œuvres: "Hermann Nitsch war jahrzehntelang vor allem ein Künstler für Künstler. Vom offiziellen Österreich viele zu lange geschmäht, hat er schließlich mit großer Befriedigung sein eigenes Museum in Niederösterreich erhalten." Nitsch habe das Ritual und den Mythos für die Kunst wieder zurückgewonnen und sei als auch äußerlich ikonische Figur nur mit der Bekanntheit von Andy Warhol und Joseph Beuys zu vergleichen. "Das lässt allzu leicht vergessen, dass wir mit Hermann Nitsch einen großartigen Menschen verlieren, dessen Charakterstärke, Weisheit und Humanismus ein Vorbild für Generationen sein kann: weit über die Kunst hinaus", so Schröder.

"Mit Hermann Nitsch verlässt eine Zentralfigur der Kunstwelt die Bühne. Sein Gesamtwerk sucht in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts seinesgleichen, er hat entscheidend zum Wandel unseres Kunstbegriffs beigetragen", unterstrich auch Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig. In der Sammlung ihres Hauses befinden sich neun zentrale Werke sowie fünf mit Günter Brus geschaffene Gemeinschaftsarbeiten. "Hermann Nitsch hat das österreichische Kunstgeschehen mit archaischer Mystik bereichert und den ritualisierten Exzess zur Kunst gemacht", würdigte Rollig den Verstorbenen.

mumok-Direktorin über Hermann Nitschs Tod

"Mit seinem Tod verlieren wir einen Universalisten der Künste, der dem Wesen des Seins durch Kunst nachspürte. Sein scharfsinniger Geist wird uns fehlen", konstatierte mumok-Direktorin Karola Kraus gemeinsam mit dem Team des Hauses, das sich selbst als internationales Kompetenzzentrum des Wiener Aktionismus und damit auch von Nitsch begreift. In Nitschs Arbeiten spiegelten sich die Konflikte seit den 1960er-Jahren wider: "Der geschichtsverdrängenden und von einem konservativen Katholizismus geprägten österreichischen Nachkriegsgesellschaft hielt die Kunst von Hermann Nitsch und seinen Mitstreitern des Wiener Aktionismus unverhohlen den Spiegel vor. Gegen die gesellschaftliche Flucht in die nationale Opferrolle und das künstlerische Behübschen mit einer verspäteten Modernerezeption setzte Nitsch in seiner Arbeit auf eine Unmittelbarkeit und sinnliche Intensität."

Günter Brus über Tod von Nitsch: "Ich bin ziemlich fertig"

"Ich bin ziemlich fertig, obwohl vorbereitet auf sein Hinsterben", sagte der jahrzehntelange Wegbegleiter und Freund Günter Brus über das Ableben von Hermann Nitsch am Ostermontag. Habe es früher Debatten um Nitsch gegeben, so sei er nun "weltweit als großer österreichischer Künstler anerkannt, da gibt es gar keine Diskussion", sagte Brus am Dienstag im Gespräch mit der APA.

Nitsch und Brus emigrierten in den 1960er/1970er Jahren aus Österreich

"Genau betrachtet war ja der Hermann derjenige, der von uns (den Wiener Aktionisten, Anm.) am längsten verfolgt worden ist, das war bei mir kürzer, aber auch heftiger", sagte der im 84. Lebensjahr stehende Aktionskünstler und Maler Brus. Beide Künstler emigrierten vor den Anfeindungen bzw. drohenden Haftstrafen in Österreich in den späten 1960ern bzw. frühen 1970ern aus Österreich - Nitsch nach Bayern, Brus nach Berlin. Er erinnerte u. a. daran, dass "bis vor einigen Jahren in einer gewissen Zeitung" nicht über Hermann Nitsch berichtet werden durfte - "und das bei einem Künstler, dessen Arbeit weltbekannt war".

Kontakt zu Nitsch sei laut Brus immer eng gewesen

Der Kontakt zu Nitsch sei immer eng gewesen, aber nicht mehr so heftig in den vergangenen Jahren, sagte Brus. "Der Tod ist ja eine Menschheitsfrage", räsonierte Brus anlässlich des Ablebens seines Freundes, "aber es muss eben sein. Es ist schwer mit Worten auszudrücken, was man fühlt, wenn jemand so gut und innig wie der Hermann war", so der in der Südsteiermark geborene Künstler, dem im Grazer Joanneumsviertel mit dem Bruseum ein eigenes Museum gewidmet ist.

Maler Brus über das Vermächtnis seines Freundes

Nitsch habe ja nicht nur das Museum in Mistelbach (NÖ) und seine Schaffenstätte in Prinzendorf, sondern auch eines in Neapel, das "Museo Hermann Nitsch", sagte Brus auf das Vermächtnis seines Freundes angesprochen. Zu den nun bekundeten Respektsbezeugungen bzw. späten Ehrungen durch höchste politische Kreise meinte er, das hätte durchaus früher erfolgen können. Sowohl Nitsch als auch Brus waren bereits auf der documenta in Kassel vertreten, als die Politik noch nicht bei ihnen anzustreifen wagte. "Leider berufen sich Gegner von Nitsch in der Bewertung seiner Arbeit noch heute auf Gerüchte", so Brus. "Blut ist ja verdächtig genug, und es darf ja nicht ekelhaft werden", bezog er sich auf das Orgien Mysterien Theater.

(APA/Red)

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