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Österreich feierte Ende des NS-Regimes und des Weltkrieges

Je länger man die Aufarbeitung nicht wahrnehme, umso mehr verblassten die Erinnerungen und würden schmerzhafte Teile weggelassen, stellte auch Vizekanzler Mitterlehner fest.
Je länger man die Aufarbeitung nicht wahrnehme, umso mehr verblassten die Erinnerungen und würden schmerzhafte Teile weggelassen, stellte auch Vizekanzler Mitterlehner fest. ©AP
Österreich hat am Freitag das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa und die Befreiung vom Nationalsozialismus vor 70 Jahren gefeiert. Auch andere europäische Länder gedachten am Freitag dem Ende des Zweiten Weltkrieges.
II. WK: Gedenktag im Bundeskanzleramt
II. WK: Europa feier 70 Jahre Kriegsende

Bei einem Festakt im Bundeskanzleramt kamen nicht nur Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), sondern auch der KZ-Überlebende Marko Feingold zu Wort. Am Abend wird noch zum “Fest der Freude” auf den Heldenplatz geladen.

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Am 8. Mai vor 70 Jahren habe der Zweite Weltkrieg mit der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Europa geendet, der 8. Mai sei zugleich ein Ende und ein Anfang, erklärte Faymann in seiner Ansprache. Es war das Ende von Verfolgung, Unterdrückung und Demütigung, und gleichzeitig konnte Österreich als Demokratische Republik wieder auferstehen. “Wir verneigen uns heute vor all jenen, die Österreich befreit haben” und vor allen Österreichern, die vom Nationalsozialismus verfolgt wurden, so der Bundeskanzler. Er räumte ein, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte in der Vergangenheit zum Teil nur zögerlich erfolgt sei. Für eine “umfassende Aufarbeitung” sei es aber “nie zu spät”, betonte Faymann.

KZ-Häftling berichtet über Erlebnisse

Je länger man die Aufarbeitung nicht wahrnehme, umso mehr verblassten die Erinnerungen und würden schmerzhafte Teile weggelassen, stellte auch Vizekanzler Mitterlehner fest. Die authentischen Informationen von Zeitzeugen seien daher wichtig. Marko Feingold überlebte mehrere Konzentrationslager und berichtete beim Festakt über seine Erlebnisse. Am 11. April 1945 wurde er von amerikanischen Truppen befreit: “Wir waren nicht mehr Nummern oder Juden, sondern wir waren wieder Menschen geworden.”

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“Wir feiern heute die Befreiung vom NS-Regime und damit das Ende einer Terrorherrschaft. Dabei ist es aber auch wichtig, nicht auf die Opfer zu vergessen, für die diese Befreiung zu spät gekommen ist”, erklärte Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) in einer Aussendung. Das Bundesheer hat am Freitag mit einer Mahnwache beim Äußeren Burgtor der Opfer gedacht. Ihre Mitschuld an der Judenverfolgung gestanden sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche ein.

“Fest der Freude” am Heldenplatz

Am Freitagabend findet am Heldenplatz noch das “Fest der Freude” statt. Neben der Regierungsspitze sprechen die Widerstandskämpferin Helga Emperger und Bundespräsident Heinz Fischer. Der ORF überträgt die Veranstaltung erstmals live (auf ORF III). Die ÖH rief in einer Aussendung zur Teilnahme an dem Fest auf und forderte, dass der 8. Mai ein gesetzlicher Feiertag wird.

Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) begrüßte, dass nun das “Fest der Freude” gefeiert wird und nicht mehr Burschenschafter am Heldenplatz die Niederlage der Nationalsozialisten bedauern. Gleichzeitig trat IKG-Präsident Oskar Deutsch in einer Aussendung für eine Neuausrichtung der Gedenkkultur ein.

“Mahnmal gegen Fremdenhass”

Die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig rief zum 70. Jahrestag der Kapitulation des NS-Regimes dazu auf, die Werte der Freiheit und der Demokratie mit allen Mitteln zu verteidigen. NEOS-Obmann Matthias Strolz meinte, der 8. Mai, der den Opfern des zweiten Weltkrieges und des NS-Regimes gewidmet sei, “soll für uns alle ein Mahnmal gegen Fremdenhass, Verhetzung und Extremismus sein”. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos zeigte sich empört darüber, dass FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache dem heutigen Staatsakt anlässlich des 70. Jahrestages des Kriegsendes ferngeblieben sei.

Für Empörung sorgte am Freitag auch ein Hackerangriff auf die Website der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Die Seite wurde in Folge deaktiviert, die Ermittlungen laufen. In der Gedenkstätte Mauthausen finden am Sonntag die traditionellen Befreiungsfeiern statt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach von einem “kranken, kriminellen Angriff”.

Deutschland gedenkt mir Feierstunde

Auch deutsche Bundestag hat am Freitag mit einer Feierstunde des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa gedacht. Parlamentspräsident Norbert Lammert würdigte die Soldaten der westlichen Alliierten und der Roten Armee.

Der 8. Mai sei für den ganzen Kontinent ein Tag der Befreiung gewesen, sagte Lammert. “Er war aber kein Tag der deutschen Selbstbefreiung”, fügte er hinzu. Die gescheiterten Versuche mutiger Deutscher im Widerstand dürften nicht vergessen werden. Doch Gedanken und Respekt gelten laut Lammert vor allem denen, “die unter unvorstellbaren Verlusten die nationalsozialistische Terrorherrschaft beendet haben”.

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Lammert sagte: “Wir gedenken heute der Millionen Opfer eines beispiellosen Vernichtungsfeldzugs gegen andere Nationen und Völker, gegen Slawen, gegen die europäischen Juden.” Er würdigte die Bereitschaft der Nachbarn Deutschlands zur Versöhnung als historisch beispiellos. “Diese Bereitschaft unserer Nachbarn zur Versöhnung ist historisch ebenso beispiellos wie die Katastrophe, die ihr vorausgegangen war”, sagte Lammert. Der Fall der Deutschen habe politisch, ökonomisch und moralisch nicht tiefer sein können. Umso erstaunlicher sei es, “dass unser Land trotz der Schuld aufgefangen wurde”.

Mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht war der Zweiten Weltkrieg am 8. Mai 1945 in Europa zu Ende gegangen. In Asien dauerte er noch bis zur japanischen Kapitulation am 2. September 1945.

Tschechien gedenkt Befreiung von den Deutschen

Mit Salutschüssen und einer Schweigeminute ist in Tschechien des Kriegsende vor 70 Jahren gedacht worden. Präsident Milos Zeman und andere hochrangige Politiker legten am Freitag am Grabmal des unbekannten Soldaten in Prag Kränze nieder und hielten still inne. Soldaten feuerten Ehrensalven für die Gefallenen ab.Eine Kampfjet-Staffel überflog das Mahnmal im Tiefflug, während Hubschrauber die Nationalfarben Rot, Weiß und Blau an den Himmel malten.

Auch in anderen tschechischen Städten wurde mit historischen Nachstellungen und Gedenkveranstaltungen der Befreiung von der nationalsozialistischen Unterdrückung gedacht. Der “Tag des Sieges” ist in Tschechien ein gesetzlicher Feiertag.

Zeman reist als einer der wenigen westlichen Politikern zum Tag des Sieges über Hitlerdeutschland am 9. Mai nach Moskau. Ursprünglich hatte Zeman auch der Militärparade auf dem Roten Platz beiwohnen wollen, rückte nach massivem öffentlichen Druck davon aber ab. Der tschechische Präsident trifft nach Angaben seines Sprechers am 9. Mai mit Russlands Präsident Wladimir Putin zusammen.

Frankreich gedachte der Ereignisse vor 70 Jahren

Frankreich hat am Freitag in Paris feierlich des Endes des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren gedacht. Präsident François Hollande legte zunächst Blumen am Fuß der Statue von General Charles de Gaulle nieder, der die französischen Truppen gegen die Wehrmacht angeführt hatte.

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Neben Ministerpräsident Manuel Valls und den Präsidenten von Senat und Nationalversammlung nahmen auch Mitglieder von de Gaulles Familie teil. Anschließend fuhr Hollande im Auto, flankiert von Soldaten der Nationalgarde zu Pferde, die Prachtstraße Champs Elysée hinauf.

Während die französische Nationalhymne, die Marseillaise, erklang, nahm der Staatschef im Beisein von Valls und Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian am Arc de Triomphe eine Truppenparade ab. Anschließend legte er einen Kranz aus blauen, weißen und roten Blumen am Grabmal des unbekannten Soldaten nieder, das die französischen Opfer der beiden Weltkriege ehrt, und entfachte die ewige Flamme neu. In Anwesenheit einiger Veteranen des Widerstands gegen die Nationalsozialisten wurde das Lied der Partisanen angestimmt.

In seiner Ansprache im Élyséepalast erinnerte Hollande an die französische Widerstandsbewegung: “Der Sieg am 8. Mai war kein Sieg einer Nation über eine andere. Es war der Sieg eines Ideals über eine totalitäre Ideologie.” Auch heute müsse Intoleranz bekämpft werden, fügte Hollande hinzu. “Die Geschichte ist nicht Nostalgie, sie ist eine Lehre für die Zukunft.”

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Unter den Staatsgästen war insbesondere US-Außenminister John Kerry, der zusammen mit seinem französischen Kollegen Laurent Fabius einen Kranz zu Ehren der Gefallenen niederlegte. Kerry gilt als besonders frankophil. Seine Mutter wurde zu Beginn der 1920er Jahren als Tochter amerikanischer Eltern in Frankreich geboren und diente 1940 als Krankenschwester in Paris.

Putin gratulierte Ex-Sowjetrepubliken

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Staatschefs der Ex-Sowjetrepubliken zum 70. Jahrestag des Sieges über den Faschismus gratuliert. Dabei beglückwünschte Putin auch ausdrücklich die Bürger der mit Russland zerstrittenen Ukraine und der Südkaukasusrepublik Georgien, wie der Kreml in Moskau am Freitag mitteilte.

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Die Ukraine und Georgien streben einen NATO-Beitritt an, wodurch sich das Verhältnis zu Russland verschlechtert hat. “Der Große Sieg ist das unschätzbare Gemeingut unserer Völker, die Seite an Seite gegen den grausamen Feind gekämpft und die Welt vor dem Nazismus bewahrt haben”, schrieb Putin demnach in den Telegrammen. Heute sei es die gemeinsame Aufgabe, das “heilige Andenken” an die Helden von damals zu bewahren, für die Veteranen zu sorgen und eine Wiederholung der tragischen Ereignisse nicht zuzulassen.

Russland feiert den Tag des Sieges an diesem Samstag mit der größten Militärparade in der Geschichte des Landes. In der Ukraine und in Westeuropa wurde bereits am Freitag das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa durch die Kapitulation Hitlerdeutschlands vor 70 Jahren begangen.

Gedenkfeiern auf der Westerplatte

Der polnische Präsident Bronislaw Komorowski hat auf einer Gedenkfeier zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren an das Schicksal der Staaten Ostmitteleuropas nach 1945 erinnert. “Nicht allen hat das Ende des Krieges die Freiheit gegeben”, sagte er in der Nacht auf Freitag auf der Westerplatte bei Danzig (Gdansk).

An dem Ort, an dem die ersten Schüsse des Zweiten Weltkriegs fielen, ging es nicht nur darum, aller Opfer des Krieges zu gedenken und alle zu ehren, die gegen das Nazi-Regime kämpften, sondern auch der Verletzung von Souveränität und Selbstbestimmung nach 1945 zu gedenken.

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Vor Staatschefs aus Ostmittel- und Südosteuropa sowie dem Baltikum betonte Komorowski, der schrecklichste Konflikt des 20. Jahrhunderts habe mit der Partnerschaft zweier Diktaturen begonnen – des nationalsozialistischen Deutschlands und der stalinistischen Sowjetunion.

Komorowski würdigte die europäische Einigung und Versöhnung einstiger Gegner als Lehre aus der Tragödie des Krieges und dem Leid, das er über alle Völker Europas brachte. Gleichzeitig sprach er vom Freiheitswunsch der Menschen auf der “falschen Seite des Eisernen Vorhangs”, wo unter sowjetischer Vorherrschaft die Rechte von Bürgern und Nationen verletzt worden seien. Wenn 70 Jahre nach dem Ende des Krieges aller seiner Opfer gedacht werde, müsse auch daran erinnert werden, dass nationale Souveränität auch heute noch verletzt werde, sagte er mit Blick auf den Konflikt in der Ukraine.

An der Gedenkfeier nahmen auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon und EU-Ratspräsident Donald Tusk teil. Poroschenko hatte zuvor bei einer Diskussionsveranstaltung in Danzig den Willen der Ukraine nach stärkerer europäischer Integration bekräftigt. Er nannte die EU “das einzige Gegenmittel dafür, dass sich eine Tragödie wie der Zweite Weltkrieg nicht wiederholt.”

Sofia streitet über Ehrung

Bulgarien hat zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa die Kriegsopfer und die Siegermächte gewürdigt. Die russlandfreundlichen Sozialisten lehnten aber die am Freitag vom Parlament in Sofia verabschiedete Erklärung zum Kriegsende ab.

Darin wird auf die historische Bedeutung der “Kapitulation von Nazi-Deutschland am 9. Mai 1945” sowie der Deklaration von Robert Schuman vom 9. Mai 1950 zum Vereinigten Europa verwiesen. Zudem rief das Parlament dazu auf, von Handlungen abzusehen, die zu “neuen Teilungslinien in Europa” führen könnten.

Die oppositionellen Sozialisten schlossen sich der Erklärung nicht an: Ihre Fraktion hatte vergeblich gefordert, darin das Fernbleiben von Staatschef Rossen Plewneliew von den Feiern zum Kriegsende in Moskau am 9. Mai zu verurteilen. Die Sozialisten hatten ebenso ergebnislos darauf bestanden, dass der antifaschistische Widerstand in Bulgarien und in anderen Staaten Europas gewürdigt werde. Das Dokument wurde mit 141 gegen 4 Stimmen verabschiedet.

Das damalige Königreich Bulgarien war im Zweiten Weltkrieg mit Nazi-Deutschland verbündet. Nach der kommunistischen Machtübernahme in Sofia im September 1944 zog die bulgarische Armee gegen Deutschland ins Feld.

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