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Österreich ein Jahr lang Krisenmanager in Europa - Kurz wird OSZE-Chef

Außenminister Sebastian Kurz, EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn und der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak am Dienstag, 13. Dezember 2016, anlässlich des EU-Außenministerrates in Brüssel.
Außenminister Sebastian Kurz, EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn und der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak am Dienstag, 13. Dezember 2016, anlässlich des EU-Außenministerrates in Brüssel. ©APA
Ein Jahr lang im Dienst für Sicherheit, Demokratie und Menschenrechte zwischen Kanada und der Mongolei: Am Sonntag übernimmt Österreich den Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die durch den Ukraine-Konflikt wieder große politische Relevanz bekommen hat.

Der neue OSZE-Vorsitzende, Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), möchte dabei auf Russland zugehen.

Konflikte in Russland und am Balkan

Russland habe zwar mehrere “rote Linien überschritten”, doch könne es in Europa keinen Frieden ohne Moskau geben, argumentiert Kurz. Es wird erwartet, dass er schon bald nach Vorsitzbeginn Russland und die Ukraine besuchen wird, um nach Lösungen für den Konflikt zu suchen. Nach dem pro-europäischen Umbruch in Kiew hat Moskau die Halbinsel Krim im Handstreich besetzt und annektiert. Im Osten des Landes übernahmen pro-russische Separatisten mit tatkräftiger Unterstützung des Nachbarlandes die Kontrolle.

Eine 1000 Mann starke OSZE-Militärbeobachtungsmission bemüht sich im Donbass-Becken um eine Waffenruhe. Allerdings haben die Feindseligkeiten im Herbst wieder zugenommen. Jederzeit aufbrechen könnten auch andere nur scheinbar “eingefrorene Konflikte”, um deren Beilegung die OSZE sich bemüht.

»Austria≫OSCEChair17 on Twitter On 1 January 2017 Austria will take over @OSCE Chairmanship for one year. Looking forward to keeping you updated on #osce17AUT Stay tuned!«

So gab es heuer bei Kämpfen zwischen Aserbaidschan und Armenien um die Enklave Berg-Karabach dutzende Tote, und auch auf dem Balkan hat sich die Lage durch die immer forscher vorgetragenen bosnisch-serbischen Sezessionsbestrebungen alles andere als entspannt. Auch zwei Jahrzehnte nach dem Ende der Bürgerkriege in Ex-Jugoslawien.

“Mit Damage Control (Schadensbegrenzung) ist schon viel erreicht”, brachte ein OSZE-Diplomat im APA-Gespräch die Erwartungen an das Vorsitzland auf den Punkt. “Es wäre bereits ein Erfolg, wenn weiter alle an einem Tisch bleiben.” Eine zusätzliche Unwägbarkeit bildet der außenpolitische Kurs der künftigen US-Regierung unter Präsident Donald Trump, der zuletzt ein atomares “Wettrüsten” in den Raum gestellt hatte.

Treffen der Außenminister

Anfang Dezember absolvierte Kurz beim OSZE-Ministerrat in Hamburg einen Marathon an bilateralen Treffen und kam mit einem Drittel der 50 angereisten Außenminister zusammen, darunter John Kerry (USA), Sergej Lawrow (Russland) und Pawlo Klimkin (Ukraine).

Das Jahrestreffen legte aber wieder einmal die großen politischen Differenzen zwischen dem Westen und Russland offen. Der scheidende OSZE-Vorsitzende, Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier, wünschte seinem Nachfolger vor allem “gut Glück” und “gute Nerven”, und fügte hinzu: “Den rauen Wind, der uns im letzten Jahr ins Gesicht geweht ist, den werdet ihr auch spüren.”

Ansässig in Wien, betreibt die OSZE insgesamt 17 Missionen auf dem Balkan, am Kaukasus und in Zentralasien. Ein Ritual ist die wöchentliche Sitzung der Botschafter der 57 OSZE-Staaten in der Hofburg. Außenminister Kurz will bei der Sitzung am 12. Jänner die Prioritäten des österreichischen Vorsitzes präsentieren. Neben der Stärkung des Vertrauens zwischen den OSZE-Staaten und Bemühungen zur Konfliktlösung gehört auch der Kampf gegen die Radikalisierung dazu. Hier hat Kurz nämlich die Hoffnung, dass der Westen und Russland eher an einem Strang ziehen als bei anderen Fragen.

Wichtige Entscheidungen werden getroffen

Der Vorsitz ist vor allem eine große logistische Herausforderung, sind doch 100 Politikbereiche – vom Kampf gegen den Frauenhandel bis zur Wahlbeobachtung – abzudecken. Kommendes Jahr sind auch einige heikle Personalentscheidungen zu treffen. So braucht die OSZE einen neuen Generalsekretär, da die zweite und letzte Amtszeit des Italieners Lamberto Zannier im Juni ausläuft.

“Österreich übernimmt den Vorsitz zu einem Zeitpunkt, zu dem der Aufgabenbereich wirklich sehr kompliziert ist”, sagte Zannier im APA-Gespräch. Doch sei die OSZE auch besonders gut geeignet, als Brückenbauer zu agieren, gerade wegen des in der Organisation geltenden Konsensprinzips.

Höhepunkt des Vorsitzjahres wird der Ministerrat im Dezember sein, zu dem die Außenminister aller 57 OSZE-Staaten geladen sind. Der österreichische Vorsitz erwägt auch ein informelles OSZE-Ministertreffen im September, um den Ministerrat vorzubereiten. Einer entsprechenden Einladung Steinmeiers nach Potsdam waren heuer etwa 40 Minister gefolgt.

Österreich: Kurz folgt Ferrero-Waldner

Österreich ist nach Deutschland und der Schweiz erst das dritte Land, das zum zweiten Mal die OSZE-Präsidentschaft inne hat. Der erste Vorsitz fiel ins “Sanktionsjahr” 2000. Die von den EU-Partnern geschnittene Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) machte damals aus der Not eine Tugend und widmete sich umso aktiver den Krisenherden im OSZE-Raum, etwa Tschetschenien.

(APA)

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